LA FINTA GIARDINIERA
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Kammeroper
28. Mai 2019
Eine Produktion von Musik und Kunst, Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), Studiengang Gesang und Oper, Premiere 27.5.19

Musikalische Leitung: Niels Muus

Regie: Eva-Maria Melbye
Bühne & Kostüm: Gilles Gubelmann
Licht: Michael Brock

MUK Orchester

Don Anchise (Podestá di Lagonero) - Muratcan Atam
La Marchesa Violante (Sandrina) - Misaki Morino
Contino Belfiore - Namil Kim
Arminda - Anastasia Michailidi
Cavaliere Ramiro - Andrea Purtic
Serpetta - Elise Charrel
Roberto (Nardo) - Jihoon Kim



Erotische Ver(w)irrungen
(Dominik Troger)

„La finta giardinera“ zu Besuch in der Wiener Kammeroper: Die Privatuniversität für Musik und Kunst der Stadt Wien nützt die Räumlichkeiten am Fleischmarkt für eine Aufführungsserie im Rahmen des Studiengangs Gesang und Oper. Premiere war am 27. Mai, nachstehender Bericht bezieht sich auf die zweite Aufführung.

„La finta giardinera“ wurde 1775 beim Münchner Karneval uraufgeführt. Das „Dramma giocoso“ führt die Protagonisten durch ein erotisches Labyrinth liebeindizierter Gefühlszustände auf dem Weg zur „richtigen“ Partnerwahl. Nur der Podesta, der „Hagestolz“, geht dabei leer aus. Die Rezeptionsgeschichte hat dem Werk im Rahmen von Mozarts Opernschaffen inzwischen einen wichtigen Platz zugewiesen, handelt es sich doch um die „Nahtstelle“ in der musikdramatischen Entwicklung des Komponisten, mit der er sein Frühwerk hinter sich gelassen hat.

Spannend ist das Werk auch wegen der Vorgeschichte der Handlung, hat doch Belfiore seine Geliebte Violante (die sich in der Oper als Gärtnerin Sandrina ausgibt) in einem Eifersuchtsanfall so schwer attackiert, dass er glaubt, sie sei verstorben. Für heutige Regisseure und Dramaturgen ist das natürlich ein lohnender Ausgangspunkt. David Alden hat beispielsweise 2010 im Theater an der Wien ganz tief in der „Giardiniera-Kiste“ gekramt und viele traumatisch-psychotische Prozesse entdeckt und szenisch „ausgepackt”.

Die hier rezensierte Produktion weiß davon nichts, bleibt auf der Ebene nachvollziehbarer, turbulenter und verwirrender Liebesscharmützel, die junge Menschen auszufechten haben. Die Regie von Eva-Maria Melbye kam mit wenig Requisiten aus, war sehr personenbezogen und hat die Charaktere bzw. ihre typengemäße Verortung im damaligen Bühnenkontext gut herausgearbeitet: wie zum Beispiel der in Liebesdingen spröde und hilflose Podestà, seine bissige Nichte Arminda, der überspannte Liebhaber Belfiore, die in ihrer Liebe schmerzvoll geprüfte Violante, das gewitzte Dienerpaar. Ramiro, der (einstige) Geliebte Armindas (ursprünglich eine Kastratenpartie) wurde in eine Donna Ramira „umgewandelt“ – und so durften sich im paarebildenden Finale nicht nur Frau und Mann, sondern auch Frau und Frau finden.

Das Bühnenbild mit (halb-)transparenten, beweglichen Stellwänden bot einen schon sehr abstrahierten Rahmen, der dann je nach Szene mit ein paar „Accessoires“ ausstaffiert wurde: rote, verstreute Blüten, vom Schnürboden baumelnden Blumengebinde, Hüte und Schneiderpuppen, ein goldener, gepolsterter Stuhl. Damit ließ sich einiges anstellen, Bewegung und Witz in Arien bringen und die Optik ein wenig auflockern.

Die Kostüme waren meist weiß, Rokokoelemente verwiesen auf die Entstehungszeit des Werks, die Kostüme der höher gestellten Persönlichkeiten bestanden zum Teil aus transparenten „Überkleidern“, die „Durchblicke“ auf nackte Arme oder nackte Oberschenkel ermöglichten – eine Verfremdungsidee, die das historische Ambiente aufbrach und zugleich den Einblick auf die menschliche Gefühlswelt symbolisierte. Violante hatte als Gärtnerin Sandrina weiße Gummistiefel angezogen, das einzige Indiz ihrer Gärtnerinnenzunft.

Das Ensemble setzte sich vorwiegend aus Sängerinnen und Sängern zusammen, die sich aktuell im Masterstudium an der Privatuniversität für Musik und Kunst befinden. Andrea Purtic, die „Donna Ramira“ der Aufführung, ist bereits Mitglied im Opernstudio der Grazer Oper. Sie waren dem Stimmcharakter passend für die Partien ausgewählt worden, gingen einsatzfreudig ans Werk und konnten auch darstellerisch reüssieren. Niels Muus am Pult war Garant für eine flotte und animierte Wiedergabe. Unter diesen Voraussetzungen ergab sich auf der kleinen Bühne ein flottes, abwechslungsreiches Spiel.

Der Besuch hielt sich in überschaubaren Grenzen, gut gefüllt waren nur die ersten Reihen. Der Applaus war trotzdem stark und hielt länger an. Die Oper war auf etwas über zwei Stunden Spielzeit gekürzt worden, die Pause nach dem ersten Akt nicht eingerechnet. Die Besetzungen variierten in den vier Vorstellungen.