LE NOZZE DI FIGARO

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Staatsoper
13. Juni 2023



Musikalische Leitung: Philippe Jordan


Conte di Almaviva - Andrè Schuen
Contessa di Almaviva - Hanna-Elisabeth Müller
Susanna - Ying Fang
Figaro - Riccardo Fassi
Cherubino - Patricia Nolz
Don Bartolo - Evgeny Solodovnikov
Don Basilio - Josh Lovell
Don Curzio - Andrea Giovannini

Barbarina - Miriam Kutrowatz
Marcellina - Stephanie Houtzeel
Antonio -
Wolfgang Bankl


„Der neue Figaro im Repertoire

(Dominik Troger)

Mit viel Schwung geht derzeit die zweite Aufführungsserie des neuen Staatsopern-„Figaro“ über die Bühne. Die Premierennervosität ist abgestreift, die inszenatorischen Kanten haben sich leicht abgeschliffen, das junge Ensemble ist eingespielt und die Pointen sitzen.

Mit dieser zweiten Aufführungsserie konnte endlich auch Ying Fang als Susanna dem Wiener Publikum beweisen, warum ihr so viele Vorschusslorbeeren vorausgeeilt waren: Hat die Sängerin ihre Rolle in der Premierenserie wegen akuter Stimmbandprobleme doch nur auf der Bühne verkörpert, gesungen wurde die Partie von Maria Nazarova aus dem Orchestergraben. Jetzt haben Gesang und Spiel der Susanna endlich zusammengefunden. Fang spielt vorzüglich, hat sich mit Gestik und Mimik und ihrem lyrischen Sopran keck und quirlig ganz auf Mozarts Musik eingeschworen.

Ihre Stimme besitzt ein angenehmes Timbre, eine Stimme, deren Silberglanz sich leicht elfenbeinfarben abmattet, von ein paar rosernen Wölkchen durchmischt. Es ist keine Stimme, die üppig aufblüht, sie zeigt schon Seelenregungen an, aber ohne, dass dabei an zu dunkle Abgründe gestreift würde. Es ist alles ausgewogen, die Emotionen auf einer klug kalkulierten Skala abgestimmt und in den Wirbel der Handlung einsortiert. Vielleicht geht bei soviel Kalkül ein wenig der Liebreiz ab. Aber so wie sich Susanna in dieser Inszenierung im dritten Akt körperlich an den Grafen heranmachen muss, mit sehr direkt ausgespielten erotischen Avancen, überrascht das nicht. Doch es ist schwer zu entscheiden, was für diese Produktion „angelernt“ wurde und ob Fang, ihrem unbekümmerten Selbst überlassen, die Susanna anders „angelegt“ hätte.

Riccardo Fassi sang den Figaro mit einer jungen, fülligen Bassstimme. Fassi hat die Partie schon 2018 an der Staatsoper verkörpert, jetzt gab er sein Debüt in der neuen Inszenierung von Barrie Kosky. Fassi hat sich sehr gut in die Produktion eingefügt. Die erste Aufführung dieser Serie – so wie die Premiere – hat noch Peter Kellner gesungen. Fassi hat die „italienischere“, „vollmundigere“, tiefere Stimme von den beiden, was als Abgrenzung zum Grafen von Andrè Schuen Vorteile bot. Dieser Graf hat seit der Premiere womöglich ein wenig an Selbstironie gewonnen, um damit ein paar überzeichnende Regieeinfälle wohltuend abzumildern. Die versuchte Vergewaltigung in der Ehe (zweiter Akt) schien mir an diesem Abend nicht mehr ganz so forsch ausgeführt, mehr aus der Situation entwickelt, und der darstellerische Aktionismus während der großen Arie im dritten Akt korrelierte dadurch besser mit Schuens Gesang, der sich einer nicht zu schlanken, noblen Wohltemperiertheit erfreute. Damit konnte der Sänger der Regie, die den Grafen als narzisstischen Tölpel abstempelt, genug erotisches Flair gegenüberstellen, um der Figur mehr Gewicht zu verleihen..

Die Gräfin der Hanna-Elisabeth Müller ist mehr in der Einfachheit ihrer durch des Grafen Verhalten befeuerten Melancholie zu Hause, die ihrem an Facetten nicht so reichen Sopran entgegen kommt. Dazu gesellten sich der agile, unpoetische, gar nicht so unschuldige Cherubino von Patricia Nolz, der hemdsärmelige Gärtner von Wolfgang Bankl, der intrigante und glatte Basilio von Josh Lovell, sowie als komisches Paar der Bartolo von Evgeny Solodovnikov und die Marcellina der sehr spielfreudigen Stephanie Houtzeel. Miriam Kutrowatz als Barbarina und Andrea Giovannini als asthmatischer Don Curzio ergänzten.

Das Orchester unter Philippe Jordan, der auch die Begleitung am Hammerklavier beisteuerte, verlieh der „Figaro“-Musik eine etwas dickflüssige „Retro-Romantik“, die die spritzige Ouvertüre ausbremste, dann aber doch einigen Elan entwickelte und befeuert vom spielfreudigen Ensemble der Aufführung zumindest nicht im Wege stand. Die Inszenierung von Barrie Kosky kommt beim Publikum offenbar gut an. Am Schluss gab es rund neun Minuten langen Beifall und ein paar geworfene Blumensträuße für die Damen.