MANON

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Wiener Staatsoper
17.5.2011

Dirigent: Jesús López-Cobos

Manon - Norah Amsellem
Chevalier Des Grieux - Roberto Alagna
Graf Des Grieux - Dan Paul Dumitrescu
Lescaut - Tae Joong Yang
G. de Morfontaine - Michael Roider
Brétigny - Clemens Unterreiner
Poussette - Lydia Rathkolb
Javotte -
Caroline Wenborne
Rosette - Zoryana Kushpler
Dienerin -
Elisabeth van der Vloedt
Pförtner - Jacek Krzyszkowski
Zwei Gardisten - Jeong-Ho Kim, Michael Wilder


„Ecken und Kanten“
(Dominik Troger)

Nicht jeder Abend an der Wiener Staatsoper muss gleich musikalischen Hochgenuss bedeuten – und deshalb wird die 25. Aufführung der aktuellen „Manon“-Produktion nicht als „Highlight“ in die Annalen der Staatsoper eingehen.

Eine Aufführung der „Manon“ steht und fällt mit der Titelfigur. Norah Amsellem hat 2008 diese Partie zum ersten Mal in Wien gesungen. Die damals von mir diagnostizierten „kühlen Kanten“ ihres Timbres, die „etwas beengten“ Koloraturen und Spitzentöne, zeigten sich an diesem Abend leider deutlich ausgeprägter, was nicht nur den Genuss der „Gavotte“ stark beeinträchtigte. Als Zuseher sucht man bei Manon eine liebenswerte Verruchtheit, die zärtlich beschützt werden möchte (irgendeinen Grund für das absonderliche Verhalten von Des Grieux muss es ja geben ;-) Amsellem verfügt über eine imposante lockige Haarpracht, der man sicher verfallen kann, aber ob das für ein glaubhaftes Rollenportrait genügt?

Roberto Alagna ist als kuscheliger „Sunnyboy“ beim Des Grieux bestens aufgehoben. Doch anders als bei seinem „Faust“ vor einem Monat hat mich sein Tenor an diesem Abend weniger überzeugt. Solange er seine Stimme mittellagenfreundlich und mit nicht zuviel Krafteinsatz ökonomisch „positionieren“ konnte, war die Sängerwelt noch in Ordnung, aber wenn das nicht mehr ausreichte, wie in St. Sulpice, dann verfiel er in Kraftmeierei. Die schauspielerische Zärtlichkeit, mit der er sich um Manon kümmerte, war optisch wirkungsvoll – und es gab trotz der gemachten Einwände immer wieder Momente, wo er die Partie „auf den Punkt“ brachte: etwa in der Szene im vierten Akt, wenn Guillot Des Grieux des Falschspiels bezichtigt und dieser sich in seiner Ehre gekränkt fühlt.

Dieser Guillot – von Michael Roider verkörpert – wurde als neurotischer Charakter greifbar und nicht einfach nur als eine Nebenrolle. Clemens Unterreiner bot wieder einen überzeugenden Brétigny, ebenso gestaltete Dan Paul Dumitrescu den väterlichen Grafen. Tae Joong Yang brachte in der für ihn neuen Partie des Lescaut die Brutalität des Burschen – ganz im Sinne der Inszenierung – gut heraus. Sein Bariton klang aber gerade für eine französische Oper zu einförmig. Die „drei Damen“ – Lydia Rathkolb (Poussette), Caroline Wenborne (Javotte) und Zoryana Kushpler (Rosette) – rundeten passend das Ensemble ab.

Im Orchestergraben ließ Jesus López-Cobos zu knallig und undifferenziert „aufspielen“. Dass die Bühnenmusik am Beginn des dritten Aktes zu spät einsetzte und die Szene sekundenlang erstarrte, passte ins Bild dieser insgesamt eher unbefriedigenden Aufführung.

Beim Einzelvorhang wurde Norah Amsellem von der Proszeniumloge aus mit einem Dutzend Rosen „überschüttet“. Das war ein enthusiastischer Moment, zwei Rosen warf sie über den Orchestergraben in das applaudierende Publikum. Doch der Applaus war nach vier Minuten schon wieder vorbei.

Das Publikum war während der Vorstellung unruhig, der Stehplatz schlecht besucht.