DON GIOVANNI
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Mozart-Portal

Wiener Staatsoper
25.5.2009

Dirigent: Constantinos Carydis

Don Giovanni - Ildebrando D'Arcangelo
Komtur - Eric Halfvarson
Donna Anna - Ricarda Merbeth
Don Ottavio - Michael Schade
Donna Elvira - Soile Isokoski
Leporello - René Pape
Zerlina - Michaela Selinger
Masetto - Boaz Daniel

„Festaufführung 140 Jahre Hof- bzw. Staatsoper“
(Dominik Troger)

Mit Mozarts „Don Juan“ wurde am 25. Mai 1869 das neue Wiener Hof-Operngebäude eröffnet. 140 Jahre später schaute „Don Juan“ als „Don Giovanni“ am nämlichen Orte vorbei. Den „Hof“ gibt es natürlich nicht mehr und auch am Gebäude hinterließ die bewegte Zeitgeschichte ihre Spuren – doch Genius Mozart füllte das Haus mit seinen zeitlosen Klängen – wie heute, so einst.

Zugegeben, 140 Jahre haben nicht die Strahlkraft eines 150-Jahre-Jubiläums oder eines runden „Hunderters“. Irgendwie spürte man das auch bei den Festtagsansprachen am Schluss der Aufführung, die auf offener Bühne und mit versammeltem Personal Staatsoperndirektor Holender und Unterrichtsministerin Claudia Schmied beisteuerten. Der Direktor konzentrierte sich dabei einmal mehr auf die Schattenseiten der 140jährigen Historie und die Rede der Ministerin würdigte und dankte – nicht allzu lange. Das Publikum reagierte insgesamt eher reserviert und spendete den Glückwünschen ein bisschen mehr als Pflichtapplaus. Es war eben doch ein 140er und kein 150er.

Die Aufführung selbst hinterließ einen homogenen Eindruck, mit durchwegs sehr guter Besetzung – wobei die Herren in Summe den gediegeneren Eindruck machten. Ildebrando D'Arcangelo sang wieder einen vorzüglichen Don Giovanni. Seine Stimme ist gerade schlank genug für Mozart, hat aber ein angenehm gesättigtes Timbre. Er befindet sich zudem im besten Don Giovanni-Alter, wo Jugend und Erfahrung Hand in Hand gehen und sich Erotik im Ausdruck mit glaubwürdigem Aussehen paart. Insofern hat er es gar nicht nötig als „Berserker“ aufzutreten – und tut aus auch nicht: Sein Don Giovanni ist ein Verführer, der zur Durchsetzung seines Willens zwar vor Gewalt nicht zurückschreckt, sich meist aber mit der Andeutung derselben zufrieden gibt. Der Komtur wird als gefährlicher Gegner freilich ohne viel Umstände gemeuchelt, Leporello weiß schon, warum er immer gleich pariert, sobald die Hand seines Herrn zum Degen fährt.

Rene Papés Leporello zeigte keine all zu scharfen Kanten. Prachtvoll gesungen, in den Nuancen vielleicht zu brav, teilte dieser Leporello die Lebenslust seines Herrn. Er entwickelte kaum jene unterschwellige Gefährlichkeit, die schon zu Beginn Leporellos Unzufriedenheit andeutet. Weil aber auch sein „Herr“ nicht daran dachte, den Charakter der Figur mit modernistischer Deutlichkeit auszuleben, passten die beiden sehr gut zusammen. Die berühmte Arie gestaltete er vorzüglich, mit einer spöttischen Sinnlichkeit, die sich an die Tatsachen haltend Donna Elvira den Spiegel ihrer Naivität vorhielt.

Michael Schade sang einen aktiven Don Ottavio, der wieder alle Kunststücke seines Mozartgesanges auspackte und mit einem mitreißenden „Il mio tesoro“ bewies, wie man dieser Figur Leben einhauchen kann. Ist die Stimme dem blassen Jüngling schon etwas entwachsen, schadet es nichts, wenn sie jetzt dem „Manne“ dient. Die Figur gewinnt dadurch mehr, als sie verliert. Boaz Daniel war gesanglich und darstellerisch ein idealer Masetto, kaum dass er das Feuer der Revolution in sich zurückhalten konnte – und seine Eifersucht sowieso nicht. Eric Halfvarsons Komtur hatte für ein packendes Finale Gewicht und Kraft genug.

Ricarda Merbeths Donna Anna wirkte impulsiver als noch vor zwei Jahren. Mit der dramatischer gewordenen Stimme hat sich der Ausdruck verstärkt, ohne dass allzu viel Mozart'sche Sinnlichkeit verloren gegangen wäre. Sie präsentiert diesen Charakter jetzt recht glaubhaft im Wechselbad der Gefühle. Allzu feinsinnig ausgestaltete Koloraturen und Höhen gehen allerdings auf Kosten des gewonnenen dramatischen Potentials. Soile Isokoski sang wieder eine ihrer mitgefühlten Donna Elviras, mit dem „Mi tradi qell’alma ingrata“ als eindeutigem Höhepunkt. Michaela Selinger gab eine reizende Zerlina – nicht so kokett, sondern mehr verliebtes, verträumtes Mädchen.

Das Staatsopernorchester hielt sich an das Jubiläum, vor allem die Streicher – ein Beispiel von vielen: die weich und graziös gespielte Einleitung zu Zerlinas Arie im zweiten Akt. Hier webte eine zarte empfindsame Klassik, während es zur Höllenfahrt dann richtig „romantisch“ wurde. Die Mischung war reizvoll, aber – wie in der Ouvertüre – manchmal ein wenig zu gegensätzlich. Da fehlte es dann doch am perfekt ausdifferenzierten Spiel. Constantinos Carydis am Pult sorgte zudem für ein erfrischendes Tempo, aber es brauchte einige Zeit, bis die Aufführung Profil gewann. Auffallend war, wie er die ersten Takte der Ouvertüre mit Bedeutungsschwere auflud, verhältnismäßig lange spielen ließ, mit diesem „Nachhallen“ in den Bässen. Das passte gut zur Wiener Spieltradition, auch wenn es auf Basis gängiger Interpretationspraxis etwas anachronistisch wirkte.

Der Beifall nach den Arien war eher knapp bemessen, am Schluss gab es starken Beifall und viele Bravorufe für fast alle Mitwirkenden.