L'ORFEO
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Musikverein
2.3.2017
Semikonzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Paul Agnew Inszenierung:Paul Agnew
Bühne, Licht: Christophe Naillet
Kostüme: Alain Blanchot

Les Arts Florissants

Orfeo - Cyril Auvity
Euridice, Musica - Hannah Morrison
Messageria, Speranza - Lea Desandre
Ninfa, Proserpina - Miriam Allen
Apollo, Eco - Paul Agnew
Caronte, Spirito
, Pastore - Cyril Costanzo
Plutone, Spirito - Antonio Abete
Pastore, Spirito - Carlo Vistole
Pastore, Spirito, Zachary Wilder
Pastore - Sean Clayton


Orpheus im Retro-Look
(Dominik Troger)

Claudio Monteverdis „L’Orfeo“ führt das Publikum zurück zu den Ursprüngen der Oper. Paul Agnew und das Ensemble Les Arts Florissants haben für ihre Produktion einen Zugang zu dem Werk gesucht, der von der Uraufführungssituation in Mantua 1607 ausgeht. Das Ergebnis wurde jetzt im Wiener Musikverein in einer semikonzertanten Aufführung präsentiert.

Kostüme, die Bildern aus dem 17. Jahrhundert nachempfunden wurden, ein mit Blumen geschmückter Steinkreis auf dem Podium des Musikvereins, der dem Sonnengott Apollo huldigt, die Instrumentalisten im Kostüm in das Spiel miteinbezogen, eine Gestik, die statisch und deklamatorisch den Text unterstreicht – so näherte sich die historisch informierte Aufführungspraxis des Ensembles musikalisch und szenisch (!) Monteverdis „L’Orfeo“.

Der erste Eindruck war befremdlich, die Fröhlichkeit der Hirten hatte etwas von der leicht kitschigen Fröhlichkeit an sich, die Krippenfiguren verbreiten. Aber allerspätestens nach der Pause, wenn die Musikanten hinter schwarzen Mänteln und Kapuzen verschwanden, um als Geister des Totenreichs Düsternis zu verbreiten, verzauberte der Abend mit seiner ursprünglichen, ganz der erzählten Geschichte hingegebenen Einfachheit.

Gespielt wurde in einer kleinen Besetzung, Paul Agnew hatte nicht nur das szenische Konzept erstellt, sondern fungierte auch als musikalischer Leiter – ein Amt, dass er aber nicht ausübte. Die Musiker verteilten sich auf der Bühne, waren zum Teil auch als Darsteller in das Geschehen mit einbezogen. Paul Agnew hielt sich im Hintergrund und steuerte im fünften Akt dann selbst, in eine Art weiße Toga gewandet, das Echo und Apollo bei. Der Gesamteindruck war sehr lebendig, klanglich ausbalanciert, und überzeugte durch die unmittelbare, auf die Handlung abgestellte Emotionalität. Besonders reizvoll gestalteten sich die Bläser, etwa um Zinken in der Unterweltsmusik angereichert, mit archaischem Klang.

Und wie wenig braucht es eigentlich, um großartigen Effekt zu machen: Etwa wenn die Botin im zweiten Akt die Todesnachricht überbringt und ihre Stimme bis an die Grenze der Hörbarkeitsschwelle absinkt: „La tua diletta sposa è morta“ – und Orfeo mit einem erschütternden Seufzer darauf antwortet (wobei die vom Publikum verursachten Hintergrundgeräusche den Effekt leider ein wenig überdeckt haben). Oder wenn die Musiker im von rotem Licht erhellten Totenreich als Geister mit den Füßen auf den Boden des Podiums stampfen und einen bedrohlichen Klang hervorrufen, der wie das Grollen eines Erdbebens den Saal durchhallt.

Cyrill Auvity sang den Orfeo mit seinem hohen, klaren Tenor, jede Phrase ausgefeilt, sensibel in der Dynamik, ein Gesamtkunstwerk an Gesang, Ausdruck und Gestik. Er brachte im Laufe des Abends die ganze menschliche Gefühlsskala auf das Musikvereinspodium, um dann in einem verbitterten Sarkasmus zu enden, ehe sich Apollo seiner erbarmt. Ihm zur Seite stand nicht nur Paul Agnew als Apoll, der mit seinem ebenso klaren Tenor im Finale mit Orfeo zu einer würdigen musikalischen Himmelfahrt verschmolz. Die junge Mezzosopranistin Lea Desandre sang eine mädchenhaft-berührende Botin. Der Euridice lieh Hannah Morrison einen keuschen lyrischen Sopran, Miriam Allan war eine bezirzende Proserpina und die beiden Unterweltsbewohner Caronte und Plutone wurden von einem etwas grimmigen Cyril Costanzo und einem profunden Antonio Abete beigesteuert.

Das Publikum spendete minutenlangen Applaus, für Cyrill Auvity gab es viele Bravorufe.