DIE LUSTIGEN WEIBER VON
WINDSOR
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Volksoper Dirigent: Sascha Goetzel |
Sir John Falstaff -
Franz Hawlata |
Die Volksoper hat für lediglich vier Vorstellungen Otto Nicolais „Die lustigen Weiber von Windsor“ wieder auf den Spielplan gesetzt – und fast wäre die Aufführung an der Herausforderung gescheitert, kurzfristig einen Sänger für die Partie des Herrn Reich zu finden. Ein Herr im schwarzen Anzug, der vor der Aufführung die Bühne betritt und ein paar Worte an das Publikum richtet, verheißt meist nichts Gutes: in diesem Fall waren Martin Winkler und Stefan Cerny erkrankt – und die Partie des Herrn Reich vakant. Zum Glück hat die Volksoper Abhilfe in ihren eigenen Reihen gefunden, denn Nicolais musikalisches Juwel ist derzeit ziemlich aus der Mode gekommen und wird kaum gespielt. Steffen Rössler sprang in die Bresche. Er hat, wie mitgeteilt wurde, die Partie zuletzt vor vielen Jahren – ebenfalls an der Volksoper – gesungen. Rössler startete gut gerüstet zu seinem Abenteuer, zuerst mit einem Spickzettel in der Hand, der dann aber bald verschwand und später in einer geklebten Variante auf dem Wohnzimmertisch der Familie Reich wieder auftauchte. Diese Details zu verfolgen war für die Zuschauer sehr amüsant. Rössler ließ sich von diesen Ausgangsbedingungen nicht irritieren, blieb locker, stellte mit etwas trockenem Humor die Figur komödiantisch auf die Bühne – und verabschiedete sich beim Schlussvorhang mit einem dankbaren Händedruck bei seinem Einflüsterer im Souffleurkasten. Mit Jennifer O’Loughlin steht der Volksoper eine Sängerin zur Verfügung, die bei der Frau Fluth alle ihre Vorzüge ausspielen kann. Ihre Stimme hat sich seit ihrer Gilda vor zwei Jahren noch leicht gefestigt, so war mein Eindruck. Sie ruht auf sicherem Fundament – bis zu den Spitzentönen hinauf. Die Koloraturen werden deutlich und schön ausgeführt. Ihre Frau Fluth ist zudem listig, humorvoll und versteht sich auf jenen verführerischen Augenaufschlag, dem weder Sir John noch ihr eifersüchtiger Gemahl widerstehen können. Auch Alexandra Klooses spielfreudige und mit tiefensicherem Mezzo ausgestattete Frau Reich war bereits von der Premiere bekannt. Die Ballade vom Jäger Herne wurde an diesem Abend nicht gegeben. Als Sir John kehrte Franz Hawlata an die Volksoper zurück. Er hat die Partie schon Mitte der 90er-Jahre am Haus gesungen. Hawlatas Falstaff ist nicht so sehr der gemütliche, liederliche Lebemann, der sich überall anbiedert und den dumme Selbstüberschätzung zu Fall bringt, sondern zeigte die schärferen Konturen eines berechnenden Egoisten, dessen männliche Selbstverliebtheit die Willfährigkeit jedes weiblichen Wesens voraussetzt. Sein wortdeutlicher Bass klang eher hell und nicht so weich, wodurch von vornherein mehr der „Kopf“ als der „Bauch“ betont wurde. Aber das „Büblein an der Mutterbrust“ fand die tiefen Töne, die es finden sollte und trank die Bürger von Windsor (hier rätselhafter Weise als Zwerge (!) kostümiert) siegesbewusst unter den Tisch. Sein Gegenspieler, Herr Fluth, durch die Regie stark überzeichnet, wurde von Morten Frank Larsen mit passender „Selbstironie“ gegeben (und war dadurch glaubwürdiger als in der Premiere). Die Szene, in der Herrn Bach alias Herr Fluth bei Falstaff vorstellig wird, um diesen für ein Liebeswerben bei Frau Fluth zu gewinnen, wurde von Hawlata und Larsen köstlich gespielt und gesungen. Als Fenton (in dieser Inszenierung als Kampflieger (!) mit rotem Weltkriegs-Dreidecker ausgestattet) legte David Sitka eine Talentprobe ab. Sitka feiert am 2. Jänner mit dieser Vorstellungsserie Hausdebüt an der Volksoper. Er kommt frisch von der Dresdner Musikhochschule, sein Tenor klingt noch etwas schmal und jung. Aus der Romanze „Horch, die Lerche singt im Hain“ und der nachfolgenden Liebesszene konnte er für meinen Geschmack nicht wirklich emotionales Kapital schlagen. Beate Ritter gab ihr Rollendebüt als Anna Reich. Ihr Sopran ließ ein mädchenhaftes, manchmal fast knabenhaft klingendes Timbre hören, zart und doch tragend, sicher im Ausdruck und in der Gestaltung der Arie im dritten Akt. Doch das Duettino mit Fenton nahm von beiden Seiten nicht so richtig an Fahrt auf und erklang eher verhalten. Dr. Cajus, Michael Havlicek, und Junker Spärlich, Karl-Michael Ebner, rundeten den Abend humorvoll ab. Dirigent Sascha Goetzel hat schon die Premiere geleitet. Die „Frische“ von Nicolais Musik kam an diesem Abend wieder recht gut heraus. Das Publikum applaudierte dankbar, es gab öfters Szenenapplaus. Ausverkauft war die Volksoper freilich nicht, einige Logen und eine ganze Reihe an Plätzen auf Balkon und Galerie waren leer geblieben. Gespielt werden die „Lustigen Weiber“ noch am 7. und 9. Jänner, laut Programmvorschau in teilweise anderer Besetzung. Die Oper mag in manchen Passagen auf ein heutiges Publikum „naiv“ wirken, entschädigt dafür aber mit vielen schönen Melodien und einigen Szenen, die nach wie vor bühnenwirksam und unterhaltsam sind. Details zur Inszenierung findet man hier: Die lustigen Weiber von Windsor 18. 12. 2010 |