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Theater an der Wien
22.2 2020
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Christophe Rousset

Ensemble: Les Talens Lyriques
Le Choeur de Chambre de Namur

La Renommée / Melpomène / Mycène / Junon -
Bénédicte Tauran

Thalie / Isis / Io - Eve-Maud Hubeaux
Calliope / Iris / Syrinx / Hébe / 1e Parque - Ambroisine Bré
Apollon / 1er triton / Pirante / La Furie (Erinnis) / la Famine /
l´Inondation - Cyril Auvity
2e triton / Mercure / 2e Berger / 1er Conducteur de Chalybes /
Les Maladies languissantes - Fabien Hyon
Neptune / Argus, 3e Parque / La Guerre / l´Incendie /
les Maladies violentes - Philippe Estèphe
Jupiter / Pan - Victor Sicard
Hierax / 2e Conducteur de Chalybes - Aimery Lefèvre
Deux Nymphes - Julie Calbète, Julie Vercauteren


„Von der Nymphe zur Göttin
(Dominik Troger)

Konzertante Oper im Theater an der Wien: Mit „Isis“, einer Tragédie en musique von Jean-Baptiste Lully, wurde ein Ausflug ins Frankreich unter Ludwig XIV. unternommen.

„Isis“ gilt nicht unbedingt als das renommeeträchtigste Erzeugnis der Zusammenarbeit von Lully mit dem Librettisten Philippe Quinault. Vielleicht hat auch die Rezeption der Uraufführung dazu beigetragen, weil man, so wird berichtet, am Hofe Ludwigs XIV. die Handlung als „missliebige“ Anspielung auf konkurrierende Mätressen des Sonnenkönigs gedeutet hat. Uraufgeführt wurde die Geschichte von der Nymphe Io im Jänner 1677.

Der Prolog feiert mit einigem Pomp den Sieg der französischen Flotte in der Schlacht bei Palermo im Rahmen des französisch-niederländischen Kriegs. Die anschließenden fünf Akte zeigen das Schicksal der Io, die Jupiter ihrem Verlobten Hiérax abspenstig macht. Sie wird von der eifesüchtigen Juno gequält und zum kältesten und zum heißesten Platz der Erde verschleppt. Aber das göttliche Ehepaar schließt schließlich einen Kompromiss und die begehrte Nymphe wird als Isis unter die Götter erhoben.

Der dritte Akt bietet eine Besonderheit: Merkur befreit Io aus den Fängen des hundertäugigen Argus indem er diesem ein „Spektakel“ vorsetzt und damit zum Einschlafen (!) bringt. Dem etwas einfältig gezeichneten Argus wird die Geschichte der Nymphe Syrinx vorgespielt, der Pan nachstellt und die sich in Schilf verwandelt. Dieses aufwendig inszenierte „Zwischenspiel“ ist musikalisch sehr reizvoll, bietet u.a. einen stimmlich herausfordernden Jagdchor mit Hörnerbegleitung, und die Traurigkeit Pans, nachdem sich die Nymphe in Schilf verwandelt hat, wird mit zarter Flötenbegleitung kunstvoll untermalt. Am Beginn des vierten Aktes folgt dann der Chor der Frierenden, ein Vorbild für Purcells „Coldsong“.

Aber insgesamt scheint die Handlung um Io mehr als Vorwand für aufwendige szenische Tableaux zu dienen. Lully und Quinault holen ein ganzes „Lexikon der Antike“ auf die Bühne, von den Chalybern bis zu den alten Ägyptern, von Tritonen, über die Musen bis zu den Parzen. Konzertant gegeben fehlen natürlich diese üppigen optischen Reize, die Tänze und Kostüme. Io selbst steht zwischen ihrem Verlobten und Jupiter, Wahlmöglichkeit hat sie angesichts des göttlichen Begehrens keine. Sie bleibt bis zum Finale Opfer und wird am Schluss, ohne dass sie selbst noch einmal zu Wort kommen darf, in den Götterhimmel „weggelobt“.

Christophe Rousset und Les Talents Lyriques haben im Theater an der Wien schon zwei Opern von Lully zur konzertant zur Aufführung gebracht. Das klangklare Spiel tönte Lullys musikalische Erfindungen mit fein poliertem Glanz. Dazu gesellte sich ein stimmlich mehrheitlich etwas leichtgewichtiges, aber stilsicheres Ensemble, angeführt von Eve-Maud Hubeaux in der Titelpartie. Sie sang bewegend, mit starkem Ausdruck. Ambroisine Bré wird als Syrinx in Erinnerung bleiben, weil sie die Nymphe mit einer naiven, leuchtenden Unschuld ausstatte, die die Leidenschaft Pans mehr entfesselte als milderte.

Victor Sicard überzeugte als verliebter Jupiter und als trauriger Pan, dessen „Lamento” im dritten Akt er sehr gefühlvoll zu präsentieren vermochte. Aimery Lefèvre sang mit leichtem Bariton Ios Verlobten Hierax, den Merkur in einen Raubvogel verwandelt. Bénédicte Tauran gab passend die eifersüchtige Juno, Fabien Hyon den ränkeschmiedenden Mercur. Cyril Auvity, derzeit einer der führenden Haute-contre-Tenöre, kam in einigen Nebenrollen, u. a. auch als Apollo im Prolog zum Einsatz. Auch der Chor – Le Chœur de Chambre de Namur – konnte sich auszeichnen.

Der Weg vom Prolog bis zum Schluss des fünften Aktes dauerte eine halbe Stunde länger als im Programmheft angegeben. Die Oper war erst nach dreieinhalb Stunden um 22.30h zu Ende. Fazit: Viel Beifall im sehr gut besuchten Theater an der Wien.