DEIANIRA, IOLE ED ERCOLE

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Theater an der Wien
14. November 2021
Konzertante Aufführung

Dirigent: Baptiste Lopez

Kammerorchester Basel

Deianira - Sonia Prina
Iole - Nuria Rial
Ercole - Federico Benetti



Barockrarität

(Dominik Troger)

„Deianira, Iole ed Ercole“ – eine Serenata von Antonio Porpora ermöglichte dem Publikum im Theater an der Wien einen konzertanten Ausflug ins Jahr 1711. Das Werk wurde für eine Hochzeit in Auftrag gegeben und warnt davor, sich der „Tyrannei“ des Liebesgottes Amor auszuliefern.

Aus heutiger Sicht würde es befremdlich erscheinen, wenn man eine Hochzeitsfeier mit dem schrecklichen Ende des Herkules „illuminiert“, der sich auf einem Scheiterhaufen verbrennt. Herkules fällt bekanntlich der Rache des Nessus zum Opfer und Deianira ist dabei unwissentliche Handlangerin (auch wenn sie an der Treue des Herkules zweifelt). Bei Porpora und seinem Librettisten Nicola Giuvo hat Deianira allerdings ganz berechtigten Zweifel an der Treue des Ercole, der sich ihr gegenüber mit seiner Liebe zu Iole brüstet und sie verhöhnt. Die Serenata dauerte in der Aufführung des Theaters an der Wien eineinhalb Stunden. Sie besteht aus zwei Teilen, wobei erst mit dem Auftritt des Ercole im ersten Teil das Geschehen an Fahrt aufnimmt.

Porpora, der damals am Beginn seiner Karriere stand, hat das Libretto mit viel Sinn für Details komponiert. Wenn zum Beispiel Ercole befindet, Deianiras Beschimpfungen seien Wonne für Ohren, die an das Geheul von Monstern gewöhnt sind, dann klingt das „all’ulular de‘ mostri“ wie eine lachende Verhöhnung – und Ercole legt dann noch eine Bravourarie nach. Ercole kommt nicht gut weg, aber auch Deianira und Iole wirken in ihren menschlichen Gefühlsregungen ein wenig überzeichnet. Aus heutiger Sicht wäre es nicht schwer, parodistische Züge zu entdecken, die Porpora aber etwa in der großflächigen, mollgetönten Klage der Deianira im Finale oder mit ihrem grandios instrumentierten „Scuote la chiama d’oro“ am Beginn des zweiten Teils schnell vergessen macht. Wie in dieser Arie Solovioline und Cello begleitend „konzertieren“, erfreut das Herz. Die Aufführung hielt für das Publikum also einige Gustostückerl bereit.

Sonia Prina als Deianira konnte mit ihrer Altstimme in den beiden genannten Arien dann auch ihre ganze Erfahrung ausspielen, wobei ihrem Temperament der Ercole eigentlich näher liegen müsste als seine verlassene Geliebte. Aber den Ercole hat ein Bass zu singen. Diesen steuerte Federico Benetti mit angenehmem Tonfall bei, in der Grundhaltung vielleicht eine Spur zu lyrisch. Als Iole war Nuria Rial angetreten, mit einem leichten, hellen Sopran, der wendig durch die Arien manövrierte. (Ursprünglich waren die beiden Frauenrollen mit Kastraten besetzt.)

Es spielte das Kammerorchester Basel unter der Leitung von Baptiste Lopez, der als erster Violinist auch den Abend leitete. Die Aufführung gewann erst im Laufe des ersten Teils dieses Quäntchen an Spannung, um sich ausgehend von einem seriösen gemeinsamen Musizieren dem bühnendramatischen Effekt anzunähern. Das Publikum bedankte sich mit starkem Applaus, aber das Theater an der Wien war nur zu etwa zwei Drittel gefüllt. (Bei konzertanten Aufführungen unbekannterer Werke war das aber auch in Vor-COVID-Zeiten öfter mal der Fall).