DON GIOVANNI
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Staatsoper
30. April 2016


Dirigent:
Sascha Goetzel

Don Giovanni - Adam Plachetka
Komtur -
Ryan Speedo Green
Donna Anna -
Rachel Willis-Sorensen
Don Ottavio -
Maximilian Schmitt
Donna Elvira -
Olga Bezsmertna
Leporello -
Yongmin Park
Zerlina -
Aida Garufillina
Masetto -
Martin Walser


„Umtriebiger Don Giovanni

(Dominik Troger)

Unter die „Tenorgala“ im April (Kaufmann, Flórez, Beczala) hat die Staatsoper auch drei „Don Giovanni“-Vorstellungen gestreut. Die letzte Aufführung dieser Serie ist Gegenstand der nachfolgenden Betrachtung.

Die Besetzung dieser drei Vorstellungen setzte den „Haus-Giovanni“ Adam Plachetka in ein neues „Beziehungsdreieck“ mit den Hausdebütanten Rachel Willis-Sorensen (Donna Anna) und Maximilian Schmitt (Don Ottavio). Jongmin Park wurde vom Masetto zum Leporello „upgegradet“, Manual Walser gab das Rollendebüt als Masetto. Ryan Speedo Green und Olga Bezsmertna als Komtur bzw. Donna Elvira haben diese Partien bereits letzte Saison am Haus gesungen. Sascha Goetzel gab sein Staatsopern-„Don Giovanni“-Debüt.

Adam Plachetka hat 2011 als einspringender Don Giovanni an der Staatsoper sein Rollendebüt gegeben – und wenn es einmal der Wunsch der Staatsoperndirektion gewesen sein sollte, ein neues junges Mozartensemble aufzubauen, dann wäre Plachetka inzwischen als Eckpfeiler eines solchen anzusehen. Für den Don Giovanni hat sich der Sänger in den fünf Jahren ein klares, überzeugendes Rollenprofil angeeignet, das sehr gut mit dem Charakter seines Bassbaritons harmoniert.

Dieser Don Giovanni ist vor allem ein „Draufgänger“, ein gefährlicher, umtriebiger Mann. Insofern kommt ihm diese Produktion entgegen, wenn er sich vor der Höllenfahrt noch mit Serviermädchen herumbalgen darf oder Donna Elvira auf die Tafel hebt um zu ... naja, hier könnten auch Minderjährige mitlesen. Die Inszenierung von Jean-Louis Martinoty kann bekanntlich nicht zu den szenischen Highlights gerechnet werden. Plachetka vermag es aber, diese düstere Mozartbeschau sportlich durcheinander zu wirbeln und mit viel Leben zu erfüllen. Und ein Sänger, der vor dem „Fin ch’han dal vino“ kurz seinen gut gebauten, männlichen Oberkörper zeigt, kann ohnehin nichts falsch machen.

Dieses „Fin ch’han dal vino“ bildete ein Kernstück von Plachetkas „Don Giovanni“-Interpretation, hier konnte er bei guter Artikulation seine Stärken ausspielen, hier kam seine aufgeraute Stimme in beeindruckende Fahrt. Als lustvoll weibliche Willensschwäche evozierender Charmeur punktete dieser Don Giovanni hingegen weniger: Das wurde einem beim „Là ci darem la mano“ oder beim Ständchen vorgeführt, als das Raffinement des Verführers dem kernigen, in den gefühlvollen Passagen sich schon in etwas gröberen Stoff kleidenden Bassbariton Tribut zollen musste. Die Höllenfahrt wurde von Plachetka schließlich genussvoll ausgespielt: Wie er sich auf der langen Tafel krümmte und verbog ehe ihm diese zur Rutschbahn in die Hölle wurde, das war schon sehr expressiv.

Leporello wurde von Yongmin Park mit eindrucksvollem Bass verkörpert, der aber vielleicht etwas zu schwergewichtig für den Mozart’schen Esprit gebaut ist, denn Leporello hat das Potenzial für viele Zwischentöne. Den groben Witz der Inszenierung hat Yongmin Park trefflich verkörpert und zusammen mit Plachetka ergab das ein erfolgreiches „Bühnengespann“.

Viel Energie wusste auch die Donna Anna von Rachel Willis-Sorensen einzubringen, deren füllige Statur der Rolle zwar Gewicht verlieh, aber nicht unbedingt gesangliche Konsistenz. Vielleicht war das auch der stimmlichen Entwicklung der Sängerin zuzuschreiben, die inzwischen ins Wagnerfach drängt und offenbar etwas „gekünstelt“ versuchte, in der von der Mittellage mir schon zu deutlich abgesetzten Höhe die Stimme im „Mozartfach“ zu halten?

Der Don Ottavio von Maximilian Schmitt ließ einen die Staatsoper ausreichend füllenden lyrischen Tenor hören, eingangs sehr nasal klingend – das besserte sich im Laufe des Abends. Bis auf einen kleinen „Kratzer“ im „Dalla sua pace“ gelang alles ordentlich, etwas steif im Ausdruck. Gut möglich, dass der Sänger beim „deutschen Mozart“ besser aufgehoben ist.

Olga Bezsmertna sang eine tadellose, aber in der Bühnenwirkung etwas blass bleibende Donna Elvira. Grazil und hübsch gestaltete Aida Garufillina die Zerlina. Ihr leichter, glitzernder Sopran war mir persönlich für die herzerfrischende Natürlichkeit eines Bauernmädchens aber schon eine Spur zu „preziös“. Martin Walser entwickelte als Masetto wenig Gefährlichkeit – ebenso der Komtur von Ryan Speedo Green.

Sascha Götzel sorgte für einen „Don Giovanni“ in „romantisch-deutscher“ Spieltradition, mit Gespür für die dramatische Zuspitzung von Ensembles und Arien. Die Violinen wurden oft herausgehoben, wendig blitzten sie schon im Molto Allegro der Ouvertura als Don Giovannis „Alter Ego“ auf, um sich im Kampf mit dem Schicksal zu bewähren, das düster und schwerfälliger in den tieferen Streichern ruhte. Die Höllenfahrt gelang eindrucksvoll mit aufrauschendem Orchester, stilistisch schon weit ins 19. Jahrhundert schielend. So mancher lohnende Effekt blieb aber ungenützt und wurde zu wenig markant artikuliert, die Anlage zielte mehr auf den Gesamteindruck, weniger auf das Detail. Das Endergebnis war aber überzeugend und ab etwa Mitte des ersten Aktes auch mit zunehmender Spannung erfüllt.

Das sehr touristisch anmutende Publikum gönnte den Mitwirkenden einen rund fünf Minuten langen Schlussapplaus.