PUBLIO CORNELIO SCIPIONE
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Theater an der Wien Musikalische Leitung: Markellos Chryssicos Orchester: Armonia Atena |
Lucejo - Xavier Sabata |
„Römischer
Staatsmann in barockem Gewand“ Im Theater an der Wien hielt Publio Cornelio Scipione Einzug in das von ihm eroberte punische Carthago Nova und zeigte sich gegenüber der gefangenen Berenice überaus ritterlich und den Tugenden eines Herrschers geziemend. Die Oper „Publio Cornelio Scipio“ ist eines der seltener gespielten Werke aus der Feder von Georg Friedrich Händel. Sie wurde 1726 uraufgeführt und 1730, von Händel neu bearbeitet, noch einmal in das Rennen um die Gunst des Londoner Publikums geschickt. Danach geriet das Werk in Vergessenheit und ist erst bei den Göttinger Händel-Festspielen 1937 wieder aufgeführt worden. Der Inhalt der Oper ist in seinen groben Zügen dem Geschichtswerk des Titus Livius entnommen und bezieht sich auf eine Anekdote, die sich beim spanischen Feldzug desjenigen Scipio zugetragen haben soll, der mit dem Beinamen Africanus berühmt geworden ist. Scipio wird die gefangene Berenice vorgeführt, zu der er sofort in Liebe entflammt. Berenice ist aber bereits dem Kelto-iberer Lucejo versprochen, der sich als römischer Soldat in das Lager schleicht, um Berenice zu befreien. Er wird dabei entdeckt, gefangen genommen – aber Scipio verzichtet zu Gunsten von Lucejo auf Berenice und gewinnt damit zugleich einen Bundesgenossen. Die konzertante Aufführung im Theater an der Wien brachte die Oper in einer deutlich gekürzten Fassung zur Aufführung (Gesamtdauer inklusive Pause nur zweieinhalb Stunden). Die Striche betrafen vor allem den zweiten und dritten Akt (dem Lelio z. B. war nur die Arie im I. Akt zugestanden worden). Die Oper enthält aber einige vorzügliche Nummern und sie wurde von Händels Zeitgenossen durchaus gewürdigt. Nicht nur der Eingangsmarsch zur „Truppenparade“ des Scipio erfreute sich großer Beliebtheit. Händel hat die Eingangsarie des Scipio zweigeteilt, und die Begegnung mit Berenice rezitativisch „dazwischengeschoben“, was dramaturgisch guten Effekt macht. In ihrer ersten Arie „Un caro amante“ artikuliert Berenice ihre Sehnsucht nach dem Geliebten mit bezaubernder Melancholie. Auch im Weiteren gestalten sich die Arien durchaus abwechslungsreich, wobei vor allem Lucejo einige Leckerbissen vortragen darf, etwa das „Figlia di reo timor“ am Schluss des ersten und das „Cedo a Roma“ im zweiten Akt. Die Handlung der unter Eile verfertigten Oper wirkt etwas „hausbacken“, wobei Scipios „Selbstbetrachtung“ im dritten Akt („Il poter che brami“) eine interessante Nuance einbringt: Angesichts der Vergänglichkeit werden kurzfristige Machtgelüste relativiert, aber auch Ehre und Tugend sind es nicht, die den Feldherrn dazu bringen, auf Berenice zu verzichten. Scipio verzichtet aus „Ehrlichkeit“ sich selbst gegenüber, weil er daraus einen „Seelenfrieden“ schöpft, der ihm mehr wert ist, als seine Macht mit einer erzwungenen Liebe zu krönen. Musikalisch stand der Abend im Zeichen der sehr „griffig“ aufspielenden Armonia Atenea unter Markellos Chryssicos. Das leidenschaftliche Musizieren des kleinen Orchesters hat den Abend beflügelt, für die langsamen Nummern hätte es für meinen Geschmack ein bisschen „poetischer“ sein dürfen (und im Klang etwas weicher). Auf dem Podium glänzten die Countertenöre – Yuri Mynenko als Scipio und Xavier Sabata als Lucejo. Das virile Pathos des Kelten einerseits und die „stoische Moral“ des römischen Eroberers andererseits hoben sich durch die Charakteristik der beiden Stimmen gut von einander ab. Mynenkos Countenor mit leichtem Metall im Timbre war für den „philosopischen“, seine Emotionen kontrollierenden Feldherrn eine ideale Besetzung. Xaviar Sabata bot mit seiner im Vergleich um eine Spur dunkleren, „lyrischeren“ Stimme, als Liebhaber wie als leidenschaftlich Eifersüchtiger die vorzüglichste Leistung des Abends. Myrto Papatanasiu stand mit ihrem Sopran dem leidenschaftlichen Spiel des Orchesters um nichts nach, glitt allerdings nicht immer mit solch virtuoser Leichtigkeit durch die Arien wie die beiden genannten Countertenöre. Dilyara Idrisova war wieder mit ihrer leicht kristallinen lyrischen Sopranstimme im Theater an der Wien zu Gast, und steuerte die Armira bei. Ergänzt wurde das Sängerteam durch dennoch sehr jungen, leichten Tenor von Gyorgy Hanczar und mit dem bewährten Bass von Pavel Kudinov. Fazit:
Begeisterter Schlussapplaus im Theater an der Wien, das nicht ganz gefüllt
war (ein Teil des adressierten Publikums war vielleicht beim Resonanzen-Festival
im Konzerthaus „engagiert“, das der alten Musik auf seine
ganz eigene, herzliche Art huldigt). |