DIE ENTFÜHRUNG AUS DEM SERAIL

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Staatsoper
24. Oktober 2025

Musikalische Leitung: Ivor Bolton


Bassa Selim - Marcus Bluhm
Konstanze - Serena Sáenz
Blonde - Florina Ilie
Belmonte - Sebastian Kohlhepp
Pedrillo - Lukas Schmidt
Osmin - Ante Jerkunica

Schauspieler: Katharina Pichler, Nina Siewert,
Christian Natter,
Andreas Grötzinger, Ludwig Blochberger


Nichts Neues im Serail

(Dominik Troger)

„Die Entführung aus dem Serail“ in der Inszenierung von Hans Neuenfels liegt der Staatsoperndirektion augenscheinlich am Herzen. Seit der Premiere 2020 ist kein Jahr ohne Aufführungsserie vorübergegangen.

Zwar stammt die Produktion noch aus dem letzten Jahrtausend und ist von Stuttgart nach Wien geholt worden. Trotzdem läßt dieser „zahm-provokante“ Neuenfels auch heute noch viele Regisseure „alt“ aussehen, die Anleihen bei ihm nehmen und es sich wohlig in seinen Fußstapfen einrichten wollen. Und wer sich an die katastrophale Neuproduktion der „Entführung“ an der Volksoper vor zwei Jahren erinnert, wird dem 2022 verstorbenen Altmeister sogar Dank abstatten müssen.

Die eifrige Pflege dieser „Rarität“ an der Staatsoper kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie mit einigem organisatorischen Aufwand verbunden ist, werden doch die fünf Hauptfiguren verdoppelt, wird jeder Sängerin, wird jedem Sänger, eine Schauspielerin, ein Schauspieler zur Seite gestellt – nur der Bassa Selim ist davon ausgenommen. Dieses Team muss eingespielt sein, soll es szenischen Schwung vermitteln. Und ob das Publikum den „Mozart-Phantasien“ des Regisseurs immer folgen kann, ist wieder ein eigenes Thema.

Die letzte Aufführung der aktuellen „Entführung“-Serie hätte aber noch ein paar Schlückchen fruchtigen „Bacchus-Wein“ gut vertragen, um so richtig auf Touren zu kommen. Das Orchester unter Ivor Bolton spielte mit transparentem Mozartklang, der auf einen etwas dünnen Streicherglanz gebettet war. Bolton, historisch-informiert, servierte – um beim Bacchus zu bleiben – einen klaren, trockenen Weißwein, der mehr nördlich gebaut, als von südlichen Hängen stammend, die Sache mit dem Serail und den dort verhandelten Leidenschaften nur bedingt emotional befeuerte.

Die Besetzung blieb im Rahmen dieses mehr kollektivistisch ausgelegten Regiekonzepts und sorgte für einen mir persönlich etwas lang anmutenden Repertoireabend. Den meisten Beifall heimste Serena Sáenz als Konstanze ein. Sie hat vor zwei Jahren an der Staatsoper noch die Blonde gesungen. Ihre Konstanze setzte auf die Koloraturen, womit sie auch das Publikum gewann. Mehr Tiefe und eine breitere Mittellage hätten der dramatischen Nachhaltigkeit des Bühnencharakters ein stärkeres Profil verliehen. Die Koloraturen klangen mir wie schon bei ihrer Königin der Nacht zu angespannt.

Sebastian Kohlhepps Tenor scheint langsam aus diesem Fach herauszuwachsen, neigte zu behäbigem Ziergesang und zu viel Druck in der höheren Lage. Sein Belmonte war sozusagen mehr ein „Baumeister“ geradliniger Architektur, mit gutem, etwas breiterem Fundament versehen. Florina Ilie sang eine gewitzte Blonde, neigte allerdings an exponierten Stellen ebenfalls zum Forcieren. Dem jungen Spieltenor von Lukas Schmidt müsste stimmlich noch etwas mehr individueller Charakter zuwachsen, auch wenn er sich als belebendes Element in die Aufführung einbrachte. Der Osmin von Ante Jerkunica war stimmlich und darstellerisch der grimmige Kerl, den man sich erwartet, abgeschmeckt mit genug Buffo-Qualität, um nicht übertrieben zu wirken.

Die Schauspielkräfte waren zum Teil schon „alte Hasen“ dieser Produktion und sorgten für weitgehend gut verständliche Sprechpassagen. Dass Bassa Selim mit dem finalen Vortrag von Mörikes Lyrik nach wie vor wenig zu glänzen vermag, steht auf einem anderen Blatt. (Dieses Mal gab Marcus Bluhm den „Renegaten”.) Aber es ist inzwischen wahrscheinlich ein Akt der „Pietät“, dass man Bassa Selim dieses überflüssiger Weise die Vorstellung beschließenden Mörike-Gedicht nicht wegkürzt. Die Länge des Schlussbeifalls lag bei fünf bis sechs Minuten.