DON GIOVANNI
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Wiener
Staatsoper Dirigent: Peter
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Don Giovanni - Bryn Terfel |
„Tiefdruckwetter“ Manchmal tut es richtig wohl, alles auf das Wetter zu schieben. Ein Tiefdruckgebiet mit Schneefall war angekündigt. Sensible Menschen können schon darunter leiden. Zur Pause gab es eigentlich nur enttäuschte Gesichter und die Hoffnung auf ein etwas ansprechenderes Fortkommen im zweiten Akt. Trotzdem lag über dem Abend noch ein zweites Tief: nämlich die Inkompatibilität zwischen Bryn Terfel und den historischen Kostümen dieser entbehrlichen Inszenierung von Roberto de Simone, die einem ausgewachsenen Rugbyspieler nicht auf den Leib geschneidert sind – und dazu noch diese rothaarige Lockenfrisur (17. Jahrhundert?). Blasiert und ein wenig geckenhaft, da fällt es einem schwer, an „Don Juan“ zu glauben, noch dazu wo Terfel mit trockener Nüchterheit in Stimme und Spiel an die Sache heranging. Nach der Pause trug er dann schwarzes Hemd und Hose als Einheitskleidung, immerhin das hatte die kostümierte Zeitreise durch ein paar Jahrhunderte möglich gemacht. Terfels Timbre ist in Sachen Mozart in den letzen Jahren „ausgenüchtert“, es stützt keine kavaliersgemäße Pose mehr, keine erotische Phrasierung oder intimes Farbenspiel – und Tervel zieht daraus die Konsequenz. Don Juan wird auf eine maschinell wirkende Triebhaftigkeit reduziert. Die Verführung wird zur eingelernten Verhaltensweise technischer Natur. Am Schluss gibt es noch einmal ein Aufbäumen, dann entdeckt man etwas vom Don Juan’schen Heldenmut, aber es ist ein Abschied für immer. Terfel wird Mozart an den Nagel hängen und sich in Hinkunft Wagner widmen: Wotan heißt sein neuer Gott. Eine nachvollziehbare und konsequente Entwicklung dieses außergewöhnlichen Sängers. Gegen die lähmende Trägheit des Orchesterapparates war im ersten Akt offenbar kein Kraut gewachsen. Im zweiten Aufzug gab es eine marginale Beschleunigung, die Schwerfälligkeit lastete nicht mehr so erstickend auf dem Bühnentreiben. Den Bemühungen der Sänger, etwa von Erwin Schrott (Rollendebüt Leporello), dem ganzen mehr Leben einzuhauchen, war insgesamt wenig Erfolg beschieden – auch wenn das zu Ende schnurren und miauen(?) der Registerarie sich sehr seltsam und pikant in der Weite des Raumes verlor. Schrott bot eine gute sängerischer Performance, aber sein eher trockener Witz wollte nicht so recht auf das Publikum überspringen. Donna Elvira, Cellia Costea (Rollendebüt, eingesprungen für Dorothea Röschmann), klang in der ersten Tönen recht imposant, doch bald wurde es mir zu dramatisch und ungeschliffen. Ricarda Merbeth hat als Donna Anna an dramatischem Potential gewonnen, aber sie bleibt trotzdem eine zurückgezogen wirkende, gut behütete Tochter, was der Rolle für meinen Geschmack zu viel Substanz kostet. Spannend wurde die Begegnung mit Matthew Polenzani (ebenfalls Rollendebüt), der mit fein nasal unterspieltem, métallisé überhauchtem Timbre den Don Ottavio zu einem noch stark jugendlich wirkenden, aber schon stattlich-noblen Edelmann erhob. Polenzani sang die beiden Arien differenziert, verfügte über klagloses Piano und erreichte eine überzeugende Verschmelzung von Standhaftigkeit und Gefühl. Alexandra Reinprecht (Zerlina) will mir in dieser Rolle immer noch nicht behagen; Masetto (In-Sung-Sim) und Komtur (Ain Anger) kamen den Anforderungen nach. Der Applaus am Schluss war ganz ordentlich. |