RADAMISTO
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Konzerthaus
28.9.2003
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Alan Curtis

Orchester: Il Complesso Barocco

Radamisto - Joyce DiDonato
Zenobia - Maite Beaumont
Tiridate - Zachary Stains
Tigrane - Laura Cherici
Polissena & Fraarte - Dominique Labelle
Farasmane - Carlo Lepore


"Effektvolle Affektiertheiten "
(Dominik Troger)

„Radamisto“ – opera seria in drei Akten von 1720. Händels effektvolle Affektiertheiten können auch im 21. Jahrhundert noch faszinieren.

Nach dem grandiosen „Julius Cäsar“ in der letzten Saison brachte das Konzerthaus diesmal „Radamisto“ auf das Podium. Um es gleich vorne weg zusagen: an den „Julius Cäsar“ reichte diese Aufführung nicht heran. Es fehlte dieser letzte, schon fast in der Metaphysik angesiedelte Enthusiasmus, mit dem Marc Minkowski den „Julius Cäser“ fast vier Stunden lang angetrieben hatte. Aber Alan Curtis und die Il Complesso Barocco boten trotz kleiner Besetzung eine gute „Perfomance“ bei einem vollen, kräftigen Klangbild. (Und die Gegenwart von Krimi-Prima-Donna Leon mag das Orchester zusätzlich beflügelt haben.)

Wie auch immer, der Haken lag wohl eher beim Sängerteam, und zwar dort, wo es darum gegangen wäre, die Konturen der Operncharaktere eindeutiger von einander abzugrenzen. Das lag einseits am Tenor von Zachary Stains, der sich für meinen Begriff zuwenig in den Vordergrund singen konnte. Ein etwas farbloser König von Armenien, Tiridates, der als der tragende Gegenpol zu Radamisto eine ganz wichtige Rolle spielt, ist nicht dazu angetan, die dramatische Spannung des Werkes zu verstärken. Aber auch auf der anderen Seite, Radamisto und Zenobia, gelang es nicht, die Charakter-Unterschiede wirklich spürbar zu machen. Denn hier waren sich die Mezzostimmen von Radamisto (Joyce DiDonate) und Zenobia (Maite Beaumont) zu ähnlich. Zwar brachte Joyce DiDonato als Radamisto ihren schönen, breitangelegten Mezzo zum Erblühen, aber die Abgrenzung zur Zenobia war akustisch zu wenig greifbar.

Außerdem fehlte mir die Raffinesse mit der die oftmaligen Wiederholungen in den einzelnen Arien behandelt werden wollen – und damit fehlte mir auch jene luzide Transparenz, die in diesem Fortschreiten der Wiederholungen die ganze Spannweite des angesprochenen Affektes sichtbar macht. Trotzdem war die Aufführung durchwegs eine, die man genießen konnte und das gesangliche Niveau war durchwegs in Ordnung. Auch die Meisterschaft Händels schlug hin und wieder durch, etwa schon im ersten Akt bei der Arie der Zenobia, wo das Orchester in fulminanter Weise ihre aus der ausweglos scheinenden Not geborene Todessehnsucht begleitet. Radamistos Trauergesang im 2. Aufzug ist auch ein ganz eigenes, exquisites Stück barocker Opernliteratur, das im Nachschwingen des Orchesters ein paar Take lang atemloser Spannung erzeugt.

Das Publikum applaudierte stark und Curtis lud Sänger und Orchester zu einer Zugabe, und wiederholte einen kurzen Teil des eingängigen Schlussensembles.