LA CLEMENZA DI TITO
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Staatsoper
7. April 2016


Dirigent: Adam Fischer


Tito - Benjamin Bruns
Vitellia - Caroline Wenborne
Servilia - Hila Fahima
Sesto -
Margarita Gritskova
Annio - Miriam Albano
Publio - Manuel Walser
Stumme Rolle der Berenice: Mosquera Bonilla Maria del Pilar


Ausdrucksschwacher Mozart

(Dominik Troger)

Die Staatsopern-Produktion von „La clemenza di Tito“ zählt nicht gerade zu den Aushängeschildern des Repertoires. Insofern überrascht es beinahe, dass sie an diesem Abend laut Programmzettel schon zum 16. Mal gegeben wurde.

Vier Jahre sind seit der Premiere dieses „Tito“ verflossen. Jürgen Flimm hat damals aus Mozarts Festoper ein Endzeitspiel gemacht und die Milde des römischen Kaisers einer Psychoanalyse unterworfen. Tito wurde als borderlinerartiger Aggressivling gezeigt, dessen im Finale geübte Milde mehr Fragen als Antworten offen ließ.

Von dieser Interpretation war schon in den Vorstellungen nach der Premierenserie wenig zu spüren. Inzwischen versteht wohl kaum mehr ein Besucher, warum sich in diesem schäbigen „Bühnenrom“ alkoholverliebte, langbeinige Models tummeln und Titus offenbar sehr genusssüchtig veranlagt ist. Es haben in Folge auch die Sänger des „Tito“ wenig dazu getan, einen aus instabiler Psyche geborenen Wankelmut in der Figur zu entdecken. Sie gaben sich alle zurückhaltend, einem tugendhaften Zweifeln unterworfen. Und je tugendhafter sie waren, umso unverständlicher wurde einem die Szene und die beständige stumme Anwesenheit Berenices, der Braut, der Tito eigentlich längst entsagt haben müsste. Diese Diskrepanz färbte auch an diesem Abend stark auf den Gesamteindruck ab und lähmte die bühnendramatische Entwicklung.

Auch Benjamin Bruns blieb den „Borderliner“ schuldig. Sein Tito war mehr ein Verwandter Don Ottavios. Mit seinem schlanken, gut das Haus füllenden und schon ein wenig ins metallische spielenden Tenor, gab er sich ganz der Tugend hin, und erst die Konfrontation mit Sesto im zweiten Akt schien seine Emotionen zu wecken. Ein realitätsferner Philosoph auf dem Kaiserthrohn? Vielleicht. Aber im Rahmen dieser Produktion war eine solche Sichtweise nicht dazu angetan, den Abend spannender zu machen.

Mehr Lebendigkeit verströmte der Sesto von Margarita Gritskova, die den überzeugendsten musikalisch-darstellerischen Gesamteindruck hinterließ. Ihre Stimme hat sich in der Mittellage weiter gerundet, der Klang hat eine schöne dunkle Nuance gewonnen. Die Stimme folgte kantabel Mozarts Spuren, differenziert im Ausdruck. Aber vor allem im ersten Aufzug legte sie manchmal zu viel Druck in die Stimme, und in der Höhe und bei Spitzentönen klang ihr Mezzo dann härter und verlor an Charisma.

Gritskova hat vor zwei Jahren noch den Annio in dieser Produktion gesungen. Ob der neue Staatsopern-Annio, Miriam Albano, in zwei Jahren den Sesto singen wird? Gemessen an Gritskova war das eher kein Zukunftsversprechen in Richtung eines „saftigen“ Mezzos. Das Spektrum des Timbres klang mir etwas begrenzt, mit einer härteren „Kante“ versehen, die öfters zu deutlich durchschlug. Den jugendlichen Liebhaber fand ich dadurch weniger repräsentiert. In ihrer Bühnenerscheinung blieb Albano zurückhaltend. Aber die Sängerin ist noch sehr jung.

Die jungen Staatsopern-Soprane werden immer zarter, könnte man meinen. Hila Fahima bezirzte mit ein paar zwitschernden, klaren Koloraturen. Gegenüber der Mozart’schen Ausdruckstiefe und Dramatik wirkte sie in Stimme, Ausdruck und Spiel zu leichtgewichtig.

Bleibt noch Caroline Wenborne zu nennen, die für Veronique Gens in dieser Aufführungsserie die Vitellia übernommen hat. Darstellerisch robust und mit Durchsetzungskraft versehen blieb ihre Vitellia im Ausdruck flach und ungefährlich. Wobei sie die Tücken der Partie durchaus meisterte, wenn auch nicht immer ganz klangschön und homogen in der Ausfertigung. Manuel Walser gab die Rolle des Publio mit warm timbriertem Bariton, im Spiel aber – im Gegensatz zur Intention der Inszenierung –- auch eher blass bleibend.

Das Orchester unter Adam Fischer machte weder durch besonders deutliche Akzentuierung noch betont leichtfüßigen Mozart’schen Esprit von sich Reden, was letztlich einen ziemlich einförmigen, in der emotionalen Färbung eher düsteren Gesamteindruck hinterließ.

Stammpublikum war rar, der Applaus trotzdem relativ stark, aber nicht sehr lange anhaltend.