TOSCA

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Staatsoper
8. September 2014

Dirigent: Paolo Carignani

Floria Tosca - Adrianne Pieczonka
Mario Cavaradossi - Marcello Giordani
Scarpia - George Gagnidze
Cesare Angelotti - Ryan Speedo Green
Der Mesner - Alfred Sramek
Spoletta - Benedikt Kobel
Sciarrone - Hans Peter Kammerer
Schließer - Alexandru Moisiuc
Ein Hirt - Jan Sebastian Höhener
(Kind der Opernschule der Wiener Staatsoper)


„Kleines Jubiläum“

(Dominik Troger)

Die altehrwürdigen „Tosca“-Inszenierung der Wiener Staatsopern beging an diesem Abend mit ihrer laut Programmzettel 575. Aufführung ein kleines Jubiläum. Die Besetzung wurde diesem Anlass aber nur bedingt gerecht.

Das Orchester unter Paolo Carignani startete in den Abend mit knatterndem Blech und blieb die ganze Aufführung über veristischer Sachlichkeit verpflichtet. Auf diese Weise wurde Puccinis Opernreißer recht gut „auf den Punkt“ gebracht. Marcello Giordani sorgte als Cavaradossi für kräftige, strahlende Spitzentöne und beeindruckende „Vittoria“-Rufe – aber das wars dann schon. Denn wie bei den „Tosca“-Vorstellungen im vergangenen Juni diente das „Recondita armonia“ mehr zum „Einsingen“, und sein deutliches Bemühen um stilsicheren Ausdruck wurde durch eine unausgewogene und unelastische, manchmal sogar leicht heiser klingende Mittellage immer wieder zu Nichte gemacht.

Der Scarpia von Georg Gagnizde war als Persönlichkeit schwer zu fassen, seltsam indifferent, mit einem schwammigen Zug in Gesang und Spiel. Dieser Scarpia könnte ein Mann sein, der sich auf gutes Essen versteht und mit untersetzter, fleischiger Körperlichkeit seinen Genüssen frönt. Der brutale Zug dieses Charakters wird dadurch untergraben und rutscht ins „Gewöhnliche“ ab. Sein Bariton ließ wenig fokussierte Durchschlagskraft hören und eine gut artikulierte psychologische Ausdifferenzierung der Rolle war Gagnizdes Sache weder in musikalischer noch in darstellerischer Hinsicht. Auf diese Weise folgte Gagnizde ökonomisch dem Weg, den Puccini dieser Partie so glänzend vorgegeben hat, ohne selbst viel an interpretatorischen Mitteln einzubringen.

Adrianne Pieczonka hat sich jetzt an zwei Abenden in Wien als Tosca vorgestellt und war das große Plus dieser Vorstellungen. Sie spielte die Figur nicht als überspannte „Diva“, sie zeigte keine hysterisch-sensible Tosca, die Scarpia im Affekt ersticht, sondern eine liebende Frau, die sich im Netz von Eifersucht und Politik verfängt. Das „Vissi d’arte, vissi d‘amore“, das Pieczonka auf den Boden gesunken mit inniger Hingabe zur Geltung brachte, verlieh dieser Tosca Mut – sie ertastete das Messer nicht „zufällig“ auf dem kleinen Esstischchen, sondern wählte es mit Bedacht, betrachtete es immer wieder. Pieczonka stach dreimal zu, rammte Scarpia das Messer kontrolliert und fast mit einem Anflug von Männlichkeit zwischen die Rippen. Ihre Tosca führte die Stahlklinge aber nur mit der Hand, nicht mit der Stimme – einerseits ein Vorteil, weil derart eine gewisse Gemütstiefe im Ausdruck gewahrt blieb, die sonst leicht verloren geht, andererseits war das Vibrato in den dramatischeren Passagen nicht zu überhören. Das betörende „Fließenlassen“ der Stimme wie am Beginn des Gebets, das wäre eigentlich der Maßstab, der mir bei dieser Sängerin gefallen würde.

Mit Ryan Speedo Green hat die Staatsoper ein neues Ensemblemitglied. Sein Angelotti profitierte von einem rauchigen Bassbariton, der der Figur einen interessanten Charakter verlieh und ihn über eine „Nebenrolle“ hinaushob. Es wird spannend sein, die weitere Entwicklung des Sängers zu verfolgen. Alfred Sramek stattete den Mesner wieder mit seinem unverwüstlichen Humor aus, die Bühnen-„Haudegen“ Benedikt Kobel (Spoletta), Hans Peter Kammerer (Sciarrone) komplettierten das Gefolge Scarpias.Der Applaus verebbte – nach einigem Jubel vor allem für Adrianne Pieczonka – allerdings rasch.

Außerdem gibt es noch eine Neuerung zu vermelden: In eigenen kleinen Schaukästen werden jetzt dem Publikum die Pausenzeiten angeschlagen.