LA GRANDE-DUCHESSE DE GEROLSTEIN
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Theater an der Wien
Konzertante Aufführung

8.1.2010

Musikalische Leitung: Hervé Niquet

Kammerorchester Basel
Ensemble des Opernchores des Theater Basel

General Boum / Sprecher - Christoph Homberger
Großherzogin - Anne Sofie von Otter
Wanda - Agata Wilewska
Fritz - Norman Reinhardt
Puck - Karl-Heinz Brandt
Paul - Rolf Romei


„Eine Großherzogin auf Besuch“
(Dominik Troger)

Das Theater an der Wien lud die Großherzogin von Gerolstein zu einem amourösen halbkonzertanten Stelldichein mit dem Wiener Publikum. Sie reiste extra vom Theater Basel an mit allerhand Kostümen im Gepäck und sogar einem ganzen Orchester.

In Basel hatte man Jacques Offenbachs Opéra-Bouffe der Regie Christoph Marthaler überlassen, dem, wie man in Berichten lesen konnte, mit Fortschreiten der Handlung Offenbach zunehmend abhanden gekommen war. Eine kleine Irritation durfte man auch hier in Wien noch mit Schmunzeln registrieren – die ersten Takte waren Richard Wagners „Tannhäuser“ gewidmet – erst auf Grund von „Beschwerden“ des Chores, wurde die Offenbach’sche Ouvertüre angestimmt.

Der Dirigent im Offiziersoutfit, Hervé Niquet, machte sich aber recht gut, Militär- und Kapellmeisterattitüden gleichermaßen durch den Kakao zu ziehen. Allerdings wurde eine gekürzte Fassung geboten, ein Erzähler (General Boum) sprach verbindende Worte, vor allem die Akte II und III war gestrafft.

Die Aufführung wurde durch Kostüme und rampennahes Spiel belebt, rechts vom Auditorium aus gesehen hatte man sogar ein großherzogliches Sofa platziert und ein Tischchen mit Getränken. So lässt sich Operette auch konzertant sinnvoll und witzig umsetzen. Nach der Pause hielten aber doch Notenständer Einzug – und das hatte, wie schon angedeutet, mit der Baseler Bühnenproduktion zu tun, wo nach der Pause der Offenbach offenbar ziemlich ausgedünnt worden war. Das Orchester war wieder auf der Bühne hinter den Sängerinnen und Sängern versammelt.

Während die aufgelockerte Darbietung durchaus beispielhaft genannt werden darf, geriet die musikalische Seite weniger überzeugend. Natürlich könnte man sich auf den Standpunkt stellen, dass hier das sympathische Bekenntnis zum Humor mehr zählt, als der rein musikalische Genuss, aber für eine süffige, champagnerdurchperlte Offenbachberauschung war das Gebotene dann doch ein wenig karg. Da hätte schon das durchaus mit Esprit spielende Kammerorchester Basel einen üppigeren Klang verströmen müssen (aber Wiener Ohren sind natürlich verwöhnt). Auch das Ensemble hatte viel Spiellaune, aber ohne sängerisch besonders zu glänzen. Es diente mehr als Staffage für Anne Sophie von Otter, dem aus künstlerischer Sicht einzig plausiblen Grund für dieses Gastspiel.

Die Mezzosopranistin hat schon vor einigen Jahren ihren Spass an Offenbach entdeckt – und dieser Spass an der Sache war an diesem Abend sehr deutlich spürbar. Sie gestaltete die Partie mit doppelbödiger Frivolität, mit Schwung und Raffinement. Doch was ihr an Ausdruck gelang, wurde vom Timbre ihrer Stimme für meinen Geschmack auf zu deutliche Weise kontrastiert. Es unterfütterte die Offenbach’sche Vollblutmusik kaum mit füllig-kecker Sinnlichkeit, sondern wurde von einem eher mageren, trockenen Pathos beherrscht. Die im Ausdruck und Spiel gesuchte und gefundene operettenhafte Lebensfreude wurde dadurch gleichsam auf Diät gesetzt.

Agata Wilewska (Wanda) scheint eine nicht sehr große, aber quirlige Stimme zu besitzen, und sie kann bei szenischen Aufführungen durch Spielwitz und Charme möglicherweise mehr punkten als an einem konzertanten Abend. Norman Reinhardt lieh dem Fritz einen etwas schmalen Tenor, dem mehr Schmelz und Sinnlichkeit ganz gut angestanden wären. Christoph Homberger führte als Sprecher kompetent und launig durch den Abend – sein Tenor konnte mit dem Sprecher nicht ganz mithalten. Rolf Romei (Paul) und Karl-Heinz Brandt (Puck) ergänzten das Ensemble.

Dem starken Schlussapplaus nach zu schließen war der größte Teil des Publikums mit der Aufführung sehr zufrieden.