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„Unverwüstlicher Wüstling“
(Dominik Troger)
Don
Giovanni ist unverwüstlich. Selbst wenn ihn eine Inszenierung
buchstäblich in die „Wüste“ schickt. Die schwarzen Lavafelsen auf der
Staatsopernbühne sind vielleicht ein Leckerbissen für Vulkanologen, für
Opernbesucher hält sich ihr Reiz in Grenzen. Aber wenn das
Staatsoperorchester in Spiellaune ist, muss man ja nicht hinschauen.
Christoph Koncz
am Pult hatte den Abend fest im Griff, ließ gleich die ersten
Overtürentakte wie ein komtursches „Memento mori“ mächtig erschallen,
um bald vom getragenen schicksalshaften Teil der Ouvertüre zum
violinwendigen Allegro überzuwechsel – wobei das Orchester ein
Klangbild malte, das sehr gut zu seiner Spieltradition passte.
Auf einer – wenn man es so ausdrücken möchte – etwas „old-fashioned“
anmutenden „romantischen“ Grundierung spielten Mozarts Humor und
Pathos, „tanzten“ die Affekte gleichsam wie Appliken, ohne dabei den
Eindruck einer „modernen“ Allürenhaftigkeit zu hinterlassen oder dem
Publikum mit „rigidem Originalklang“ die Gehörgänge „durchzuputzen“.
Diese mit Verve vorgetragene Symbiose aus Tradition und mit dezenter
Grundhaltung vermittelter „historischer Informiertheit“ prägte die
Aufführung. Beim Tempo konnte es allerdings auch grenzwertig flott
zugehen, etwa im nahezu atemlos entwickelten Finale vor der Pause, mit
einem gut gespannten Steigerungsbogen.
Die Besetzung war dem Orchester leider nicht adäquat. Wenn Koncz zum Beispiel beim „Il mio tesoro“ mit dem Orchester aufwühlend die Erregung Don Ottavios kräftig ausmalte, war von der Bühne diesbezüglich nur wenig zu hören. Bogdan Vowkovs Tenor klang an diesem Abend etwas bemüht, die gesangstechnischen Schwierigkeiten der beiden berühmten Arie „wegzuzaubern“,
und manche schöne Pianophrase entschädigte nicht für einen insgesamt zu
kraftlos anmutenden, in blasse Aquarellfarben getauchten Liebhaber.
Aber ein Don Ottavio entscheidet nicht über den Gesamteindruck eines
„Don Giovanni“ – diesbezüglich hängt eben doch fast alles an der
Titelfigur. Mattia Olivieri,
in dieser Aufführungsserie mit Wiener Rollendebüt, rückte die Figur
mehr in die Richtung eines burschikosen Halbstarken. Diese Sicht der
Dinge passte zwar gut zu der Don Giovanni und Leporello
infantilisierenden Inszenierung von Barrie Kosky, beförderte aber nicht
das Charisma der Figur. Stimmlich etwas durchsetzungsschwach war er
jetzt auch nicht der baritonale „Schwerenöter“, bei dem frau und man(n)
vor erotischen Parfum „schwindlig“ geworden wäre. In einem kleineren
Haus und in einem entsprechenden Ambiente mag sich ein anderer Eindruck
einstellen. Philippe Sly als
Leporello und Premierenbesetzung hat hingegen seine Künstlerseele mit
Haut und Haaren an diese Regieidee verkauft, obwohl stimmlich von mir
schon eindrucksvoller gehört, als in dieser Vorstellung.
Keine Probleme beim „Durchsetzen“ hatte die Donna Anna der Adela Zaharia:
ein kräftiger, nicht immer ganz ausgewogener, in den Spitzentönen etwas
herb und „übersteuert“ klingender Sopran. Sie verlieh der Figur eine
starke, Mozartsche Gefilde eigentlich schon verlassende Expressivität,
von einem leicht dunklen Timbre apart abgerundet. Die Sängerin hat seit
ihrem Sieg beim Operalia Wettbewerb 2017 eine steile Karriere
hingelegt. Sie wird im November auch noch die Lucia an der Staatsoper
singen.
Tara Erraught hat die
Donna Elvira bereits vor drei Jahren an der Staatsoper gegeben. Sie
wirkte darstellerisch wieder zu statisch für dieses Regiekonzept. Das „Mi tradi quell'alma ingrata“ hat
man am Haus auch schon mit eleganterem und nuancierterem Vortrag
gehört, mit mehr emotionaler Anteilnahme unterlegt. Komtur (Tareq Nazmi), Zerlina (Anita Monserrat) und Masetto (Andrei Maksimov), waren rollenendeckend, wobei Monserrat durch ihr einnehmendes Spiel einige zusätzliche „Pluspunkte“ sammeln konnte.
Den stärksten Szenenapplaus gab es nach den beiden Arien der Donna Anna.
Am Schluss wurden die „obligaten“ fünf Minuten Beifall
gespendet. Besucht wurde die dritte Aufführung der laufenden Serie. Eine
Vorstellung folgt noch am Freitag.
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