COSI FAN TUTTE

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Theater an der Wien
15. Mai 2015
Premiere


Musikalische Leitung: Julia Jones
Inszenierung: Bruno Klimek
Bühne: Hermann Feuchter
Kostüme: Tanja Liebermann

Fiordiligi - Caroline Wenborne
Dorabella - Dshamilja Kaiser
Guglielmo - Josef Wagner
Ferrando - Jörg Schneider
Despina - Rebecca Nelsen
Don Alfonso - Mathias Hausmann


„Cosi fan tutte als Opernprobe“
(Dominik Troger)

In der Volksoper stand seit dem Jahr 2000 „Cosi fan tutte“ nicht mehr auf dem Spielplan. Jetzt wurde das Werk neu inszeniert. Gesungen wird in deutscher Sprache. Das Publikum war mit dem Gebotenen offenbar zufrieden und spendete starken Schlussapplaus.

Regisseur Bruno Klimek lässt diese „Cosi“ als Bühnenprobe spielen. Während der Ouvertüre geht schon der Vorhang hoch und man sieht „Regisseur“ Don Alfonso, der dem Ensemble ein kleines Modell des Bühnenbildes präsentiert. Ein „Vulkanausbruch“ beendet diese Präsentation effektvoll. Die Damen bleiben gleich auf der Bühne, turteln mit ihren Liebsten, der Regisseur Don Alfonso fädelt die Wette ein. Ein langer Tisch, ein paar Sessel und Klavierauszüge mit blauem Einband bestimmen die Szene. Bald rollt eine fahrbare Garderobe herein, und die Damen werden umständlich in Kostüme gepackt. Regieassistentin Despina zerspragelt sich zwischen Kaffeemachen und dem Heranschleppen von Schuhschachteln. Aber die Schuhe drücken Dorabella und sie zieht sie wieder aus. Despina macht Notizen, der Regisseur Don Alfonso erklärt dem Chor, wo er sich aufstellen soll, man rückt und zupft die Kostüme zurecht. Immer wieder stecken die Sängerinnen und Sänger ihre Nasen in die Noten und geben vor, ihre Rollen noch nicht perfekt zu beherrschen.

Nur langsam und nach zu vielen Pointen, die nichts mit Mozarts „Cosi fan tutte“ zu tun haben, löst sich bis zur Pause die Probensituation einigermaßen auf. Bei Fiordiligis „Wie der Felsen, der ohne Schwanken“ wird erstmals so richtig auf „Oper“ gemacht und die (selbst-)ironisch geschilderte Probensituation gerät aus den Fugen. Doch erst nach der Pause haben alle Mitwirkenden ihre Rollen offenbar so gut gelernt, dass sie auf die Noten verzichten können. Jetzt erst gewinnt diese Inszenierung an Atmosphäre. Die Rokokokostüme (bei Dorabella und Fiordiligi zuerst weiß, dann schwarz, zur „Hochzeit“ wieder weiß) kommen besser zur Geltung, weil nach und nach endlich auch diese Probenraummöblage verschwindet. Schließlich ist die Bühne ganz leer, weiße Seitenwände und ein schwarzer Hintergrund ergeben einen nüchternen, aber nicht ohne Geschmack designten Experimentierkasten, den in der finalen Verwirrung noch ein großer „Vulkan“ ergänzt: ein schwarzer Kulissenberg mit orangen Glutnestern.

Aber bis es so weit ist, muss das Publikum eine langatmige, nervende Anlaufzeit in Kauf nehmen. Durch die Darstellung der Probensituation wird der Fluss der Handlung immer wieder unterbrochen und Mozarts „Cosi“ auf fatale Weise ausgebremst. Regisseur Bruno Klimek führt in einem Interview, das im Programmheft nachgelesen werden kann, ein paar Gründe für seine Vorgehensweise an. So meint er etwa, in der „Cosi“ gäbe es das Problem, dass verschiedene Vorgänge „plausibel“ gemacht werden müssten, und deshalb habe er sich für diese Probensituation als Ausgangspunkt entschieden – ein schwaches Argument angesichts der Plausibilitätsschwächen bei gefühlten 90 Prozent der Opernlibretti.

Auch musikalisch blieb an diesem Abend viel „Luft nach oben“. Julia Jones ließ der „Cosi“ eine recht „herbe“ Handschrift angedeihen, wobei vor der Pause die zweifelhafte Regieidee das Ausbilden von Spannungsbögen praktisch verhindert hat. Nach der Pause gewann der Abend deutlich. Mathias Hausmann war ein junger Don Alfonso, der agil und kompetent die Fäden zog. Während sich Josef Wagner als Guglielmo wohlgefällig Mozarts sehnsüchtigen Arien hingab. Die beiden Herren waren einschließlich des Chores das Überzeugendste, was die Volksoper an diesem Abend aufzubieten hatte. Jörg Schneider erwischte keinen guten Tag, musste bei den feinsinnigen Amouren des Ferrando teils mit zu viel Kraft arbeiten – und der „Odem der Liebe“ kratzte ihn eine Phrase lang im Hals, aber es wurde glücklicher Weise keine Indisposition daraus.

Caroline Wenborne war als Fiordiligi eine „Leihgabe“ der Staatsoper an die Volksoper. Ihr vibratoreicher Sopran sorgte für „reschen“ Mozartgesang – und Dshamilja Kaiser gab eine zu solide, dem Charakter nach gut zu ihrer Bühnenschwester passende Dorabella. Rebecca Nelsen sang eine gewitzte Despina, schauspielerisch stark, stimmlich zu zart und in der Tiefe mit wenig Nachdruck. Der deutsche Text ist natürlich prinzipiell etwas gewöhnungsbedürftig, aber man hätte hier viel mehr an Ausdrucksmöglichkeiten und Humor herausholen können. Dem Schlussjubel nach war es trotz „Probe“ eine gelungene Premiere.

Fazit: Wer beispielsweise letzte Saison Nikolaus Harnoncourts semikonzertante „Cosi“-Version und/oder das Gastspiel von Michael Hanekes Brüsseler „Cosi“-Inszenierung im Rahmen der Wiener Festwochen gesehen hat, dem wird der künstlerische Anspruch dieser neuen Volksopern-Produktion schwerlich genügen.