OTTONE, RE DI GERMANIA
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Theater an der Wien
24. September 2017
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: George Petrou

Il Pomo d´Oro

Gismonda - Ann Hallenberg
Teofane - Dilyara Idrisova
Ottone - Max Emanuel Cencic
Adalberto - Xavier Sabata
Matilda - Anna Starushkevych
Emireno - Pavel Kudinov


Gelungener Saisonstart
(Dominik Troger)

Das Theater an der Wien begann die konzertante Opernsaison mit der hochkarätig besetzten konzertanten Aufführung von Georg Friedrich Händels „Ottone, Re di Germania". Die Oper wurde 1723 uraufgeführt, war ein großer Erfolg, zählt heute aber zu den Raritäten.

Die historische Vorlage für die Handlung hat der deutsche König Otto II geliefert, der im Jahre 972 die byzantinische Prinzessin Theofanu geehelicht hat. Die Story bietet Liebe und Intrige – und Ottone zeigt sich während dieser „Prüfungen" dem Charakter eines barock-aufklärerischen Herrscherideals würdig. Händel hat die Oper eher einfach orchestriert, ihr besonderer Reiz liegt in den vielen langsamen Arien, die eine melancholisch-elegante Verführungskraft entwickeln, die allerdings erst einmal interpretatorisch zum Leben erweckt werden muss.

Vor sieben Jahren hat Robert King mit The King´s Consort im Theater an der Wien den „Ottone" (ebenfalls in einer konzertanten Aufführung) gegeben. King hat damals für eine etwas nüchterne, mit „britischen Understatement“ unterfütterte Händel-Interpretation gesorgt. Die hier besprochene Aufführung erfüllte die Amouren am Kaiserhof hingegen mit leidenschaftlicherer Wärme und Gefühlsaufwallung. Il Pomo d'Oro unter George Petrou fanden für meinen Geschmack die richtige Mischung zwischen dramatischem Vorwärtsdrängen und Innehalten.

Auch den Sängerinnen und Sängern am Podium gelang es, von den durchaus mit einer gewissen Dominanz „federnden Bässen“ des Orchesters begleitet, das barocke Pathos der Händel’schen „Seelenschilderungen“ einzufangen und die Liebes- und Verzweiflungsmomente mitfühlend wiederzugeben, die diese Oper durchtränken (das bekannte „Vieni, o figlio" ist nur ein Beispiel dafür).

Die Besetzung war sehr gut ausgewählt. Max Emanuel Cencic lieh dem Ottone seine Counterstimme. Sie hat sich in den letzten Jahren ein wenig „gesetzt“ und brillierte im Auskosten eben gerade jener barocken Gesangesornamentik, die mit lyrischem Pathos die Herzen rührt. Er trug an diesem Abend überraschender Weise einen ganz „gewöhnlichen“ schwarzen Anzug und ein weißes Hemd ohne Krawatte – nur die Manschettenknöpfe blitzten manchmal auf, rot wie ein Stein aus der Reichskrone des Heiligen Römischen Reiches. Seine Entertainerqualitäten hat er an diesem Abend seiner „flowartigen“ Hingabe an die Musik „aufgeopfert“. Die Aufführung war auch nicht halbszenisch durch nachgestellte Szenen und Ab-/Auftritte aufgelockert worden.

Ann Hallenberg hat mit der Gismonda ebenfalls eine ideale Partie gefunden. Ihr vollmundiger Mezzo zählt seit Jahren zum Besten, was Barockopernaufführungen für das Publikum bereithalten. Auch sie vermag in den langen, langsamen Arien die Spannung zu halten und mit gestalterischem Verve und viel Atem die geforderten Verzierungen auszuführen – und schließlich war ihr als Gismonda auch das schon erwähnte „Vieni, o figlio“ vorbehalten. Sie machte daraus einen der Höhepunkte des Abends.

Anna Starushkevych als Matilda wurde wegen einer überstandenen Influenza vom Direktor des Hauses am Beginn der Vorstellung angesagt. Das mag ein wenig den Klangfarbenreichtum ihres beweglichen und nach etwas verhaltenem Beginn sicher agierenden Mezzos beeinflusst haben. Dilyara Idrisova hat ihren lyrischen, koloraturaffinen Sopran der Teofane geliehen und verströmte eine mit funkelnden Pretiosen besetzte Poesie. Xavier Sabata zählt auch schon seit Jahren zu den besten seiner Zunft, ein geschmeidigstimmiger Countertenor mit leicht viril ummantelter Poesie im Timbre. Mag sein, dass er den Adalberto mit mehr intrigenhafter Bösartigkeit hätte „impfen“ können, um die konzertante Aufführungssituation eine Spur „bühnennäher“ zu gestalten. Adalberto ist schließlich der Gegenspieler des glanzvollen Kaisers. Mit Pavel Kudinov als Emireno stand noch ein stimmiger Pirat auf der Bühne, mit kräftigem, aber trotzdem geschmeidigen Bassbariton.

Nach über drei Stunden und zwei Pausen spendete das Publikum den Ausführenden minutenlangen starken Beifall.