DIE ZAUBERFLÖTE
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Wiener Volksoper
Premiere
17.12.2005


Dirigent: Leopold Hager

Inszenierung: Helmuth Lohner
Bühne: Johan Engels
Kostüme: Marie-Jeanne Lecca
Lichtdesign: Friedrich Rom
Chorleitung: Thomas Böttcher

Sarastro - Kaiser Nkosi
Tamino - Matthias Klink
Die Königin der Nacht - Miriam Ryen
Pamina, ihre Tochter - Jessica Muirhead
Erste, zweite dritte Dame der Königin - Edith Lienbacher,
Adrineh Simonian, Elisabeth Kulman

Papageno - Paul Armin Edelmann
Papagena - Daniela Fally
Monostatos - Karl-Michael Ebner
1. Geharnischter - Eugene Amesmann

2. Geharnischter - Sorin Coliban
Sprecher - Lars Woldt
Zweiter Priester -
Christian Drescher

 

Hübsch bebildertes Weder-Noch
(Dominik Troger)

Zwischen 19. Jahrhundert und märchenhaftem Nirgendwo: die neue „Zauberflöte“ an der Volksoper ist ein hübsch bebildertes „Weder-Noch“. Dermaßen zwischen die Demarkationslinien heutiger Regietrends plaziert, kann man gegen diese Inszenierung „Alles“ oder „Nichts“ einwenden. Das Premierenpublikum entschied sich für „Nichts“ und spendete am Schluss viel Beifall.

Trotzdem darf angemerkt werden, dass diese Neuproduktion in der derzeitigen Verfassung keine besondere Empfehlung verdient (auch wenn deren konturlose Zweckmäßigkeit fürs Repertoire nicht geleugnet werden kann). Denn eine enttäuschende Personenregie vermochte den teils sehr jungen SängerInnen ebensowenig auf die Sprünge zu helfen wie eine inkonsistente Orchesterleistung.

Außerdem schien es Helmuth Lohner darauf angelegt zu haben, in Papageno einen „ernsthaften Menschen“ zu entdecken. (Eine Idee, die von so langweiliger Seriosität war wie Papagenos dunkelgrüne Anzugkrawatte.) Dadurch wurde das naiv-parodistische der Papageno-Figur, die zur „ernsthaften“ Sarastro- und Tamino-Welt in belebendem, wenn nicht sogar „erläuterndem“ Gegensatz steht, stark abgeschwächt. Es bedurfte einer spielfreudigen Papagena von Daniela Fally, um den zurückhaltend agierenden Papageno (Paul Armin Edelmann) „aufzuheitern“. Mit mehr Spielwitz von Seiten des „Vogelfängers“ würde der Abend schon viel an Farbe gewonnen haben.

Zumindest ungewohnte Farbe brachte der dunkle Hautteint von Sarastro, Kaiser Nkosi, ins Spiel. Er stand für die multikulturelle Seite dieser Zauberflöte, die sich am Schluss in einer angedeuteten Vielnationalität von Sarastros Gefolge kund tat. Nkosi trug den Sarastro schon mit Würde zur Schau, aber sie hätte ruhig profunder sein können. Dass sich Monostatos (Karl-Michael Ebner) in diesem Zusammenhang als „geschminkter Mohr“ entpuppte, ist zwar konsequent, aber ihn als „Weißen“ zu entlarven, das war kein neuer Gedanke.

In der Gestaltung der Kostüme wird das 19. Jahrhundert stark präferiert, obwohl man den ganzen Abend nicht herausbekommt warum. Während die Welt der Königin der Nacht mit „phantasyhaften" Gewändern ausgestattet ist (mit Ausnahme des ersten Auftritts der drei Damen, einem „Cut and Paste“ aus der „Forsyte-Saga“), sind die drei Knaben kleine „Oliver-Twists“ und die Priester tragen dazu die passenden Anzüge. Die Sternwarte am Beginn des zweiten Aktes hätte Vater und Sohn Herschel bei der Durchmusterung des Sternenhimmels beste Dienst geleistet. Dieses Bühnenbild – mit einem durchs Rohr spähenden Sarastro – erzielte eine gute Wirkung. (Die Bühnenbilder waren stimmungsvoll und für mich oft das Beste an diesem Abend. Sie boten überraschende Perspektiven – etwa die beiden Geharnischten oben an der Tempelwand, die beeindruckende Schlange am Beginn oder das Auftauchen der drei Knaben, schattenhaft vor gebirgsfelsigem Hintergrund. Dafür schmerzte die Belanglosigkeit der Feuer- und Wasserprobe, bei der sich Pamina und Tamino ihr weißes Adepten-Gewand ansengen.) Zu einer Gesamtaussage gerundet hat sich das Ganze nicht.

Der erste Auftritt der Königin der Nacht als altes, verschleiertes, stockgestütztes Weiblein ist von der Wirkung ziemlich ungewohnt. Zum Glück enthüllt sie, sobald sie ihren Gram geäußert hat, mit Hilfe der drei Damen ihr wahres „Dekolleté“. Die Verkleidung sollte offenbar den vorgetäuschten Mutterschmerz visualisieren: es ist nichts als Falschheit, mit der sie Tamino umgarnt. Im zweiten Akt wird sie ihre Tochter züchtigend an den Haaren reißen, Pamina als Mittel zum Zwecke der Machterlangung. Die scharfe Zeichnung der Königin der Nacht zählte zu den interessanteren interpretatorischen Ansätzen an diesem Abend. Gesanglich wurde das von Miriam Ryen nur bedingt vermittelt. Auch ihre „Tochter“ Pamina (die Kanadierin Jessica Muirhead) steht wohl erst am Beginn ihrer Karriere. So richtig zum Aufblühen kam ihre Stimme nicht. Matthias Klink ist als Tamino solide und volksopernerprobt, er war eher ein Pluspunkt an diesem Abend. Die drei Damen brauchten keinen Vergleich mit den HauptdarstellerInnen zu scheuen und die drei Knaben schlugen sich tapfer. Der Chor hinterließ einen guten Eindruck.

Unbefriedigend war, was aus dem Orchestergraben drang: ein wenig differenziertes Klangbild, teilweise langsame und uneinheitliche Tempi, kaum Impulsivität im Vortrag. An der Volksoper hat man in den letzten Jahren schon viel akzentuiertere und belebtere Mozartaufführungen hören können.

Das Premierenpublikum sparte nicht mit Applaus.