ORLANDO
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Kammeroper
13. Mai 2013
Premiere

Musikalische Leitung: Rubén Dubrovsky

Inszenierung: Stefania Panighini
Ausstattung: Federica Parolini
Licht: Markus Gotsleben & Stefan Schlagbauer

Bach Consort Wien

Orlando - Rupert Enticknap
Angelica - Çigdem Soyarslan
Medoro - Gaia Petrone
Dorinda - Anna Maria Sarra
Zoroastro - Igor Bakan



Erste Liebe

(Dominik Troger)

Das „Theater an der Wien in der Kammeroper” spielt zum Saisonausklang Georg Friedrich Händels „Orlando”. Die Premiere stieß auf viel Zuspruch beim Publikum. Bis Ende Mai werden noch neun Vorstellungen gespielt.

„Orlando” wurde 1733 uraufgeführt. Die Handlung dreht sich um den “rasenden Roland”, dem Ludovico Ariosto mit seinem „Orlando furioso” ein bleibendes literarisches Denkmal gesetzt hat. Orlando treibt seine Liebe zur Königin Angelica in den Wahnsinn, weil sie seine Liebe nicht erwidert, sondern ihr Herz dem maurischen Prinzen Medoro schenkt. Der Magier Zoroastro, der Orlando gerne zu weiteren Heldentaten anstacheln möchte, verfolgt das Geschehen, und heilt Orlando schließlich von seinem Liebeswahn und seiner rasenden Eifersucht. Er bringt ihn – ganz im Sinne der Aufklärung – zur „Vernunft”. Orlando besinnt sich, verzichtet auf Angelica, und überlässt Medoro das Feld der Liebe.

Händel hat zu dieser Geschichte eine reizvolle Musik komponiert, die nicht nur bukolisch idyllisches Nachtigallenschlagen einfängt, sondern auch Orlandos Wahnsinn mit starker musikalischer Ausdruckskraft nachzeichnet. Die Produktion war dem kleinen Saal der Kammeroper sehr gut angepasst, sowohl von der Inszenierung als auch von der musikalischen Umsetzung. Stefania Panighini (Regie) und Federica Parolini (Ausstattung) ließen das Geschehen in einem kleinen, glashausartigen Pavillon spielen, in dem Zoroastro der Gartenkunst frönte. Der Pavillon bestand nur aus den tragenden, weißgestrichenen Elementen und nahm die Mitte der kleinen Bühne ein. Es gab Tischchen mit Blumentöpfen und noch andere Gerätschaften. Der optische Gesamteindruck war sehr luftig, ein wenig vegetativ, ein kleines Treibhaus der Gefühle – und dem Wechsel der Jahreszeiten unterworfen: die Blüten verschwinden, die Blumen werden in Tücher gepackt, so wie man Rosen vor der Kälte schützt, einmal fällt sogar Schnee.

Auf diese Weise spielte die Bühne mit einfachen Mitteln die Gefühlslagen der Protagonisten wider – von der hitzigen Leidenschaft bis zum Frühling des Neuanfangs für Orlando, dessen Persönlichkeit in einem kühlen Herbst und „Wahnsinns“-Winter gereift ist. Aufgelockert wurde dieses Ambiente durch nette Details: ein Mohnblumen-Strang, der sich zu Orlandos Schlaf plötzlich vom Schnürboden rankte, Blumentöpfe mit geformten Gesichtern, alchemistisches Gebräu in einem Glasbottich, dessen Farbe umschlug, die kleinen Rosen an Dorindas Kleid, die Medoro abzupfte, was Dorinda physische Schmerzen zu bereiten schien und anderes mehr.

Die Kostüme nahmen Anleihen bei der Jugendkultur, ein wenig Punk und bunte Frisuren, dazu Gelenkschützer, wie man sie fürs Skaten umschnallt, das verlieh dem Aussehen einen leicht aufbegehrenden „Touch“. Der fügte sich mit Händels Musik überraschend gut zusammen – und in Verbindung mit dem jungen Ensemble entstand ein subkulturelles Flair, in dem Zoroastro als väterliche Ordnungsmacht und als Magier schlussendlich für die Auflösung der emotionalen Verwirrung sorgte. Einige Auftritte erfolgten durch den Zuschauerraum, einem rasenden Ritter wäre die Bühne der Kammeroper auch schnell zu klein geworden. Die schwungvolle Personenregie, die auch manch zärtliche Geste nicht scheute, nützte den Platz gut aus.

Das Bach Consort Wien unter Ruben Dubrovsky vermittelte Händel lustvoll und mit viel Gefühl für die überraschenden Wendungen der Musik. Die Wiedergabe war in der Lautstärke gut auf den kleinen Raum abgestimmt. Im Mittelpunkt stand natürlich Orlando, vom Countertenor Rupert Enticknap verkörpert: ein junger Rittersmann, dem man die Liebesverwirrungen umso leichter glaubte, als er auch mit passendem Gespür durch Händels Noten manövrierte. Gaia Pedrone als Medoro machte erneut mit ihrem wohltönenden Mezzo auf sich Aufmerksam. Igor Bakan gab einen gemütlichen, augenzwinkernden Zoroastro. Anna Maria Sara sang eine liebliche Dorinda, Çigdem Soyarslan die Angelica mit Haltung und klarem Sopran.

Bestimmendes Element des Abends war eine erfrischende Ensembleleistung, die Handlung und Musik unbeschwert zur Geltung brachte. Das Premierenpublikum spendete viel Beifall. Die Aufführung dauerte etwas über zweieinhalb Stunden.