DON GIOVANNI
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Wiener
Volksoper Dirigent: Rani
Calderon |
Don Giovanni - Morten
Frank Larsen |
„Don Giovanni oder Don Juan?“ Die Volksoper spielt „Don Giovanni" bekanntermaßen in deutscher Sprache, diesmal war auch bisserl Italienisch dabei. „Don Juan“ zeigte sich von seiner polyglotten Seite, parlierte mit dem Komtur in „Originalsprache“, während er dem Leporello in Deutsch seine Befehle erteilte. Eigentlich keine schlechte Mischung. Die Situation war für heutige Opernverhältnisse kurios. Ain Anger, sehr kurzfristig für den Komtur anstelle von Sorin Coliban eingesprungen, beherrschte die Partie nur in Italienisch, und sang sie auch so. Morten Frank Larsen ließ sich diese Chance nicht entgehen, ihm ebenso zu antworten. Das machte sogar einen hübscher Effekt – schließlich müssen sich Komtur und Don Juan ihre Sache wirklich „unter sich“ ausmachen. Vor allem im Finale wird dadurch eine gute Abgrenzung vom jammernden Leporello erreicht. Gleichzeitig musste man natürlich feststellen, dass es wirklich etwas Anderes ist, den „Don Giovanni" als „Don Juan" zu hören. Die Aussprache ist härter, weniger gaumen- und kehlengerecht, fast automatisch ist die Aufführung weniger „Oper" und mehr „Singspiel" – ein Sichtweise, die die Inszenierung aber auch fördert. Morten Frank Larsen kreiert in dieser Rolle einen aristokratischen Schönling, der Frauen nachstellt wie einem guten Schlückchen Wein. Er ist ein junger Hedonist, aber einer mit Geschmack. Dieser Don Juan weiß, dass er „schön“ ist, und die Wirkung, die er beim anderen Geschlechte erregt, muss er sich nicht durch plumpe Tricks erkaufen. Normalerweise. Hin und wieder gibt es auch einen Kommunikationsfehler. Kann sein, dass sich Don Juan da in seiner Wirkung überschätzt? Aber dem Don Juan Larsens scheint immer genug Spielraum zu bleiben, um den Genüssen zu frönen, denen er frönen will, und nicht, denen er frönen muss. Der Unterschied ist fein, aber wichtig, soll das Ganze nicht als Tragödie oder als Studie pervertierten Sexualverhaltens ablaufen, sondern als ein Lustspiel. Diese zwanglosere Haltung, die es einem jungen Sängerteam leichter macht, sich im breiten Traditionsstrom der Don Juan/Giovanni-Interpretationsgeschichte zu bewegen, ist für die „Volks“-Oper eine sehr gute Lösung. Wenn ich bei Larsens-Don Juan-Debüt diesen Mai noch gemeint habe, dass er die Partie etwas schärfer, „brutaler“ zeichnen könnte, dann würde ich das nach dieser Aufführung nicht mehr so sehen. Er bewegt sich ziemlich souverän im vorgegebenen Inszenierungsrahmen, vermittelt Spontanität und eine Selbstsicherheit, die jedem „Don Juan“ oder „Don Giovanni“ zu eigen sein sollte. Und das ergibt dann auch gesanglich eine sehr runde Sache. Don Juans Diener trat diesmal als Faktotum auf. Michael Schelomianski konnte dabei einige Lacher gewinnen, denn das hatte schon Hand, Fuß und Stimme, ging aber auf Kosten einer stärkeren Profilierung des Leporello (und letztlich auch des Sängers Schelomianski). Der Don Ottavio von Johannes Chum litt ein wenig unter seinem etwas hölzernen, mehr „kirchenkonzertmäßigen“ Vortrag. Aber die deutsche Übersetzung lässt auch weniger an „musikalischer Eleganz“ zu. Josef Wagner lieferte wieder die gute Studie eines leicht tölpelhaften Masetto, Bei den Damen wird man zuerst die Donna Elvira von Heidi Brunner erwähnen müssen, eine Elvira, die nicht nur in zorniger Eifersucht herumläuft, sondern vermitteln kann, dass sie Don Juan wirklich liebt. Das löst das Problem, warum sie im zweiten Akt dem Leporello/Don Juan so leicht auf den Leim geht, und warum sie später zumindest noch Mitleid fühlt. Brunner schenkte dieser Aufführung viel Intensität und eine klaglose gesangliche Leistung. Das Debüt als Donna Anna von Kristiane Kaiser, fiel nicht so eindeutig aus, hatte eine gewisse angespannte Grundhaltung, die sie im ersten Akt ganz gut zur Vermittlung von Donna Annas schmerzvoll aufgeregter Psyche einsetzen konnte. Vielleicht hat sie im zweiten Teil zu sehr auf Druck gesungen, anstelle sich, ruhiger werdend, Mozarts melodischen Bögen zu überlassen. Die Zerlina der Birgid Steinberger zeigte eine gewisse Raffinesse, die nur bedingt das „Lämmchen“ zulässt, das jede Strafe zu erdulden gewillt ist. Das hat viel für sich. Das Orchester unter Debütanten Rani Calderon erschreckte einen gleich zu Beginn mit zwei hart donnernden, zu markanten Paukenschlägen. Auch später waren die Pauken sehr präsent. Weil es aber dazu einen frischen Streicherklang gab, war ich darüber nicht so „böse“. Calderon ließ zügig spielen, punktuell ging das schon auf Kosten der musikalischen Konsistenz. Die „Höllenfahrtsmusik“ war mir zu laut und zu wenig auf die Sänger bedacht. Trotzdem, im Durchschnitt betrachtet, ist das Debüt gelungen. Das Haus war an diesem frühen Sonntagabend wirklich nicht ausverkauft, was schade ist. Trotzdem fanden sich nachher einige Bravorufe zum Applaus für das Ensemble. |