COSI FAN TUTTE

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Kammeroper
15. Mai 2018
Premiere


Musikalische Leitung: Stefan Vladar
Inszenierung: Valentin Schwarz
Ausstattung & Video: Andrea Cozzi
Licht: Tanja Liebermann

Fiordiligi - Sumi Hwang
Dorabella - Anna Marshania
Guglielmo - Matteo Loi
Ferrando -
Julian Henao Gonzalez
Despina - Carolina Lippo
Don Alfonso - Florian Köfler


„Cosi fan tutte als Opernprobe, die zweite“
(Dominik Troger)

Zum Abschluss der Saison lädt das Junge Ensemble des Theaters an der Wien in der Kammeroper zu „Cosi fan tutte“. Die Produktion läuft bis Mitte Juni. Der Premierenabend begann mit viel Humor, hatte aber auch seine Längen.

Die Inszenierung von Valentin Schwarz geht von einer Probensituation aus. Eine Operntruppe spielt „Cosi fan tutte“. Don Alfonso ist abhanden gekommen, der Regisseur springt ein. Despina ist die Regieassistentin. Die Konflikte der Bühnenfiguren betreffen die privaten Gefühle der Ausführenden. Mozarts und da Pontes Vorlage spiegelt die persönlichen Beziehungskisten innerhalb des Opernensembles.

Diese Idee ist nicht neu – und man hat an der Volksoper seit drei Jahren eine „Cosi“ mit einem ähnlichen Regiekonzept im Repertoire. (Auch dort ist Despina die Regieassistentin.) Der Weg, den Schwarz gewählt hat, unterscheidet sich deutlich von dem Weg, den Regisseur Bruno Klimek an der Volksoper gegangen ist. Während die Inszenierung an der Volksoper sich optisch zunehmend „abstrahiert“, bis in einem praktisch leeren Raum nur noch die Gefühle der Protagonisten zum Ausdruck kommen, gibt Schwarz im zweiten Teil die Probensituation ganz auf und verlegt die Handlung in die Privatheit eines Penthouses mit Dachterrasse. Dort geht es nicht mehr um die Opernfiguren, sondern nur mehr um die Ausführenden, die sich in einem Rollenspiel befinden, das sich von da Ponte die Worte und von Mozart die Musik leiht.

Der Abend in der Kammeroper beginnt mit einem flotten Video, in dem gezeigt wird, warum der Regisseur als Don Alfonso einspringen muss. (Das Video lenkte allerdings stark von der Ouvertüre ab.) Und in der ersten Szene spielte Don Alfonso mit Reclamheftchen in der Hand die köstliche Selbstironie eines Regisseurs. Bis zur Pause ist eine Probe angesagt und ein roter Bühnenvorhang das bestimmende dekorative Element. Der Schwung vom Beginn hält bis zum vermeintlichen Abschied der beiden Freunde von ihren Geliebten an. Das Schiff wird durch den halb herabgelassenen roten Bühnenvorhang „simuliert“, über den die beiden Soldaten in das Fahrzeug steigen. Schwarz gelingt es, mit dem Bühnenpersonal die praktisch leere Bühne gut auszulasten – die üppigen Kostüme der beiden Damen, die Herren mit Degen, das bietet auch optisch einiges an „Füllmaterial“. Danach ist ein starker Spannungsabfall zu verzeichnen. Es scheint, als habe sich die Idee erschöpft.

Wenn Ferrando und Guglielmo als „Fremde“ erscheinen, tragen sie heutige Kleidung. Sie soll das Publikum wahrscheinlich darauf hinweisen, dass die Handlung immer stärker die Sänger selbst und nicht mehr die Bühnenfiguren betrifft. Ferrando macht dann keinen vorgetäuschten, sondern einen echten (!!) Selbstmordversuch, der durch ein Video, das einen Rettungseinsatz in der Kammeroper zeigt, noch dramatisch ausgemalt wird. Diesen plötzlichen Stimmungsumschwung von der Parodie zum „blutigen Ernst“ versteht nur, wer die Inhaltsangabe im Programmheft gelesen hat. Ansonsten ist man von dem sich auf der Bühne abquälenden Ferrando vor allem irritiert und denkt sich: „So ein Aufschneider.“

Der Wechsel von der Theaterprobe auf die Dachterrasse erfolgte in der Pause bei offener Bühne, und er verändert den Charakter des Abends stark. (Wer nicht das Foyer aufsucht, kann den Bühnenarbeitern beim Aufbau des neuen Bühnenbildes zuschauen.) Das Publikum darf jetzt die Gefühlsverwirrung der Protagonisten hautnah erleben, das Rollenspiel auf Basis der Oper „Cosi fan tutte“ hat begonnen. Schwarz bringt zwar eine gute Personenführung ein, aktiviert gegen Schluss noch einmal den „Schmäh“ mit den Reclamheftchen, der hintergründige Witz der Vorlage hat sich aber weitgehend verflüchtigt.

Musikalisch blieben einige Wünsche offen (der Chor war übrigens gestrichen worden): immer wieder zu große Lautstärke für den kleinen Saal, wenig Schwung und Präzisionsmängel in den Ensembles, kein gespannter „Bogen", das Orchester unter Stefan Vladar für meinen Geschmack mit zu wenig Esprit und zu grobschlächtig unterwegs.

Sumi Hwang war für Anna Gillingham als Fiordiligi eingesprungen. Hwang ist seit einigen Jahren im Ensemble der Oper Bonn, man hat am Fleischmarkt also auf professionellen Ersatz zurückgegriffen. (Trotzdem hätte jemand Hwang sagen sollen, dass sie die Kammeroper mit ihrem Sopran locker ausfüllt, damit sie ihre Stimme in der Lautstärke etwas besser reguliert.) Hwangs Sopran „marschiert“ wohl schon Richtung Puccini, sie hat in Bonn bereits die Mimi gesungen, und die Liu steht vor der Tür. Ihr Sopran wurde straff geführt, zeigte sich beweglich, vom Timbre klar, mit einer leichten, zur „Übersteuerung“ tendierenden metallischen Einfärbung, im Gesamteindruck und bezogen auf Mozart aber mehr effizient als charmant unterwegs.

Anna Marashnia als Dorabella hinterließ zwar den gewitzteren Gesamteindruck, aber auch ihre Stimme, in den Höhen mit zuviel Druck und zu raumfüllend disponiert, enthielt für meinen Geschmack zu viel Metall und eine Spur zu wenig Sinnlichkeit. Julian Henao Gonzalez‘ Tenor, zu feingesponnener Lyrik fähig, bewegte sich beim „Un aura amorosa“ allerdings wie ein Kletterer in einer Steilwand, dem man zu deutlich anmerkte, welche Überhänge er dabei überwinden muss. Matteo Loi führte seinen lyrischen Bariton ins Treffen, der an diesem Abend allerdings etwas im Hintergrund blieb. Florian Köfler war ein recht zahmer, zu junger, Zynismen eher abholder Don Alfonso. Die Despina der Carolina Lippo hätte ihn „im Handumdrehen“ verführt. Lippo machte Despina zum Zentrum des Abends, nur ein paar zu enge Spitzentöne störten den positiven Gesamteindruck.

Das Premierenpublikum war, so schien es, zufrieden.