ARMIDA
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Theater an der Wien
Konzertante Aufführung
21. Februar 2018

Musikalische Leitung: René Jacobs

Kammerorchester Basel

Armida - Birgitte Christensen
Rinaldo - Thomas Walker
Zelmira - Robinm Johannsen
Ubaldo - Anicio Zorzi Giustiniani
Clotarco - Magnus Staveland
Idreno - Riccardo Novaro

„Die Zauberin und der Kreuzritter“
(Dominik Troger)

Mit der „Armida“ von Joseph Haydn, 1784 in Esterhaza uraufgeführt, hat das Theater an der Wien seinen Zyklus an konzertanten Opernaufführungen fortgesetzt. René Jacobs leitete das Kammerorchester Basel.

Mit der „Armida“ hat sich auch Haydn in die lange Reihe jener Opernkomponistin gestellt, die sich von Torquato Tassos Epos „La Gerusalemme libertata“ zu bühnenwirksamer Musik haben inspirieren lassen. Tassos Epos ist eine „zauberhafte“ Kreuzzugsgeschichte, die ritterliche Ideale beschwört und die Geschehnisse des ersten Kreuzzugs zum Mythos umschmiedet. Einen besonderen Reiz auf Librettisten und Opernkomponisten hat die Liebesgeschichte zwischen der Zauberin Armida und dem Kreuzritter Rinaldo ausgeübt. Rinaldo wird von Armida liebeskrank in Gefangenschaft gehalten – und die Oper erzählt davon, wie Rinaldo aus den Liebesfängen Armidas entkommt. Das Epos war jahrhundertelang ein Bestseller. Heutzutage würde man aus solch prominentem Stoff eine mehrstaffelige TV-Serie machen.

Haydn hat in seinem Drama eroico, zu einem Stil gefunden, der eine bekömmliche musikalische Frische und Esprit mit dem althergebrachten virtuosen Anspruch der Opera seria verbindet. Auf diese Weise ist es ihm gelungen, ein „Ritter-Rokoko“ heraufzubeschwören, das durchaus mit reizvoller Individualität zu überzeugen weiß. Um das Jahr 2000 haben sich Nikolaus Harnoncourt und der Concentus Musicus mit dieser, von der Rezeptionsgeschichte unterbewerteten Oper auseinandergesetzt. Aber seit zwei konzertanten Aufführungen im Juni 2000 im Wiener Musikverein, die auch mit geschnitten wurden, dürfte Haydns „Armida“ in Wien nicht mehr aufgeführt worden sein.

Die Aufführung im Theater an der Wien bot nun eine semikonzertante Variante: gesungen wurde ohne Noten, die Auftritte wurden nachgespielt. Im dritten Akt trat Rinalodo sogar im Zuschauerraum auf, um sich von dort dem Zauberwald zu nähern, ehe er dann wieder auf die Bühne zurückfand, um Armidens zauberkräftigen Myrtenbaum zu fällen. Riccardo Novaro (Idreno) war allerdings erkrankt wie Roland Geyer, der Direktor des Hauses, in einer Ansage am Beginn ausführte. Er sang deshalb nur die Rezitative, seine beiden Arien mussten entfallen.

Als Armida nahm Birgitte Christensen den Kampf mit den Kreuzfahrern auf. Die Partie ist sehr virtuos angelegt, benötigt Energie und Durchhaltevermögen. Christensen nahm die Herausforderung mit Verve an. die „Wahnsinnsarie“ Armidas im zweiten Akt – nach der es dann in die Pause ging – wurde von ihr effektvoll und mit viel Power umgesetzt. Aber obwohl grundsätzlich koloraturaffin hat ihr Sopran mehr mit dramatischem Potenzial gepunktet als mit präzisem Feinschliff. Die Stimme klang zudem nicht ganz frei, sondern leicht nasal gedeckt. Mit Robin Johannsen, die als Zauberin Zelmira aufgeboten wurde, hatte man den direkten Vergleich an der Hand. Ihr lyrischer Koloratursopran wurde kultivierter geführt, auch wenn von ihr manch Spitzenton zu stark „gepusht“ worden ist.

Rinaldo, diesmal schottischer Abkunft, lag bei Richard Walker in keiner südlich gefärbten, sondern mehr nüchtern augestatteten heroisch-lyrischen Tenorkehle, die bis auf die üppigen, zu verschliffen gesungenen Verzierungen in der ersten Arie dem Kreuzritter ein guter Anwalt war. Ubaldo (Anicio Zorzi Giustiniani) war hingegen dem Aussehen nach ein Kreuzritter aus südlicheren Gefilden, mit einem leicht körnig timbrierten lyrischen Tenor. Magnus Staveland war als Clotarco der dritte im Kreuzfahrerbunde, und mit seinem im Vergleich etwas gesetzteren Tenor eine gute Abrundung des Ritterheeres.

Das Kammerorchester Basel unter René Jacobs hat Haydns musikalisch-poetische Effekte (etwa bei der Schilderung des Zauberwaldes), genussvoll herausgearbeitet. Der heroisch-kämpferische Teil erschien ein wenig abgemildert, nicht so martialisch aufbereitet wie in der Harnoncourt’schen Aufnahme.

Das Publikum war begeistert, dankte mit lange anhaltendem, starkem Applaus.