TOSCA

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Staatsoper
29.3.2010

Dirigent: Andris Nelsons

Floria Tosca, berühmte Sängerin - Martina Serafin
Mario Cavaradossi, Maler -
Alfred Kim
Scarpia, Polizeichef von Rom - Lucio Gallo
Cesare Angelotti - Dragoljub Bajic
Der Mesner - Alfred Sramek
Spoletta, Polizeispitzel - Wolfram Igor Derntl
Sciarrone - Zoltán Nagy
Schließer - Alexandru Moisiuc


„Schön musiziert, wenig Spannung“

(Dominik Troger)

Rollendebüts für Tosca und Cavaradossi: Ein guter Grund den Montagabend in der Staatsoper zu verbringen? Der Publikumsandrang war enorm – stärker als beim Villazón-Neustart genau eine Woche zuvor.

Es ist Osterwoche, Wien ist voller Touristen, und es spielt „Tosca“. Rolando Villazón vermochte das Haus nicht so randvoll zu füllen wie Puccini. Richtige Stimmung kam trotzdem nicht auf, Szenenapplaus gab es nur nach dem „Vissi d’arte“, der Schlussapplaus dauerte etwa fünf Minuten, es gab Bravorufe, aber nicht sehr üppig.

Bekanntmaßen hängt die Applausintensität einerseits stark mit der Präsenz des Stammpublikums zusammen, andererseits gab es an diesem Abend genug Gründe, ein wenig zurückhaltend zu bleiben: Der Gesamteindruck war einfach zu gegensätzlich.

Andris Nelsons sorgte am Pult für eine fast symphonisch zu nennende Orchesterbegleitung, wunderschön gespielt, detailverliebt, ein leicht samtenes Klangbild beschwörend – wann wurde die „Tosca“ in Wien zuletzt so erlesen musiziert? Die Zuspitzung der Handlung blieb dagegen stark unterbelichtet, kaum vorwärtsdrängende Spannung und triebhaft-aufwühlende Gefühle. Vielleicht hat Nelsons der plakativen Emotionalität misstraut? Seine Interpretation wirkte eigenwillig, etwas schwerfällig, ohne natürliche Leidenschaft - und sie schien auch ein wenig an den Sängern vorbeigezielt.

Mag sein, dass vor allem Lucio Gallo darunter litt, der an diesem Abend kaum zu überzeugen vermochte. Sein Scarpia hatte im Spiel etwas geckenhaftes, bewegte sich manchmal am Rande einer Karikatur. Er versuchte mit lautem Gesang fehlende Bühnenpräsenz auszugleichen und wirkte insgesamt deplatziert.

Debütant Alfred Kim setzte drei Akte lang auf „kräftiges Singen“. Die wirkungsvollen Höhen kamen heldisch und wurden von ihm noch outrierend herausgestrichen. Dass sich oft ein störendes, kurzwelliges Vibrato hören ließ, stimmte weniger optimistisch. Die in der Mittellage etwas angerauhte Stimme machte insgesamt keinen sehr kultivierten Eindruck, Piano wurde vermieden, besondere Bemühungen zur Ausgestaltung und Nuancierung wurden nicht gesetzt. Auch darstellerisch blieb sein Maler ohne Farbenpalette.

Martina Serafin gab ihr Debüt als Tosca. Im ersten Akt wirkten Gesang und Spiel noch ein wenig unsicher und beengt, ab dem zweiten verkörperte sie die Figur mit zunehmender Überzeugungskraft. Im dritten Akt hatte sie dann zu „ihrer“ Tosca gefunden. Serafin sang eine glaubwürdige Tosca, spielte ausdrucksvoll und kam mit den Anforderungen der Partie prinzipiell gut zurecht. Sie musste auch bei den Spitzentönen nicht klein beigeben. Dass die Stimme unter Druck eine Tendez hat, hart und kantig zu klingen, mag den Blick in ihre Tosca-Zukunft vielleicht etwas trüben.

Alfred Sramek belebte den ersten Akt wieder mit seinem Mesner-Portrait.Dragoljub Bajic, Rollendebütant, stellte sich dem Publikum als solider Angelotti vor. Die übrigen Mitwirkenden erfüllten die (meist nicht sehr hohen) Erwartungen ans Tosca-Personal. Der Hirt (Kind der Opernschule) war diesmal kaum hörbar, aber dafür hörte man die Orchesterbegleitung um so besser.

Diese Vorstellung war die 533. in dieser Inszenierung, die längst zum kulturellen Erbe der Wiener Staatsoper gehört. Es freut, dass ihr Bestand auch unter der neuen Direktion für die nächsten Jahre gesichert scheint.