DER WAFFENSCHMIED

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Theater an der Wien
21. Oktober 2021
Konzertante Aufführung zum 175. Jubiläum der Uraufführung im Theater an der Wien am 30. Mai 1846

Musikalische Leitung: Leo Hussain
Moderation: Nikolaus Habjan

ORF Radio Symphonie-Orchester Wien
Arnold Schönberg Chor

Hans Stadinger - Günther Groissböck
Marie - Miriam Kutrowatz
Irmentraut - Juliette Mars
Graf von Liebenau - Timothy Connor
Georg - Andrew Morstein
Ritter Adelof - Ivan Zinoviev
Brenner - Jan Petryka

Schmiedegeselle - Jörg Espenkott


Lortzing-Rarität
(Dominik Troger)

Die Opern Albert Lortzings fristen seit vielen Jahren ein kümmerliches Dasein auf den heimischen Bühnen. Das Theater an der Wien erinnerte jetzt mit einer konzertanten Aufführung an den „Waffenschmied“. Die Oper ist vor 175 Jahren im Haus an der Linken Wienzeile unter der Leitung des Komponisten uraufgeführt worden.

„Der Waffenschmied“ ist seit vielen Jahren in Wien nicht mehr gespielt worden, die letzten szenischen Aufführungen gab es meines Wissens in den 1970er-Jahren an der Volksoper. Dort hat man es immerhin zuletzt noch mit „Zar und Zimmermann“ und dem „Wildschütz“ versucht – allerdings mit überschaubarem Erfolg. „Der Waffenschmied“ ist musikalisch eine Spur „leichter“ gestrickt, „tänzerischer“. Als Vorbild für das Libretto diente Lortzing das Lustspiel „Liebhaber und Nebenbuhler in einer Person“ von Friedrich Wilhelm Ziegler.

Die Geschichte des Grafen Liebenau, der sich in Marie, die Tochter des Waffenschmieds Stadinger verliebt, und der sich dort als Geselle andient, weil er als Mensch und nicht als Graf geliebt werden möchte, bietet zumindest Platz genug für komische Situationen, die Lortzing für manch amüsante Szene nützt. Die Arie der Marie von dem Mädchen, das gern ein Mann wäre, und Stadingers Erinnerungen an den Jüngling mit dem lockigen Haar, sind wahrscheinlich die bekanntesten Stücke der Oper. Dazu gesellt sich noch die Arie des Georg, der die Mühen des Reisens besingt.

Für die Aufführung im Theater an der Wien hat man nur die Musiknummern übernommen. Nikolaus Habjan gestaltete mit seiner großen Handpuppe Charlotte die Moderation. Man folgte dem bewährten Konzept, mit dem man bereits vor zwei Jahren die Jugendoper „Peter Schmoll und seine Nachbarn“ von Carl Maria von Weber zum Leben erweckt hat. Charlotte alias Habjan fasste die Handlung zwischen den Musiknummern zusammen, machte witzige Bemerkungen, wies als sich in Variationen wiederholende Pointe auf die verwirrenden Intrigen hin, die die Heirat des Grafen im Auftrag des Fräuleins von Katzenstein verhindern sollen, oder sie „kontextualisierte“ augenzwinkernd die „emanzipatorischen“ Bestrebungen Mariens.

Das Publikum folgte Charlotte gerne und amüsiert, wie man seinem Lachen entnehmen konnte, und erfreute sich an den einzelnen Musiknummern, die ohne szenische „Irritationen“ ihren biedermeierlichen Charme entfalten konnten. Da mochte man es schon bedauern, dass das ganze Genre der deutschen Spieloper zu einer Rarität geworden ist, und dass viele Sängerinnen und Sänger gar nicht mehr die Chance haben, mit Spiel und Gesang dieser „leichten“, unbekümmerten Muse zu dienen.

Im Theater an der Wien wurde die Sängerriege von Günter Groissböck als Stadinger angeführt. Auf ihn lässt sich ein Zitat aus der Uraufführungskritik der WIENER ZEITSCHRIFT anwenden, die am 4. Juni 1846 betreffs des Sängers Joseph Staudigl anmerkte, er habe den Stadinger „mit munterer frischer Kraft und Laune“ gegeben. Groissböck verlieh dem gerne vor sich hin polternden Stadinger das nötige Gewicht, und war in Anbetracht der zum Teil noch recht jungen Mitwirkenden der Aufführung eine wichtige Stütze.Miriam Kutrowatz sang eine das Publikum mit Humor und unbekümmerter Leidenschaft einnehmende Marie. Sie lieh ihr eine junge, mit schönem Timbre ausgestattete Sopranstimme. Andrew Morstein bot einen humorvollen, noch etwas schmal klingenden Spieltenor auf, der in der Rolle des Georg als zeitweiliger Bräutigam Mariens gehandelt wird. Der Graf Liebenau von Timothy Connor blieb im Vergleich zu seiner Angebetenen zu blass. Die drei letztgenannten sind Mitglieder des Jungen Ensembles im Theater an der Wien.

Juliette Mars durfte als Irmentraut mit dem praktischen Witz der Erzieherin Mariens an der Güte „heutiger Männer“ zweifeln. Die weiteren Kräfte dienten vor allem den Notwendigkeiten des Intrigenspiels mit wenig Profilierungsmöglichkeiten. Die Männer des Arnold Schönberg Chores sorgten für das „Testosteron“ der Schmiedegesellen, später gesellten sich auch die Damen hinzu, um das Jubiläumsfest im Weinberg gesanglich auszustaffieren. Das ORF Radio-Symphonie-Orchester Wien unter Leo Hussain war dem Abend eine entspannte Begleitung.

Die Aufführung dauerte etwas über zweieinhalb Stunden mit einer Pause. Das Publikum im nahezu gefüllten Theater an der Wien spendete sechs bis sieben Minuten langen Schlussapplaus – und es wäre zu wünschen, wenn man mit Charlotte als „Opernführerin“ noch die eine oder andere Rarität der Vergessenheit entreißen könnte.