CAJO FABRICIO
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Theater an der Wien
28.6.2021
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Martyna Pastuszka

Orkiestra Historyczna

Cajo Fabricio - Max Emanuel Cencic
Pirro - Nian Wang
Sestia - Suzanne Jerosme

Volusio - Bruno de Sá
Bircenna - Emmanuelle de Negri
Cinea - Stefan Sbonnik
Turio - Nicholas Tamagan

Hasse-Portal

„Hasse COVID-gekürzt
(Dominik Troger)

Dem Theater an der Wien ist es gelungen, zwei unter der Saison wegen COVID abgesagte konzertante Opernaufführungen noch Ende Juni nachzuholen. Der erste Abend der beiden war für Johann Adolph Hasse und seinem „Cajo Fabricio“ reserviert.

„Cajo Fabricio“ spielt im alten Rom. Der römische Senator Cajo Fabricio und König Pirro (der mit dem „Phyrros“-Sieg) stehen einander gegenüber. Dazu gibt es noch eine Liebesgeschichte um die Tochter des Senators, Sestia, und eine Verschwörung. Am Schluss ist aber alles der Meinung, dass Ruhm ein hohes Gut sei, das jeder begehre. Es wurde eine pausenlose, gekürzte Fassung (ca. 135 Minuten) gespielt. Im Programmheft wird angemerkt, dass die Aufführung nur eine Auswahl von Szenen und Arien enthält und dass einige Musikstücke umgereiht wurden. So wurde eine Arie des Cajo Fabricio aus dem zweiten Akt an den Schluss gestellt – vor dem üblichen, werkbeschließenden Chor.

Nach Händel, Vivaldi und allerhand neopolitanischer Oper rückt jetzt auch Hasses umfangreiches Opernschaffen stärker in den Blickpunkt. In seiner monumentalen Operngeschichte musste Ulrich Schreiber noch anmerken, dass keine Rede davon sein könne, dass Hasse für das Musikleben wiederentdeckt worden sei (Opernführer für Fortgeschritttene, 5. Auflage, 2010) – aber es wird daran gearbeitet: Max Emanuel Cencic ist dabei eine treibende Kraft. Letzte Saison hat er Hasses „Irene“ ans Theater an der Wien gebracht. Jetzt folgte der byzanthinischen Kaiserin ein römischer Konsul. „Irene“ hat allerdings den stärkeren Eindruck hinterlassen, womöglich auch wegen der interessanteren Story, die bei „Cajo Fabricio“ eher konventionelle Herrscher- und Liebesintrigen bietet. Vielleicht lag es aber auch an der gekürzten Fassung.

Der 1732 in Rom uraufgeführte „Cajo Fabricio“ kann seine Nähe zur neapolitanischen Oper nicht verleugnen. Weil im päpstlichen Rom keine Frauen auf die Bühne durften, ist die Oper für sechs Kastraten und eine Tenorstimme komponiert worden. Im Wien des Jahrs 2021 nahm man es weniger streng: drei Sängerinnen und vier Sänger stellten sich auf der Bühne ein.

Star des Abends war der brasilianische Countertenor Bruno de Sá, der mit seinem wendigen „Koloratursopran“ als Volusio von Hasse zu reichlich virtuosem Gesang angeregt wurde – mal auch im Zwiegespräch mit der Violine der Konzertmeisterin, als es um elegische Liebesqualen ging („Lungi dagli occhi tuoi“). aber auch mit jubelndem Hörnerklang garniert (Arie Ende zweiter Akt). Bruno de Sá trug sportliches Schuhwerk „Marke Gesundheitsminister“. Wenn sich Schuhe so positiv auf die stimmlichen Leistungen auswirken, wird das bald Nachahmer finden.

Max Emanuel Cencic hat für sich selbst die Titelpartie gewählt, eine – auch musikalisch – „gesetztere“ Rolle, in der seine Stimme soigniert dahinfließen konnte. Seine Tochter Sestia wurde von Suzanne Jerosme beigesteuert, ein Sopran mit leicht kapriziösem Funkeln, gut zur Rolle passend. Nicholas Tamagna war als Turio ein eher unauffälliger Intrigant, Stefan Sbonnik lieh dem Cinea einen etwas nüchternen lyrischen Tenor. Emanuelle de Negri sang versiert die Bircenna. Nian Wangs Mezzo (Pirro) war in der Tiefe nicht mehr zu hören und erwies sich als überraschend wenig durchschlagskräftig. Im September („Carlo il Calvo“) hat sie einen überzeugenderen Eindruck hinterlassen. Nachdem es sich beim Pirro um den Gegenspieler der Titelfigur handelt, war die Gewichtung der Figuren an diesem Abend dadurch etwas einseitig.

Das Orkiestra historyczna unter der musikalischen Leitung von Konzertmeisterin Martyna Pastuszka sorgte für die schwungvolle Begleitung, im Klang nicht ganz so „rohköstlerisch“ wie andere Ensembles historisch infomierter Aufführungspraxis. Als von Elefanten gesungen wurde, steuerten die Hornisten ein lautmalerisches „Trompeten“ bei – das war ein netter Gag, der sich im ersten Augenblick allerdings nach einem gröberem „Unfall“ anhörte.Das Publikum im wegen COVID nur für eine reduzierte Besucheranzahl zugelassenen Haus spendete viel Beifall. Leider gab es nur kurzer Szenenapplaus, weil man immer gleich das nächste Musikstück folgen ließ.

PS: Das COVID-Regime der Vereinigten Bühnen Wien verlangt das Ausfüllen von Zetteln, die beim Eingang abgeben werden: Name, Telefonnummer, E-Mail-Adresse sowie Veranstaltungsort und -zeit, Sitzplatz und Unterschrift. Die Daten werden 28 Tage lang aufbewahrt und dann – wie es auf dem Vordruck heißt – „unverzüglich vernichtet“.