DIE ZAUBERFLÖTE
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Staatsoper
10. September 2022
Premiere

Dirigentin: Bertrand de Billy

 

 

Sarastro - Günther Groissböck
Königin der Nacht - Kathryn Lewek
Tamino - Hiroshi Amako
Pamina - Golda Schultz
Papageno - Peter Kellner
Papagena - Miriam Kutrowatz
Der Sprecher - Clemens Unterreiner

Monostatos - Robert Bartneck
Erste Dame - Anna Bonarenko
Zweite Dame - Stephanie Houtzeel
Dritte Dame - Monica Bohinec
Erster Priester - Lukas Schmidt
Zweiter Priester - David Sitka
Erster Geharnischter - Jörg Schneider
Zweiter Geharnischter - Dan Paul Dumitrescu
Wiener Sängerknaben


Zauberflöte am Samstagabend
(Dominik Troger)

„La Bohéme“, „Carmen“, „Die Zauberflöte“ – nachdem die Wiederaufnahme von „La Juive“  abgesagt wurde, bietet die Staatsoper im September ein „Best of Opera“ mit Anna Netrebko, Elīna Garanča und Piotr Beczała als aufmerksamkeitsheischende Kristallisationspunkte. Der aktuellen „Zauberflöten“-Serie würden solche auch ganz gut getan haben.

Die Premiere dieser Produktion in der Regie von Moshe Leiser und Patrice Caurier ist neun Jahre her. Am Samstagabend wurde laut Programmzettel die 39. Aufführung in dieser Inszenierung gespielt. Es ist eine zwiespältige Inszenierung, die mit der Welt des Sarastro wenig anzufangen weiß und sich – wie viele andere neuere Inszenierungen auch – auf den Charme des Naturburschen Papageno verlässt. Wenn Papageno und Papagena schlussendlich himmelwärts Richtung Schnürboden schweben, dann ist die Sache fürs Publikum gewonnen. Die Weisheitsgelehrten mit ihren Hüten und Klamotten, die aus amerikanischen Gangsterfilmen aus der Mitte des vorigen Jahrhunderts stammen könnten, sind dann auch egal.

Vielleicht handelt es sich um ein Syndikat, dessen Erkennungszeichen eine leuchtende, weiße Pyramide ist. Nur was Tamino und Pamina bei diesen Herrschaften lernen sollen?Wahrscheinlich will man das gar nicht so genau wissen. Die Diskrepanz zwischen Märchenelementen, Slapstickeinlagen (das vom Publikum wieder mit viel Lachen und Beifall quittierte Tänzchen der Polizisten) und die ins Ironische abdriftende Sarastro-Clique finden den ganzen Abend nicht zusammen. Vor allem aber Sarastro selbst ist der leidtragende dieses „Konzepts“, weil man nicht recht weiß, was er jetzt darstellen soll. Er wirkt kühl, etwas glatt, er wird seitens der Regie nicht zum Sympathieträger erklärt: Einerseits wird Sarastros Vernunftgründen mit einigen Zweifeln begegnet – andererseits, wenn die Königin der Nacht so hysterisch mit ihrem Kind umspringt wie gezeigt, dann hat Sarastro ein wahrhaft fürsorgliches Werk getan.

Günther Groissböck hat mit seinem leicht gerauten Bass die balsamische Priesterwürde des Sarastro nicht bekräftigt. Er stützte mehr den Eindruck, einen Staatslenker, Politiker, Feldherrn vor sich zu haben, der seine Ideale mit Nachdruck vertritt, erinnerte mehr an einen Isis und Osiris huldigenden König Heinrich, mehr an einen Machtmenschen als an einen väterlichen Vertrauten einer in diesem „Setting“ wohl doch eher aus politischen oder „kartellrechtlichen“ Gründen geraubten Königstochter. Golda Schultz hat als Pamina mit ihrem in der Mittellage leicht cremigen Sopran viel Herzwärme dagegengesetzt: eine Pamina mit Spielfreude und Seele, die beim Publikum sehr gut ankam, deren lyrischer, Mozarts Finessen nicht immer mit der erhofften Leichtigkeit folgender Sopran in kleineren Häusern womöglich besser zur Geltung kommt.

Ihr geliebter Tamino wurde einspringender Weise aus dem Ensemble besetzt. Hiroshi Amako hat die Partie von Pavel Petrov übernommen, der laut Staatsopernhomepage aber für die Vorstellung am 13. September angesetzt ist. Amako hatte es schwer, sich neben der gefühlvollen Pamina und dem stimmkräftigen Papageno von Peter Kellner in Szene zu setzen. Ein bisschen mehr Schmelz und Charme und ein kleineres Haus würden Tamino  dabei geholfen haben. Peter Kellner gab einen Papageno mit viel Potenzial. Sein mehr aus grobem Holz geschnitzter Vogelfänger war ein selbstbewusster Naturbursche, ein fideler, manchmal polternder Kerl, ein „Revoluzzer“ beinahe, der mit dem schöngeistigen „Vernunftgründeln“ der Weisen nichts anzufangen wusste. Dermaßen strotzte sein Rollenporträt voller Energie, allerdings ein wenig auf Kosten seiner Liebenswürdigkeit – und Miriam Kutrowatz war Papageno eine gewitzte, spielfreudige Papagena.

Clemens Unterreiner kümmerte sich als Sprecher mit der leicht ironischen Nonchalance eines Pastors um diesen „Wilden“ und machte aus der Partie eine zusätzliche Hauptrolle, was dem Abend sehr gut tat.  Robert Bartnek war ein passender Monostatos: zwar weißgesichtig, aber schwarzgewandet und manchmal schwarzbemasket. Pluspunkte gibt es weiters für die beiden Geharnischten (Jörg Schneider, Dan Paul Dumitrescu), die drei Knaben von den Wiener Sängerknaben und den weihevoll vorgetragenen Priesterchor. Den 1. Priester steuerte Lukas Schmidt bei.

Eher auf der Minusseite verbuche ich die drei Damen (wenn sich wenigstens alle drei an Monika Bohinec ausgerichtet hätten), aber Anna Bondarenko (Erste Dame) sollte noch an ihrem Deutsch feilen und Stephanie Houtzeel (Zweite Dame) war für Szilvia Vörös eingesprungen.  Kathryn Lewek sang eine forcierte, zur Hysterikerin umgemodelte Königin der Nacht mit unausgewogenem Sopran und Intonationsproblemen. Nach den vielen guten Kritiken, die man im Web über die Sängerin nachlesen kann (die Königin der Nacht soll ihre Paraderolle sein), haderte sie vielleicht mit einer schlechten Tagesverfassung. Das Publikum spendete ihr viel Beifall. Bertrand de Billy am Pult verlieh dem Abend vor allem Erfahrung und Pragmatik – und das Orchester hielt sich daran, ohne die Vorstellung zu einem „Gustostückerl“ aufzuwerten. Am Schluss folgte der für solche Aufführungen inzwischen „obligate“ Fünf-Minuten-Schlussapplaus.

Vor der Pause gab es einen medizinischen Notfall im Parterre. Eine Person musste mit der Bahre hinausgetragen werden. Möge der Anlass gesundheitlich nicht so gravierend gewesen sein wie es aus der Ferne den Anschein hatte.