DON GIOVANNI
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Wiener Staatsoper
14.1.2008

Dirigent: Lothar Koenigs

Don Giovanni - Ildebrando D'Arcangelo
Komtur - Goran Simic
Donna Anna - Tamar Iveri
Don Ottavio - Saimir Pirgu
Donna Elvira - Roxana Briban

Leporello - Maurizio Muraro
Zerlina - Alexandra Reinprecht
Masetto - Hans Peter Kammerer

„Vom Diener zum Herrn
(Dominik Troger)

Ildebrando D'Arcangelo als Don Giovanni? Das war eine interessante Option! Der „Edel-Leporello“ der letzten Jahre machte sich zum Herrn und meisterte den umtriebigen Bösewicht mit Bravour.

In der letzten Zeit hat die Staatsoper mit „Einspringern“ Glück – nach der Absage von Erwin Schrott kam Ildebrando D'Arcangelo zu seinem Don Giovanni-Debüt. Und D'Arcangelo, ein Leporello der Extraklasse, ist offenbar drauf dran, sich auch als Don Giovanni zu profilieren: Er sang bis zum Finale mit lockerer, nobler und – wenn es darauf ankam – energiegeladener Stimme, lieferte mit dem „Fin ch’han dal vino“ schon ein erstes Gustostück an sängerischer Kontrolle und jugendlichschäumendem Überschwang und wurde im Finale sogar ein wenig heroisch, wobei er sich bis zum „bitteren“ Ende eine geschmackvolle Laszivität bewahrte.

Er betonte dabei nicht den brutalen Bösewicht, sondern zielte deutlich auf einen lebenslustigen, aber sensiblen Verführer ab, der sich die Liebesbedürftigkeit seiner Opfer zu Nutze macht. Seine schlanke Bühnenerscheinung und sein Hang zum papagallohaften Flirten verstärkten diesen Eindruck – Zerlina wird mit zärtlicher, fast schüchtern zu nennender Hinterlist umgarnt. Am Schluss gab es für ihn viel Applaus: ein gelungenes Rollendebüt!

Maurizio Muraros Leporello hinterließ hingegen einen etwas verschlissenen Eindruck und sein buffonesker Bühnenwitz wirkte abgemagert. Möglicherweise hatte er schon unter Don Giovannis Vater gedient und stand kurz vor der Pensionierung. Wenn das beabsichtigt gewesen sein sollte, dann war es gut getroffen, die Bühnenwirksamkeit der Figur hat es aber nur bedingt gefördert.

Saimir Pirgu hat seinen schlanken Tenor bestens herausgestellt. Im „Dalla sua pace“ überzeugte der Gestaltungswille, beispielsweise mit einem in der ersten Wiederholung der Anfangsphrase langsam sich steigernden Crescendo und vielen, fast schon ein wenig manieristisch anmutenden „Pianoseufzern“. Das „Il mio tesoro“, das er „geradliniger" anlegte, erwies sich als Musterbeispiel lupenreinen Mozartsgesangs. Auch sein Timbre hat sich sehr gut entwickelt: es gab dem Don Ottavio eine leicht strahlende Tönung und verhinderte jene Blässe, der diese Bühnenfigur so leicht „anheimfällt“.

Goran Simic war ein zweckmäßiger Komtur. Hans Peter Kammerer hat bei seinem Masetto-Debüt mehr den rüpelhaften Bauern herausgestrichen (in Spiel und Gesang), aber Alexandra Reinprecht ging die Zerlina diesmal bestens von der Kehle, bis auf ein paar zu flüchtige Koloraturen. Mit feinfühligem Witz und Gesang wickelte sie ihren Masetto um den kleinen Finger und mit erweckter Sinnlichkeit stimmte sie Don Giovanni bei: „Andiam!"

Reinprecht erhielt beim Solovorhang starken Applaus, und sie überflügelte hier Donna Anna und Donna Elvira deutlich. Weder Roxana Briban noch Tamar Iveri (Rollendebüt) boten ein ähnlich durchgehend überzeugende Leistung. Roxana Briban sang mir mit zu viel Kraft, was vor allem die Höhen aus der Fasson brachte und den Feinheiten der Partie nicht gerecht wurde. Positiv zu vermerken ist, dass sie versuchte, der Figur deutliche Konturen zu geben und die Rezitative auszugestalten. Tamar Iveri hatte vor allem mit den Koloraturen im „Non mi dir“ zu kämpfen und produzierte dort ein paar unschöne Töne. Ihr Timbre ist für Mozart und für die Donna Anna wohl Geschmackssache, es besitzt nach meinem Dafürhalten eine leichte kühle Schärfe, die in der Höhe stärker zum Tragen kommt und dem Mitgefühl des Publikums engere Grenzen setzt. Die emotionale Beteiligung am Geschehen steigerte sich erst mit fortlaufendem Abend.

Lothar Koenigs begann mit einer für heutige Verhältnisse ungewohnt breit gehaltenen Ouvertüre, die nicht recht in Schwung kommen wollte. Auffallend war das eher dunkel gehaltene, etwas verschwommene Klangbild, das an alte Aufnahmen erinnerte, und den Wunsch nach mehr Detailarbeit erweckte. Die ersten Szenen wirkten noch sehr uninspiriert, das besserte sich ab Mitte des ersten Aktes.