CENDRILLON |
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Wiener Konzerthaus
Chor und Orchester: Les Musiciens du Louvre |
Cendrillon - Judith
Gauthier |
„Märchenstunden
mit Jules Massenet“ Im Konzerthaus schaute am Samstagabend das „Aschenbrödel“ in der Version von Jules Massenet vorbei. Es machte dabei eine hübsche Figur und offenbarte eine gefühlvolle Seele. „Cendrillon“ wurde 1899 uraufgeführt. Aufführungen im deutschsprachigen Raum zählen zu den Raritäten. Die konzertante Aufführung im Konzerthaus wurde in Kooperation mit der Pariser Opéra Comique ermöglicht. Die Les Musiciens du Louvre stellten das Orchester und den Chor. Das Stück basiert auf dem gleichnamigen Märchen von Charles Perrault – und man darf „Cendrillon“ getrost als Märchenoper bezeichnen, sozusagen ein französisches „Hänsel und Gretel“. Das Werk schreit auch förmlich nach einer entsprechenden Ausstattung, nach schönen, aber auch grotesken Kostümen, nach einem prunkvollen Ballsaal, nach einer kitschigen Feenlandschaft – Dinge, die man sich bei einer konzertanten Aufführung dazu denken muss. Den gefühlvollen und märchenhaften Cendrillon-Szenen stehen fast schon grotesk gezeichneten Szenen um die böse Stiefmutter und ihren beiden Töchtern beziehungsweise die Persiflage eines Hofstaates gegenüber, der alles tut, um dem traurigen Prinzen eine Braut zu verschaffen. Massenet macht Ausflüge in die Musikgeschichte, etwa mit einem „galanten Trio“ am Beginn des zweiten Aktes, das mit feiner Nuancierung umgesetzt wurde. Dass die starken Momente des Werkes ein wenig an „Manon“ erinnern und dass man vor allem in den Akten 3 und 4 den Eindruck gewinnt, Massenet habe sich der traurigen Gefühlslage des Aschenputtels etwas über Gebühr gewidmet, ist vielleicht auf die konzertante Wiedergabe zu rechnen. Eine szenische Auflockerung hätte einem über die lange Feenszene im dritten Akt sicher besser hinweg geholfen. Dabei bemühte man sich, das starre Korsett konzertanter Aufführungen aufzubrechen: es gab Ab- und Auftritte, die Fee sang unter anderem vom Orgelbalkon, Cendrillon erschien zum Ball mit schönem Kleid, auch der Chor wurde für die Feenszene umpostiert u.a.m. Möglicherweise hat aber auch das Spiel der auf Barockmusik geeichten Les Musiciens du Louvre herkömmliche Erwartungen an den Tonfall Massenet’scher Gefühlslagen unterlaufen. Üppig aufblühender Streicherklang und romantisch gesättigte Emotionen waren nicht zu erwarten, dafür gab es akzentuiertes und nobles Spiel, das Massenets Musik zu sehr „verschlankte“. Die Besetzung ließ in Summe doch einige Wünsche offen. Reizend geriet das Aschenbrödel von Judith Gautier, die dem bedauernswerten Geschöpf zarte Gefühlsregungen und viel Liebreiz verlieh. Für den Prinzen (Michèle Losier) wäre ein strahlenderer Mezzo reizvoller gewesen – so war er auch in den Liebesszenen mit Aschenbrödel in seinem Enthusiasmus zu begrenzt. Ewa Podles setzte sich als böse Stiefmutter mit passender Groteske und etwas grober, tiefvoluminöser (Alt-)Stimme in Szene. Aurélia Legay (Noémie) und Salomé Haller (Dorothée) waren vor allem ihr verstärkendes „Echo“. Laurent Alvaro, Pandolfe, für Franck Leguérinel eingesprungen, machte sein Sache gut, blieb aber etwas „monochrom“. Der Koloratursopran von Eglise Gutiérrez (Fee) erklang nicht immer so schön, wie man es sich von einer Fee gewünscht hätte. Der Abend dauerte von 19.30 bis kurz nach halb Elf und wurde rund fünf Minuten lang beklatscht.
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