LA JUIVE/DIE JÜDIN

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Wiener Staatsoper
13.11.2004

Dirigent: Michael Halász

Kardinal Brogny, Präsident des Konzils - Alastair Miles
Leopold, Reichsfürst von Österreich - Jianyi Zhang
Prinzessin Eudoxie, Nichte des Kaisers - Bori Keszei
Eléazar, ein jüdischer Goldschmied - Neil Shicoff
Rachel, seine Tochter -
Hasmik Papian
Ruggiero, Schultheiß von Konstanz - Eijiro Kai
Albert, Hauptmann - In-Sung Sim

1. Bürger - Johannes Gisser
2. Bürger - Hacik Bayvertian
Offizier - Martin Müller


Packendes Finish

(Dominik Troger)

Neil Shicoff ist der Dreh- und Angelpunkt – daran hat sich nichts geändert. Er reißt das Publikum mit in einen Strudel der emotionellen Verausgabung, gestaltet im vierten und fünften Akt ein sehr intensives, unter die Haut gehendes Musikdrama.

Bis es soweit ist, muss man allerdings ein wenig Geduld aufbringen. Der Kardinal von Alastair Miles konnte sich noch am ehesten neben Shicoff profilieren und im vierten und fünften Akt viel zu einer spannungsgeladenen Darstellung beitragen. Gesanglich ist er bei den dramatischen Akzenten auch besser aufgehoben, als beim Verströmen balsamisch sich selbst glorifizierender Kardinalswürde. Hasmik Papian als Rachel hielt sich insgesamt wacker, zu ungeschliffen im Forte.

Bereits problematisch – und diese Partie ist bekanntermaßen wirklich tückisch – der Leopold von Jianyi Zhang. Ihm bleibt wohl nichts anderes übrig, als sich durch den Abend zu stemmen. Nach einer gewissen Gewöhnungsphase – im ersten Aufzug vermag er wirklich nicht zu brillieren – siegt bei ihm jene Routine, die man als Zuhörer gerade noch zu akzeptieren gewillt ist. Bori Keszei bewältigte die Prinzessin Eudoxie mit Anstrengung und punktuell exzessivem Atemschöpfen. Ihre eher kleine Stimme ist hier auch nicht gerade ein Vorteil. Das Orchester unter Michael Halász schleppte nicht, das war sicher von großem Vorteil – aber im Grunde war das alles sowieso nur Staffage für Shicoffs großen Auftritt im vierten Akt.

Ab diesem Zeitpunkt rollt dann alles dem Ende entgegen, mitreißend und wie ein böser Fiebertraum – angefeuert von Shicoffs musikadramatischer Ekstase. Wer könnte nachvollziehen, was da wirklich passiert, welches geheime Fluidum sich hier zwischen Darsteller und Publikum ausspannt? Und wenn er diese berühmte Arie geendigt hat, bricht der Applaus los – und er selbst verharrt in der andächtigen Betrachtung seines Gegenstandes, lässt sich nicht auf den Beifall ein. Er bewahrt damit zugleich die Spannung, aber auch eine gewisse Demut gegenüber dem menschlichen Schicksal dieses jüdischen Goldschmieds, den sein einziger Gott wirklich in eine fatale Lage gebracht hat. Abraham schickte Gott einen Widder, auf dass er nicht seine Sohn Isaak opfere, aber was tut er mit Eléazar?

Der Schlussapplaus war stark, Shicoff wurde mehrmals zum Einzelvorhang herausgeklatscht, aber auch die anderen Mitwirkenden konnten sich über mangelnden Zuspruch nicht beklagen.