IL SOGNO DI SCIPIONE
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Musikverein
6.6.2010

Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Nikolaus Harnoncourt


Concentus Musicus Wien

Mitglieder des Arnold Schönberg Chores

Fortuna - Bernarda Bobro
Costanza - Anja-Nina Bahrmann
Licenca - Christina Landshamer
Scipione - Michael Schade
Publio - Jeremy Ovenden
Emilio - Rainer Trost



Traum-Musik
(Dominik Troger)

Dem „Traum des Scipio“ durfte das Publikum im Wiener Musikverein folgen. Eine konzertante Aufführung des Concentus Musicus präsentierte das Werk lebendig und nicht ohne Humor.

Mozart vertonte das Libretto von Pietro Metastasio, das wiederum auf einen berühmten Text Ciceros basiert, wahrscheinlich im Jahre 1771 (Details zur Forschung gibt der Artikel im Programmheft). Möglicherweise sollte damit dem Geburtstag oder dem 50-jährigen Priesterjubiläum des Salzburger Erzbischofs Sigismund Graf von Schrattenbach gehuldigt werden – selbiger starb aber einige Wochen „zu früh“.

Die „Azione teatrale“ wurde zu Mozarts Zeiten möglicherweise überhaupt nicht aufgeführt, die erste gesicherte konzertante Gesamtaufführung gab es erst zur Mozartwoche 1979 (!) in Salzburg. Nun werden selbst ausgewiesene Mozartfans nicht unbedingt in Verzückung geraten, wenn man ihnen gegenüber „Il sogno di Scipione“ erwähnt. Einen gewissen Bekanntheitsgrad hat die Arie der Fortuna erreicht: „Lieve sono al par del vento“. Die einleitende Sinfonia hat Mozart in Symphonien weiterverwertet.

Die Handlung, in der sich Scipio zwischen der personifizierten „Beständigkeit“ oder der ebenso einem Sopran in die Kehle gelegten „Fortuna“ entscheiden soll, ist nicht unbedingt ein „Reißer“. Das atmet formal noch viel barocken Geist, dem Mozart gewisse Neuerungen bei der Anlage der Arien entgegensetzt und seine energiegeladene Jugendlichkeit.

Nikolaus Harnoncourt richtete zu Beginn ein paar Worte an das Publikum. Er wies darauf hin, dass Scipione während der ganzen Aufführung eigentlich schläft (!) (erst am Schluss wacht er effektvoll auf), und er meinte, man dürfe auch lachen, wenn man – sinngemäß zitiert - mit Mozarts Humor Bekanntschaft mache.

Humor zeigte das Ensemble schon am Beginn, als Michael Schade, der schlafende und dabei träumende Scipio, hinter dem Orchester Platz nahm und wirklich den Schlafenden mimte, der dann und wann auffuhr, wie aus dem Schlaf emporgerissen, um Fragen zu stellen oder mit seinen bereits verstorbenen Vorfahren zu plaudern. Der Kampf um Scipios Gunst zwischen Fortuna und Beständigkeit wurde zudem mit Verbissenheit geführt, Fortuna schließlich in fast hysterisch zu nennender, narzisstischer Selbstüberschätzung monologisierend.

Das war amüsant, erweiterte den Rahmen sehr hübscher Musik ein wenig ins „Dramatische“ – angefacht von Nikolaus Harnoncourt, der an Energieentwicklung mit seinen 80 Lenzen dem jugendlichen Mozart an musikalischem Feuer um nichts nachstand.

Das Sängerteam hatte im Vorfeld einige Umbesetzungen hinnehmen müssen. Absagen waren von Patricia Petibon, Mojca Erdmann, Eva Liebau und James Taylor gekommen. Als Fortuna konnte man deshalb die slowenische Sopranistin Bernarda Bobro hören, mit kecker Leichtigkeit und koloraturerprobt. Die Beständigkeit, Anja-Nina Bahrmann, ließ stimmlich den um eine Spur reiferen und im Klang gesättigteren Sopran hören. Das passte gut zur Unterscheidung der Charaktere. Christina Landshamer sorgte als Licenca für ein schön gesungene abschließende Huldigung Scipios beziehungsweise des Erzbischofs.

Michael Schade sang, wie schon erwähnt, die Titelpartie. Er wurde von den Tenören Jeremy Ovenden (Publio) und Rainer Trost (Emilio) solide „begleitet“. Beide verfügen über schlankere Stimmen und weniger Timbreschmelz – auch das passte von der Rollenaufteilung: Scipio ist nun Mal der Mittelpunkt der Handlung.

Das Publikum nahm den Abend mit großem Wohlgefallen auf.