DON GIOVANNI
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Don Giovanni - Étienne
Dupuis |
Die Staatsoper hat in den letzten Tagen ihren neuen Da-Ponte-Zyklus in zwei Serien gespielt. Der Schreiber dieser Zeilen hat allerdings nur den „Don Giovanni“ besucht. 2021 „Don Giovanni“, 2023 „Le nozze di Figaro“, 2024 „Cosi fan tutte“:
szenisch hat dieser von Barrie Kosky inszenierte Da-Ponte-Zyklus bis
auf den „Figaro“ wenig überzeugt – der „Don Giovanni“ beispielsweise
leidet unter dem Bühnenbild, das ein kahles, schwarzes Felsplateau
darstellt, er verärgert durch eine infantile Friedhofsszene, und er
enttäuscht durch eine phantasielose, schlecht arrangierte „Höllenfahrt“ (Don Giovanni stirbt an einem Herzanfall). Auf
der positiven Seite ist anzumerken, dass die Achse Don
Giovanni–Leporello recht gut herausgearbeitet wurde, und dass es der
Staatsoper in den bisher rund 30 Aufführungen dieser Produktion
meistens gelungen ist, für die beiden Partien Sänger zu engagieren, die
über die dafür nötige Bühnenpräsenz und Stimmqualität verfügen. Das war
auch in dieser Vorstellung der Fall. Étienne Dupuis war allerdings kein Don Giovanni für einen Hochglanzprospekt: ihn trieb ein trockener Humor und ein mit rücksichtslosem Durchsetzungswillen unterfütterter Egoismus. Wenn er Zerlina umwarb, dann merkte man die Absicht dahinter. Er gab keinen Don Giovanni, der sich im Rausch der Liebe vergisst. Allein wie übertrieben er dem „odor di femmina“ nachschnüffelte, zeigte nicht den Genießer, sondern mehr den Zyniker, der Menschen ganz im Allgemeinen für seine Zwecke missbraucht. Der „Mythos“ des unwiderstehlichen Verführers war diesem Don Juan nicht aufgeprägt, aber es war trotzdem ein stimmiges Rollenporträt, der Figurencharakter gut durchgeformt: zudem vermochte sich sein etwas gerauter Bariton gut durchzusetzen und genug „falsche“ Süße auszupacken, wenn es darauf ankam – auch wenn er es nicht allzuoft darauf ankommen ließ. Diesen pathoslosen „Realismus“ befördert auch die Inszenierung, die einem mehr „bodenständigen Humor“ das Feld bereitet, mit dem sich auch der Leporello von Peter Kellner bestens anzufreunden wusste: stimmlich ein bisschen grob, tatkräftig im Bühnenwirken, passte er gut zu seinem „Herrn“, und spannte mit diesem die feste Achse, um die sich die Vorstellung drehte. Jusung Gabriel Park (für Ilja Kasakov eingesprungen) als gesanglich griffiger und spielfreudiger Masetto (von der Regie zu einigen Übertreibungen angehalten) und der ebenso mit einiger Wirkung das Finale bestreitende Komtur von Ante Jerkunica ergänzten mit guter Bühnenpräsenz. Der Tenor von Edgado Rocha klang im „Dalla sua pace“ etwas vorsichtig, im „Il mio tesoro“ überzeugender. Die Stimme entlockte Mozart wenig an Farben und der Gesamteindruck blieb dann insgesamt doch etwas blass. Meine „Zweitbegegnung“ mit Luise Alder (Donna Anna) und Emily d’Angelo (Donna Elvira) hat meine Zweifel bestärkt: Emily d’Angelo startete mit einem sehr unausgewogenen „Ah chi mi dice mai“ in den Abend, wobei sich die Stimme dann im Laufe der Vorstellung etwas konsolidierte. Ihr Mezzo klang herb und oft unstet. Luise Alder war im Gegensatz zu d’Angelo die bessere Schauspielerin, das „Don Ottavio, son morta!“ von tiefem Erkenntnischrecken durchdrungen wie ein traumatisches Erinnern. Aber sobald es dramatischer wurde, klang ihr Sopran etwas schmal und anstrengt, so als würde man aus ihm mehr machen wollen, als er eigentlich zu geben im Stande ist. Alma Neuhaus (anstelle von Isabel Signoret) war darstellerisch ein quirlige, sehr gut passende Zerlina, aber in den beiden Arien konnte ihr Sopran seinen Charme nicht so recht beweisen. Das
Orchester unter Philippe Jordan spielte
zügig, mit dem bekannten, etwas breiten, leicht angedunkelten Klang,
der bei Mozart die Emotionen doch eher einebnet. Die Ouvertüre tauchte
Mozart in das Licht eines „romantisierten“ Beethovens – und für die
Höllenfahrt fehlte es am entsprechenden Steigerungsmoment, weil ohnehin
den ganzen Abend recht „orchestral“ begleitet worden war. Der starke
Schlussapplaus lag bei knapp über fünf Minuten. Das Publikum war
offensichtlich zufrieden. |