LE NOZZE DI FIGARO |
Home |
Staatsoper
|
Conte di
Almaviva - Peter Mattei |
„Verführerischer Graf “ (Dominik Troger) In drei Vorstellungen von „Le nozze di Figaro“ war an der Wiener Staatsoper Peter Mattei als Conte zu hören. In der letzten Aufführung sprang für Valentina Nafornita kurzfristig Rosa Feola als Susanna ein – von dieser Vorstellung wird hier berichtet. Die Wiener Staatsoper wird im November den „Figaro“ in Yokohama spielen – unter dem Dirigat von Riccardo Muti und in der bewährten und beliebten Inszenierung von Jean-Pierre Ponell. Hierzulande hält die Direktion eisern an der Produktion von Jean-Louis Martinoty aus dem Jahr 2011 fest – und so erlebte der „Martinoty-Figaro“ an diesem Abend seine bereits 36. Aufführung. Was diese „Figaro“-Serie spannend machte, war das Wiener Rollendebüt von Peter Mattei. Der schwedische Sänger besitzt seit vielen Jahren eine der gepflegtesten Baritonstimmen der Gegenwart. Als Graf verströmte er nicht nur gesanglich das Gefühl narzistischer Selbstverliebtheit, zu der sich im Laufe der Handlung eine Portion Unwillen über die Verkomplizierung seiner Annäherungsversuche an Susanna hinzugesellte. Im ersten Akt mit langem Haar übte er sich noch in legerer „Übergriffigkeit“, später – das Haar gebändigt – waren ihm auch die Hände gebunden. Erst im vierten Akt verliebte er sich innig in das rechte Bein der Susanna-Gräfin. Mattei spielte den Grafen ohne Übertreibungen, zeitweise fast zu reduziert in seinen Gesten und Gefühlsäußerungen – die Inszenierung scheint ihn schauspielerisch nicht sehr inspiriert zu haben. Aber es ist auffallend wie frisch und geschmeidig sich diese Stimme über all die Jahre erhalten hat, ihre in Seide gepackte Virilität den Eros beschwört. Mattei hat an der Staatsoper wenig gesungen: den Don Giovanni, den Onegin und jetzt den Conte. Beim „Contessa, perdono“ schwang noch einmal die ganze Verführungskraft dieser Stimme mit – wie ein geläuterter, ständchensingender Don Juan. Mattei war zudem immer darauf bedacht, nicht zu forcieren, seinen Bariton angenehm strömen zu lassen. Gesanglich konnte nur Peter Rose als Don Bartolo (in dieser Aufführungsserie ebenfalls mit Wiener Rollendebüt) Mattei das Wasser reichen. Rose ist eine Luxusbesetzung für den Bartolo, und er führte eloquent und sorgfältig seinen Bass durch die amüsante Geschichte und mit witzigem, unübertriebenen Spiel. Der Einspringerin Rosa Feola gelang ein bezaubernde „Rosenarie“, ganz der Mozart’schen Poesie hingegeben. Die Sängerin besitzt einen hübsch gerundeten lyrischen Sopran, den sie zum Glück ohne Forcieren einsetzte. Im Theater an der Wien würde ihre Stimme noch besser zur Geltung gekommen sein, als in der Staatsoper: Die offene Szene dieser Produktion ist für Mozart akustisch eher von Nachteil. Ihr fehlte anfänglich etwas die Lockerheit, aber im Laufe der Vorstellung nahm die Hausdebütantin zunehmend an Fahrt auf. Der Figaro von Mario Cassi litt beträchtlich unter zu wenig Tiefe. Schon das dem Grafen angetragene Tänzchen erklang grobschlächtig und mit wenig Nachdruck. Insgesamt hinterließ der Sänger bei mir nicht den Eindruck, dass es sich bei Figaro um die titelgebenden Hauptfigur des Stücks handelt. Dorothea Röschmann bekam das „Porgi amor“ und „Dove sono“ noch einigermaßen in den Griff, während sie in vielen Szenen und Ensembles Mühe hatte, ihren für Mozart bereits zu schwer gewordenen Sopran in Zaum zu halten. Miriam Albano war ein darstellerisch engagierter Cherubino, aber ihr Mezzo wirkte insgesamt noch wenig durchgeformt, um die in liedhafte Formen gegossene Erotik Mozarts spürbar machen zu können. Vor allem das „Voi che sapete“ war mehr ein Suchen nach formaler Bewältigung. Herwig Pecoraro ist beim Herodes inzwischen viel besser aufgehoben als beim Don Basilio und Zoryana Kushpler hat der Marcelline stimmlich einige herbe Kanten verliehen. Ileana Tonca war als verlässliche Barbarina besetzt. Seit dem Jahr 2000 hat sie die Partie – inklusive dieser Aufführung laut Online-Staatsopernarchiv – bereits 46x mal verkörpert. Adam
Fischer bewies am Pult einmal mehr sein gutes Gespür für
Mozart – und im vierten Akt rundete sich der Abend wie von selbst
in der nächtlichen Idylle des Parks. Er ließ den Sängern
genug Freiraum, und hielt doch alles gut zusammen, ohne dabei die Ensembles
vor sich her zutreiben oder sie auszubremsen. Das Klangbild war leicht
dunkel, „romantisch“ gefärbt, ohne aber zu breit zu werden. |