TOSCA

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Staatsoper
31. Jänner 2015

Dirigent: Marco Armiliato

Floria Tosca - Martina Serafin
Mario Cavaradossi - Aleksandrs Antonenko
Scarpia - Ambrogio Maestri
Cesare Angelotti - Ryan Speedo Green
Der Mesner - Wolfgang Bankl
Spoletta - James Kryshak
Sciarrone - Yevheniy Kapitula
Schließer - Il Hong
Ein Hirt - Mattheus Sinko
(Kind der Opernschule der Wiener Staatsoper)


„Tosca, 576. Aufführung in dieser Inszenierung“

(Dominik Troger)

Wollte man diese „Tosca“ an der Intensität des Weihraucheinsatzes im ersten Akt messen, dann wars eine vorzügliche Aufführung. Aber trotz der angeblich bewusstseinserweiternden Wirkung dieses kostbaren Harzes bot der Abend zu wenig an „großem Gefühlskino".

Aber man könnte die Aufführung unter das Motto stellen: „Ein kleiner Sprung für einen Mesner und ein großer Sprung für Tosca“, weil Wolfgang Bankl in der Rolle des Kirchendieners im ersten Akt gar so behende* und mutig über die zwei Stufen vom Hauptschiff Richtung Staffelei und Kapelle gesprungen ist. Bankls Mesner ist eben noch agiler und jünger an Jahren, als jener von Alfred Sramek, der am 1. Februar sein 40-jähriges Staatsopern-Jubiläum feiert, an selbstironischer Darstellungsgabe reicht er aber noch nicht an diesen heran.

Dort bei der Staffelei wartete ein Cavaradossi, der weniger als sensibler italienischer Madonnenmaler überzeugte, sondern mehr als Bildhauer heroischer Figuren gewirkt haben könnte: in der Liebe etwas schwerfällig, mit der Stimme mehr den Meißel schwingend als den feinhaarigen Pinsel. Mit seinem metallisch hinterlegten „Vittoria“ hätte Aleksandrs Antonenko festen Granit bearbeiten können, und auch sonst setzte der Sänger vor allem auf kräftige, beeindruckende Spitzentöne. Den beiden tenoralen Gustostückerln war auf diese Weise aber nur bedingt beizukommen und sie lösten auch keine Jubelstürme an Szenenapplaus im Publikum aus.

Martina Serafin hat mit einer intensiven Darstellung der Titelpartie dem Abend ihren Stempel aufgedrückt. Ihre Tosca hat Allüren (aber nicht zu viel davon), die ein etwas fragiles und verletzliches Seelenleben verbergen. Ihr langes inneres Ringen bevor sie zum Messer greift, bot Momente spannender Emotionalität, die Verzweiflung, mit der sie den toten Leib des Liebsten bedeckte, vermochte zu erschüttern, der elegante Mantelwurf vor dem Absprung war ein gelungener Abschluss. Stimmlich wird mir von diesem Abend ein stark gefühltes „Vissi d’arte“ in Erinnerung bleiben. Aber Serafins Timbre klang (für mich) schon immer etwas herb, besaß bereits in der Vergangenheit die Tendenz, in forcierteren Passagen etwas hart und kantig auszuformen – eine Tendenz, die sich an diesem Abend vibratoangereichert zu deutlich in den Vordergrund gedrängt hat.

Von Ambrogio Maestri hätte ich mir bei seinem Wiener Rollendebüt als Scarpia eine intensivere Rollengestaltung erwartet – aber vielleicht meinte der Sänger, dass man den Scarpia nicht überzeichnen soll. Maestri ließ seine mächtige Stimme einige Male effektvoll erschallen (etwa wie geboten im Te Deum), die meiste Zeit wirkte er aber mehr vordergründig gemütlich als hintergründig gefährlich, sogar am Beginn des Verhörs von Cavaradossi schien er noch den „good cop" spielen zu wollen. Deshalb fehlte Tosca an diesem Abend das sadistische Gegenüber, an dem sich ihre Sängerinnenseele so richtig hätte abquälen können.

Ryan Speedo Green sang einen raubeinigen Angelotti, Scarpias Mannen und die weiteren Mitwirkenden blieben unauffällig. Dirigent Marco Armiliato hätte in Anbetracht der Protagonisten die Spannung etwas stärker zuspitzen sollen, es gab vor allem im ersten Akt einen Hang zur epischen Breite, der den Fortgang der Handlung nicht gerade beflügelte.

Der Schlussapplaus dauerte rund fünf Minuten lang.

* Alte Rechtschreibung!