DON GIOVANNI
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Wiener Staatsoper
25.3.2006

Dirigent: Peter Schneider

Don Giovanni - Feruccio Furlanetto
Komtur - Ain Anger
Donna Anna - Anja Harteros
Don Ottavio - Michael Schade
Donna Elvira - Roxana Briban

Leporello - Hanno Müller-Brachmann
Zerlina - Alexandra Reinprecht
Masetto - Marcus Pelz

Vom Diener zum Herrn...“
(Dominik Troger)

Feruccio Furlanetto als „Don Giovanni“: der einstige Leporello ist zum „Herrn und Meister“ geworden. Eine adeliger Lebemann in der Fülle der Jahre, dem (fast) alles zu Gebote steht.

Dieser „Don Giovanni“ muss sich weder als fieser Vergewaltiger aufführen, noch als dämonischer Verführer. Ferruccio Furlanetto gestaltet die Rolle als gut situierter adeliger Herr, sich seines Herkommens und seiner Fähigkeiten bewusst, brutal wenn notwendig, charmant wenn gewünscht – und ganz sein Diener, wenn er sich verstellt. Dieser Don Giovanni verfügt über Lebenserfahrung, besitzt vielleicht sogar eine Spur von Selbstironie, wenn er mit Zerlina anbandelt. Er zählt doch schon einige Jahre und das Spiel der Geschlechter ist ihm bekannt. Aber Furlanetto stellt keinen Getriebenen auf die Bühne – er ist freier Herr seiner Entscheidungen oder vermittelt zumindest diesen Eindruck. Nur diese blöde Statue macht ihm einen Strich durch die Rechnung – und Donna Anna. (Die beiden deuteten eine Kuss an, ehe der Komtur zum Duell auffordert. Das ist wohl die romantische Lesart des Stoffes.) Furlanetto hat eine prachtvolle Stimme und er presst sie in kein Schema. Es gibt Sänger, die Zerlina schmeichlerischer Verführen und die Champagnerarie weniger profund und dafür mehr sektperlender zum Besten geben, aber nur wenige schaffen es – noch dazu auf der großen Bühne der Staatsoper – drei Stunden lang unzweifelhaft in dieser Rolle präsent zu sein.

Die Donna Anna der Anja Harteros ist von nervös-hysterischer Konsistenz. Sie wird durch die Begegnung mit Don Giovanni aus ihrem gesitteten Leben gebeutelt und spürt plötzlich, wie die widersprechenden Gefühle von Pflicht und Leidenschaft eine verheerende Spannung in ihrem Inneren anlegen – vom Duelltod des Vaters zusätzlich angefacht. Harteros singt die Donna Anna technisch ausgezeichnet, und im ersten Akt mit dermaßen ekstatischer Gefühlsäußerung, dass es einem als Zuhörer bis in die Fingerspitzen vibriert. Da verblassen alle Donna Annas, die man in den letzten Jahren an diesem Haus gehört hat. Schon der erste Auftritt, der Streit mit Don Juan, diese Eskalation der Gefühle – und später ihre schreckliches Ausschreien des traumatischen Erlebnisses „Don Ottavio, son morta!“ Wie unbeteiligt wirkte dagegen das super-coole Donna Anna-Design von Anna Netrebko (auch wenn sie das erotischere Timbre besitzt), wie schüchtern, wohlbehütet wirkte dagegen Ricarda Merbeth, wie abgeklärt Edita Gruberova.

Michael Schade stellte als Don Ottavio seinen Mann. Er kämpft um die Liebe Donna Annas – zumindest in dem engen Rahmen, den Mozart und da Ponte ihm zugestanden haben. Wie sehr doch eine einzige stärkere Betonung des mehrmals wiederholten „morte mi dá“ im „Dalla sua pace“ den Charakter dieser Bühnenfigur positiv verändern kann. Dazu kommen noch die feinen dynamischen Abstufungen, mit denen Schade seine beiden Arien zu kleinen Minidramen ausgestaltete. Das hat Format.

Der Leporello von Hanno Müller-Brachmann mischte clowneske mit mephistofelischen Zügen. Auch ihm gelang es, dieser Rolle „eigenes“ Leben einzuhauchen, allerdings klang seine Stimme etwas rauh und es kam rasch zu einem Punkt, wo der Ton verhärtete. Als Leporello stört das weniger als in Liebhaberpartien.

Ebenfalls gut in der Darstellung, aber gesanglich schon etwas eingeschränkter genussfähig, die Donna Elvira von Roxana Briban. Die Stimme klingt mir ab der oberen Mittellage zu eng und forciert, was den Ton unschön einfärbt. Alexandra Reinprecht besitzt einen zartgliedrigen Sopran und musste dem großen Haus diesbezüglich Tribut zollen. Marcus Pelz war ein mehr rudimentärer Masetto. Der Komtur von Ain Anger wirkte nicht wirklich dämonisch, aber recht solide. Dasselbe kann man vom Orchester unter Peter Schneider sagen. Manches (wie die Ouvertüre), blieb im Potential ziemlich unausgeschöpft, vor allem nach der Pause fehlten über längere Strecken die Akzente. So lief alles „kapellmeisterlich“ in bekannten, nicht sehr aufwühlenden Bahnen.

Das Publikum reagierte trotz der teils illustren Sänger eher kühl und mit meist nur kurzem Szenenapplaus. Am Schluss gab es zwar starken Beifall, aber auf andere Abende umgelegt, wars diesmal eindeutig zu wenig.