MANON |
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Wiener
Staatsoper Dirigent: Frédéric
Chaslin |
Manon
- Diana Damrau Chevalier Des Grieux - Ramón Vargas Graf Des Grieux - Dan Paul Dumitrescu Lescaut - Boaz Daniel G. de Morfontaine - Thomas Ebenstein Brétigny - Mihail Dogotari Poussette - Hila Fahima Javotte - Ulrike Helzel Rosette - Miriam Albano Dienerin - Wilma Maller Pförtner - Hacik Bayvertian Zwei Gardisten - Dritan Luca, Hiro Ijichi |
Das traurige Schicksal von Manon steht wieder auf dem Spielplan der Wiener Staatsoper. Das Liebespaar verkörperten Diana Damrau und Ramón Vargas. Die beiden hatten bereits im Jänner 2010 eine „Manon”-Serie im Haus am Ring gestaltet. Diana Damrau ist aktuell eine der besten Singschauspielerinnen auf den Opernbühnen der Welt. Sie hat auch für die Manon einen bis in kleine Details durchdesignten Rollencharakter entwickelt. Aber die Sängerin neigte für meinen Geschmack dazu, das darstellerische Moment zu stark in den Vordergrund zu rücken. Es war vor allem die junge Manon, deren kindlich-halbunschuldiges Treiben Damrau überbetonte – bis hin zum gestisch überzelebrierten „Abschied vom kleinen Tischlein“ oder einem aufmüpfigen Matratzenhüpfen, mit dem das Mansardenbett einer eingehenden materialtechnischen Prüfung unterzogen wurde. Manon bot vor der Pause sehr viel an physikalischer Bewegungsenergie – aber sollte sie nicht vor allem mit erotischem Esprit glänzen? Zudem passte ihr im Timbre schon etwas „sehnig“ gewordener Sopran für meinen Geschmack nicht mehr so recht zu diesem jugendlichen Übermut und es blieb vor allem Damraus exquisiten Piani vorbehalten, die champagner-perlende Raffinesse von Manons französischem Charakter heraufzubeschwören, während ihre Spitzentöne angespannt klangen. Deshalb tanzte die Gavotte ein bisschen zu rüstig, aber nicht wirklich „schwerelos becircend“ von der Bühne ins Publikum. Aber je unerbittlicher sich das Schicksal an Manons Fersen heftete, umso glaubwürdiger agierten Spiel und Stimmcharisma in Personalunion: bei der Manon’schen Verführungsgier im Kloster, beim lüsternen Räkeln im silbernen Outfit auf der Theke des transsylvanischen Hotels – und natürlich im Finale, in dem die Sängerin Manon gar nicht süßlich, sondern mit existentiellem Notstand in die Ewigkeit schickte. Ramón Vargas hat schon 2010 bewiesen, dass er die naiv-verliebte Unbekümmertheit des Des Grieux mit einer zärtlichen Unbedarftheit zu vermitteln vermag, die kein großes darstellerisches Raffinement benötigt, um für das Publikum stimmig zu sein. Gesanglich war ihm an diesem Abend aber der jugendliche Enthusiasmus dieses unentwegten Frischverliebten etwas abhanden gekommen: Sein Tenor klang müde und nicht wirklich durchsetzungsstark, man schien seine Vorsicht zu spüren. Die Spitzentöne wurden mit viel Krafteinsatz geboren, ohne deshalb kräftig zu wirken. Aber Damrau lockte ihn nach der Pause zunehmend aus der Reserve, und das Finale gelang ihm sehr berührend. Boaz Daniel sang einen mehr robusten als stilvollen Lescaut, Thomas Ebenstein platzierte den Guillot de Morfontaine mit seinem markanten Organ zwischen Amüsement und Bösartigkeit. Dan Paul Dumitrescu lieh dem Vater des naiv liebhabenden Grafensohnes passende Noblesse. Die „drei Grazien” sorgten regiebedingt für erotischen Körpereinsatz, und der Chor im Orchestergraben ist eigentlich ein regiebedingtes Unding. Aber immerhin hat es diese Inszenierung laut Programmzettel bereits auf 37. Aufführungen gebracht. Frédéric
Chaslin am Pult servierte mit dem Orchester eine über weite
Strecken zu lieblos „heruntergeklopfte“ Begleitung, mit wenig
musikalischer Feinfühligkeit und Anmut. Fazit: Nur knapp sechs Minuten
langer Schlussapplaus, obwohl sich viel Stammpublikum im Haus eingefunden
hatte. |