TOSCA

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Staatsoper
3. Dezember 2019

Dirigent: Marco Armiliato

Floria Tosca - Evgenia Muraveva
Mario Cavaradossi - Joseph Calleja
Scarpia - Bryn Terfel
Cesare Angelotti - Ryan Speedo Green
Der Mesner - Alexandru Moisiuc
Spoletta - Wolfram Igro Derntl
Sciarrone - Igor Onishchenko
Schließer - Ayk Martirossian
Ein Hirt - Ein
Kind der Opernschule der Wiener Staatsoper


„Durchwachsene Tosca“

(Dominik Troger)

Wenn Bryn Terfel und Joseph Calleja auf dem Besetzungszettel stehen, klingt das auf den ersten Blick vielversprechend. Dazu gesellte sich mit Evgenia Muraveva eine für Wien neue Tosca als große „Unbekannte“. Das Ergebnis war aber keine Sternstunde.

Bryn Terfel hat zum ersten Mal vor fünf Jahren mit seinem Scarpia das Publikum der Wiener Staatsoper „dämonisiert“, 2016 gab es ein „Revival“. Bei der dritten „Auflage“ waren die Scharten, die die lange Karriere des Sängers in seinem Bassbariton hinterlassen hat, leider nicht mehr zu überhören. Die Stimme hat zudem an Kraft eingebüßt, was vor allem im ersten Akt Terfels eindrücklichem Rollenporträt an Substanz gekostet hat.

Im zweiten Akt ließ einen dann wie erwartet Terfels Spielfreude beherzt um Tosca bangen. Dieser Scarpia nützte jede Gelegenheit, um seine Macht auszuspielen. Er stieg Tosca einmal sogar auf die Schleppe; er stieß, sich von hinten anpirschend, den Stuhl, auf dem sie saß, mit seinem Fuß, so als wollte er sie „herauskippen“ und sich an der seelischen und körperlichen Bedrohung weiden, die er ihr angedeihen ließ. Er schien sie mit seinen Händen zu umgarnen, ihr ins Haar zu fassen, erzeugte eine hautnah wirkende physische Präsenz von filmischer Intensität.

Evgenia Muraveva, der von Auftritten bei den Salzburger Festspielen in den letzten Jahren ein guter Ruf vorauseilte, konnte darstellerisch nicht dagegenhalten. Außerdem klang ihr lyrischer Sopran überstrapaziert, oft unstet, und verstärkte den Eindruck, dass an diesem Abend Tosca in sprichwörtlichem Sinne das Kostüm um mindestens eine Nummer zu groß war.

Joseph Calleja, der als Cavaradossi antrat, scheint es in letzter Zeit an stimmlicher Beständigkeit zu fehlen – und was er an diesem Abend an misslungenen Spitzentönen „produzierte“, hat diesen Verdacht erhärtet. Das zweite „Vittoria“ zum Beispiel wurde von ihm auf Biegen und Brechen durchgezogen, aber seine Stimmbänder haben es zum Glück ausgehalten. Das rasche Vibrato, das in den Anfangsjahren Calleja viele Opernliebhaber nur schwer verziehen haben, lauerte auch im Hintergrund, um dann und wann plötzlich wieder aufzuflackern.

Dabei hat Calleja die Partie gut durchgestaltet, ohne allzu „manieristisch" zu werden (auffallend etwa ein als Stilmittel eingesetztes Piano im Ausklingen des „Recondita armonia“ sowie in der Sternenarie, das vom Orchester allerdings teilweise überdeckt worden ist). Schließlich verfügt sein Tenor nach wie vor über eine angenehme, raumfüllende Mittellage, die in den letzten Jahren noch an Glanz gewonnen hat und die durchaus begeisternd zu Puccini‘schem Schmelz „aufzufirnen“ vermag: weit ausschwingende Phrasen, in denen sich leidenschaftlich tenorales Gold verbreitet und etwa die „Küsse" des „E lucevan le stelle" wie fruchtige Trauben zum Pflücken feilbietet. Diese Momente trösteten einen über die genannten Nachteile hinweg.

Marco Armiliato stand am Pult, das gab dieser Vorstellung eine bewährte Grundlage; die übrige Besetzung war zumindest engagiert bei der Sache. Rund fünf Minuten langer Schlussapplaus beendete die Vorstellung.