LA FINTA GIARDINIERA
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Theater an der Wien
19. November 2019

Musikalische Leitung: William Christie

Szenische Einrichtung: Sophie Daneman
Dekorationen: Adeline Caron
Kostüme: Pauline Juille

Les Arts Florissants

Don Anchise (Podestá di Lagonero) - Rory Carver
La Marchesa Violante (Sandrina) - Mariasole Mainini
Contino Belfiore - Moritz Kallenberg
Arminda - Deborah Cachet
Cavaliere Ramiro - Théo Imart
Serpetta - Lauren Lodge Campbell
Roberto (Nardo) - Sreten Manojlovic



Schwereloses Musizieren
(Dominik Troger)

Das Orchester „Les Arts Florissants“ und die Sängerakademie„Jardin de Voix“ unter William Christie gastierten im Rahmen einer Konzerttournee im Theater an der Wien. Auf dem Programm stand Mozarts „La finta giardiniera“ in einer stark gekürzten Fassung, aber szenisch eingerichtet.

Die Produktion wurde von der Akademie für Barockgesang für junge Künstler des „Jardin de Voix“ unter der Schirmherrschaft von „Les Arts Florissants“ erarbeitet und im August 2019 beim Festival „Dans les Jardins de William Christie“ in Thiré aus der Taufe gehoben. Diesen November wurde eine kleine Europatournee veranstaltet, bei der man dankenswerter Weise auch in Wien vorbeigeschaut hat.

Allerdings hielt sich der Besuch im Theater an der Wien in Grenzen und die oberen Ränge wiesen große Lücken in den Sitzreihen auf. Das ist schade, weil man diesen Abend wirklich genießen konnte, ohne von musikalischen oder szenischen „Mätzchen“ abgelenkt zu werden. Ein paar üppig weißblühende Kulissenbäumchen, ein paar Gartenutensilien, ein Tischchen, einige Blumentöpfe richteten die Fläche, die zwischen der Rampe und der durch eine Projektionsleinwand abgedeckten Bühne den Protagonisten zur Verfügung stand, gärtnerisch und geschmackvoll ein. Das Spiel blieb auf die Figuren bezogen, die mit jugendlichen Reizen und Stimmen der Handlung Frische und Natürlichkeit verliehen. Die szenische Einrichtung stammte von Sophie Daneman.

Im Graben sorgte Les Arts Florissants unter William Christie für einen sehr kammermusikalischen Klang und genussvolles Musizieren. Christie führte sensibel durch die Partitur, entlockte dem Orchester feine dynamische und instrumentale Nuancen. Die zarten Gefühle der Liebenden spiegelten sich dort wider, ihre Aufregungen und ihr Wahnsinn. Christie entwickelte Mozarts musikalische Flora wie aus ruhigem Hineinlauschen in barocke Hecken- und Gefühlslabyrinthe und schien dabei jedes einzelne Blatt wahrzunehmen und zum Schweben zu bringen. Der Blick fürs Ganze wurde aber trotzdem beibehalten: eine detailliert gemalte, mit Blumenornamenten verzierte Rokokomalerei.

Die Figuren auf dieser Malerei traten einem auf der Bühne dreidimensional und in farblicher Jugendfrische entgegen, die Farben noch nicht ganz getrocknet, vom Glanz der Sonne noch nicht in vollem Maße gestreift und zum Leben erweckt. Da wird manche Stimme noch etwas in die Breite wachsen und im Volumen etwas zulegen. Die Ensembleleistung war von jugendlichem Esprit getragen, und es war eine Wohltat Stimmen zu hören, die ihren Mozart ohne zu forcieren bewältigen und die die Rezitative nicht als Hürde empfinden.

Vielleicht an erster Stelle zu nennen ist der Countertenor von Théo Imart, dessen Stimme mit knabensopranhafter Lyrik verzauberte. Imart sang den Cavaliere Ramiro, bei der Uraufführung mit einem Kastraten besetzt, heutzutage meist vom einem Sopran gesungen. Rory Carver sang den Podestá. Er hatte den Nachteil, für diese „Hagestolzpartie“ der Opera buffa viel zu jung zu sein, löste die Aufgabe aber mit Charme und leichter Selbstironie.

Seinen um die Gunst Sandrinas rivalisierenden Gegenspieler Belfiore hat die Regie ein bisschen angeberisch angelegt, im Charakter ein wenig „pomadiert“, ehe er auf die von ihm einst im Eifersuchtswahn schwer attackierte Violante stößt. Moritz Kallenberg sang die Partie flüssig mit einem – wie Carver – etwas hellen Tenor. Auch bei ihm hörte man, wie gut mit den Stimmen gearbeitet worden war, damit sie sich Mozarts Musik gesanglich anschmiegen können. Sreten Manojlovic übernahm am Beginn die Ansage zum Abschalten der Mobiltelefone und gab dann eine kurze Einführung in die Handlung. Mit seinem Bassbariton sang und spielte er die Buffopartie des Nardo mit viel Humor.

Sandrina, die „Gärtnerin aus Liebe“, wurde von der italienischen lyrischen Sopranistin Mariasole Mainini beigesteuert, eine Stimme mit leicht melancholischem Einschlag, die gut zu dieser Figur passte. Von erfrischender Keckheit dagegen Lauren Lodge Campell, die für die Serpetta auch die notwendige Gewitztheit mitbrachte und eine ausdrucksstarke Mimik. Deborah Cachet repräsentierte den schon etwas dramatischeren und „kristalleneren“ Typus eines französischen Soprans, und war bei der Arminda sehr gut aufgehoben.

Das Publikum war entzückt und spendete nach zweieinhalb Stunden (inkl. einer Pause) allen Beteiligten starken Applaus, der ungefähr sechs Minuten lang anhielt.

PS: Das Licht war abgedunkelt, der Text wurde auf der Übertitelungsanlage angezeigt. Die Aufführung fand zwar im Zyklus konzertanter Opern statt, war aber eigentlich eine, in der Ausführung einfach gehaltene szenische Produktion.