TOSCA

Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Puccini-Portal

Staatsoper
27. Juni 2014

Dirigent: Philippe Auguin

Floria Tosca - Barbara Haveman
Mario Cavaradossi - Marcello Giordani
Scarpia - Thomas Hampson
Cesare Angelotti - Marcus Pelz
Der Mesner - Paolo Rumetz
Spoletta - James Kryshak
Sciarrone - Mihail Dogotari
Schließer - Walter Fink
Ein Hirt - Kind der Opernschule


„Ein Aristokrat auf Abwegen“

(Dominik Troger)

Thomas Hampson hat seinen ersten Staatsopern-Scarpia gesungen. In zwei „Tosca“-Vorstellungen knapp vor Saisonschluss begab sich der gefeierte Bariton auf ein Terrain, das ihm vielleicht doch nicht so liegt wie vielleicht vermutet werden könnte.

Dabei geht es weniger um die Tagesverfassung, als um eine grundsätzliche Erwartungshaltung, die der Rolle entgegengebracht wird. Ein Sänger mit einem eher hellen, eleganten Bariton wird sich nicht von Haus aus darauf verlassen können, dass seine Stimme jene „dämonische“ Bösartigkeit evoziert, die das Publikum möglicherweise mit der Rolle verbindet. Und so deckten Thomas Hampsons stattliche Erscheinung und sein gepflegter Bühnenaristokratismus nur einen Teil von Scarpias Persönlichkeit ab.

Stimmlich schien er zudem nicht seinen besten Tag zu haben, oft nippte er an einem Glas Wasser, das auf dem mit Obst bestückten Esstischen abgestellt war, von dem Tosca später in höchster Verzweiflung das tödliche Messer nehmen wird. Hampsons Bariton klang rauer und trockener als gewohnt, mit wenig ausgeprägter Tiefe. Der Sänger schien im ersten Aufzug auch etwas mit dem getragenen Tempo zu hadern, das Phillipe Auguin im Orchestergraben anschlug, und das sich nicht immer um das Bühnengeschehen kümmerte.

Marcello Giordanis Cavaradossi glänzte bei den Spitzentönen und mit lang gehaltenen „Vittoria"-Rufen, aber sonst blieb die tenorale Prachtentfaltung limitiert. Das immer schon leicht raue und etwas fahle Timbre in der Mittellage hat sich in den letzten Jahren offenbar verstärkt. Sein erkennbares Bemühen um gesangliche Differenzierung konnte in der Ausführung wenig überzeugen, so auch bei der „Sternenarie“, für die das Publikum aber mit kurzem Szenenapplaus und wenigen Bravorufen dankte. Giordani spielte Cavaradossi realitätsnah und nachvollziehbar als Liebenden, aber auch als politisch interessierten Menschen – sein Engagement für Angelotti, die Abneigung von Scarpia waren deutlich spürbar.

Barbara Havemann ist eine jener Sängerinnen, die in einem breiten Repertoire meist auf einem guten Niveau agieren. Puccini scheint ihr dabei besser zu liegen als Verdi, weil hier die Emotion den Feinschliff in veristischer Weise übertrumpfen darf. Havemann vermochte der Tosca in Gesang und Spiel einiges an Sensibilität und Charakter abzugewinnen, und die Spitzentöne zeigten Durchschlagskraft, meist ohne dabei in jene Schärfe umzuschlagen, die Zuhörer schon als „störend“ empfinden würden. Das Finale wurde von ihr allerdings weniger effektvoll präsentiert als erhofft.

Mit Scarpia trat in dieser Serie mit Paolo Rumetz auch ein neuer Mesner an und machte seine Sache gut. Walter Fink subsumierte seine Bühnenerfahrung in den Schließer und hat sich an diesem Abend den „Oscar“ für die beste Nebenrolle gesichert. Marcus Pelz war ein engagierter Angelotti und James Kryshak ein passender Spoletta. Phillipe Auguin am Pult „zelebrierte“ diese „Tosca“ wie schon weiter oben angemerkt. Vor dem zweiten Aufzug gab es ein paar Buhrufe gegen den Dirigenten. Aber auf so manches klangschöne Schmankerl aus dem Orchestergraben wie die stimmungsmalerischen ersten Minuten des dritten Aktes hätte man nicht verzichten wollen.

Hampson kam erst beim Schlussvorhang „solo“ auf die Bühne und konnte sich über Bravorufe freuen. Der Applaus dauerte aber nur knapp fünf Minuten lang.