LE NOZZE DI FIGARO |
Home |
Wiener
Staatsoper im Theater an der Wien Dirigent: Riccardo
Muti |
Graf Almaviva
- Simon Keenlyside |
Zurückgelehnt und genossen (Dominik Troger) Mit "Le Nozze di Figaro", "Cosi fan tutte" und "Don Giovanni" erlebt der Mozart-Zyklus unter Riccardo Muti im Theater an der Wien in diesem Juni seinen - zumindest nach dieser zweiten Aufführung des Figaro zu schließen - fulminanten Abschluss. Der Figaro war die Wiederaufnahme der Produktion vom letzten Jahr, in derselben Besetzung. Hatte ich damals aber nur die letzte von insgesamt sechs Vorstellungen sehen können, beeinträchtigt von starker sommerschwüler Hitze und mit schon etwas abgeschlafften SängerInnen, so präsentierte sich diese Aufführung mit frischem Elan und wohltemperiert. Zwar haben sich meine letztjährigen Einwände durchaus bestätigt gefunden, allerdings in einer stark abgeschwächten Form. Das Ensemble, und die Betonung liegt hier wirklich auf "Ensemble", wirkte weit homogener und spielwitziger. Und Riccardo Muti ließ das Orchester nur so dahinschnurren, da und dort mit Eleganz die ein der andere Pointe herauskehrend, um dann wieder, immer das Auge auf den komödiantischen Elementen der sich überschlagenden Handlung, sich ganz der Atemlosigkeit der Mozart'schen Figaro-Musik hinzugeben. Da kam schon im ersten Akt viel Leben in die Aufführung, und der zweite Akt geriet dann überhaupt zu einem nie enden wollenden furiosen Finale. Neben all diesem packenden Musizieren verstand es Muti dann im vierten Akt auch noch die eingestreuten wunderbaren Klangschattierungen jener nächtlichen Gartenszenerie aufdämmern zu lassen, die Mozart wie Vorahnungen einer romantisierenden Aquarellmalerei in seine Musik verwoben hat. Und im Theater an der Wien kann das alles wirklich auf- und erblühen, den Raum aus- und erfüllen, Mozart einem so gegenwärtige und hautnah machen, dass man selbst immer wieder ganz erstaunt darüber ist. Muti brachte also nicht nur das Orchester zum Klingen, sondern der ganze Saal schwang im Rausche von Mozart's Musik, sog sie ein in seine zweihundert Jahre alten Poren. (Man braucht sich nur daran zu erinnern, dass dieses Theater nur knappe 10 Jahre nach Mozarts Tod erbaut worden ist, und dass Emanuel Schikaneder, der erste Direktor des Hauses, auch immer wieder Mozart's Werke im Spielplan hatte.) Die SängerInnen agierten sehr geschlossen, und die Leistungen waren durchwegs auf hohem Niveau. Natürlich machte der Figaro von Carlos Alvarez den besten Eindruck, mit einer Stimme, die auch die Staatsoper leicht ausfüllt, kann er den Figaro locker und bestechend über die Bühne bringen. Alvarez ist auf dem besten Weg, einer von der raren Sängersorte zu werden, die neben prächtiger, kernfester Stimme auch über Charisma verfügt - wie immer man das jetzt auch genauer definieren möchte. Jedenfalls zog er, sobald er auf der Bühne erschien, alle Aufmerksamkeit auf sich und sang und spielte sich - wie auch der Applaus nachher einträchtig bewies (er folgte, gemessen an der Lautstärke gleich hinter Riccardo Muti) - in die Herzen des Wiener Publikums. Der Graf von Simon Keenlyside wirkte wieder ein wenig hölzern, war aber diesmal stimmlich weit besser disponiert, als bei der schon erwähnten Aufführung im letzten Jahr. Auch Melanie Diener, deren Stimme für die Gräfin wahrscheinlich schon zu dramatisch ist, wirkte weitaus sicherer. Tatiana Lisnic war wieder eine ideale Susanne während - und hier kommen die besonderen Qualitäten des Theaters an der Wien ins Spiel - ihr diese Partie an der Staatsoper nicht so überzeugend gelungen ist. Der Cherubino von Angelika Kirchschlager ist vielleicht schon ein bisserl zu erwachsen, aber es ist ohnehin die Frage, ob sich Da Ponte und Mozart nicht insgeheim ein Liaison zwischen ihm und der Gräfin vorgestellt haben.... Auch das restliche Ensemble trug viel Gutes zu diesem gelungenen Abend bei. Ja, das Theater an der Wien - ab 2007 soll es ja wieder hauptsächlich der Oper gewidmet sein. Man kann sich für Mozart kein idealeres Opernhaus vorstellen, weil es den Stimmen und der Musik eine warmen, weicheren Klang verleiht. Daraus zeugt sich eine Intimität, die den Aufführungen einen viel ursprünglicheren Charakter verleiht, und es bietet dadurch auch kleineren, aber wohltönenden Stimmen, die Chance, sich nicht durch übermäßiges Forcieren der eigenen Wirkung berauben zu müssen. Der Fasan landete diesmal übrigens nicht im Bett, sondern kippte gleich von der Kante wieder auf den Boden, was der Szene ein wenig von ihrer Pikanterie nahm. Aber in Anbetracht des musikalischen Genusses ist das schon nicht Mal eine Marginalie wert. Jedenfalls
wird man sich an diesen Abend noch sehr, sehr lange erinnern, und ihn
ganz gewiss in das Schatzkästlein jener "geheiligten" Operndenkwürdigkeiten
aufnehmen, das leider viel zu selten hervorgekramt werden muss... |