GIOVE IN ARGO
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Theater an der Wien
22.4.2010
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Alan Curtis

Il Complesso Barocco

Iside - Ann Hallenberg
Diana - Theodora Baka
Calisto - Karina Gauvin
Arete - Anicio Zorzi Giustiniani
Erasto - Vito Priante
Licaone - Johannes Weisser


Abendfüllendes Pasticcio
(Dominik Troger)

Den umtriebigen Jupiter hat es nach Argos verschlagen, wo er sich unter Hirten, Jäger und Nymphen gesellt. Er ist hinter Iside her und verliebt sich in Calisto, die deshalb Dianas Zorn auf sich zieht. Wovon hier die Rede ist? Von Händels Opernpasticcio „Giove in Argo“.

Barocke Oper im Theater an der Wien: Wenn auch nur konzertant, so beginnt man als Stammbesucher doch das familiäre Flair dieser Abende zu genießen. Das Haus ist zwar nie ausverkauft, aber dafür ist das anwesende Publikum außerdordentlich sittsam, hustet kaum, spendet sogar fürs minutiöse Orchesterstimmen während des Konzertes Applaus (die Damen und Herren vom Il Barocco Complesso wollten an diesem Abend wohl ins „Buch der Rekorde“ ;-) und zeigt sich beim Schlussapplaus so begeisterungsfähig, dass die Ensembles oft noch eine kleine Zugabe geben – diesmal wars ein kurzes, ausgesprochen hübsches Chorstück. Zudem sind die Aufführungen musikalisch fast immer auf gutem bis hohem Niveau.

Im Mittelpunkt des Abends stand Ann Hallenberg als Iside. Die schwedische Sängerin besitzt eine der klangvollsten Mezzostimmen, die man von Händel bis Haydn derzeit hören kann. Die Stimme ist etwas tiefer fundiert, trägt in jeder Lage, verfügt über ein angenehm klares, in leichtes Gold getauchtes Timbre, gestaltet die Verzierungen deutlich aus und findet im Legato zu kontrolliert strömender Leidenschaft.

Dazu kommt eine für das konzertante Umfeld passende Choreographie von beredten Blicken und Bewegungen, die die gesungenen Affekte noch mimisch verdeutlichen, ohne dass es aufgesetzt wirken würde. Gerade beim konzertanten Vortrag merkt man oft wie die Körper der Vortragenden eigentlich nach Aktion verlangen, bei Hallenberg wird dieses Bedürfnis artifiziell genützt oder es geschieht aus bemerkenswerter Intuition.

Karina Gauvin war mit der Calisto ebenfalls eine anspruchsvolle Partie übertragen. Ihr Sopran erwies sich ein wenig hart und nicht so flüssig im Verzierungswerk. Nach der Pause kam sie deutlich besser zur Geltung als bei den eher ruhig gehaltenen eineinhalb Akten vor der Pause.

Theodora Baka lieh der Diana eine eher kleine Stimme, mit einem leichten dunklen „Dolce“, die in anspruchsvolleren Passagen aber nicht mehr so locker klingt. Für eine Diana hatte sie mir dann doch zuwenig Reserven und Ausstrahlung.

Bei den Herren stellte sich mit Anicio Zorzi Giustiniani ein junger florentinischer Tenor vor. Dass gerade er den als Arete auf der Erde wandelnden Zeus sang, könnte als Beispiel für die Verwandlungsfähigkeit des Göttervaters dienen, der sich hier sozusagen in einer noch recht juvenilen Frühform präsentierte. Giustinianis etwas unausgegorene Stimme schwankte ein wenig zwischen zartem lyrischem Reiz und einem leicht ins Charakterfach tendierenden Einschlag. Sie ist derzeit wohl eher für kleinere Häuser prädestiniert.

Vito Priante war schon öfters im Theater an der Wien zu Gast. Sein geradliniger Bass hat an kavaliersgemäßer Fülle gewonnen, und entwickelt eine angenehme Noblesse. Zudem versteht er sich auf Barockmusik. Der norwegische Bariton Johannes Weisser hat 2004 debütiert und legte in der kleinen Partie des Licaone eine Talentprobe ab. Licaone stirbt am Schluss, er wird von Iside gespeert. Zuvor war Iside von Arete aus den Fängen eines Bären (!) gerettet worden – was für ein abenteuerlicher Übergang ins Finale, in dem natürlich ein Happyend besungen wird.

Alan Curtis dirigierte wie üblich vom Cembalo aus. Das Spiel des Orchesters war flüssig, aber wie gewohnt ein wenig trocken und von nüchterner Auffassung. Diesmal schlug das kaum auf die Solisten durch.

„Giove in Argo“.wurde von Händel 1739 auf die Bühne gebracht. Als Pasticcio-Oper umfasst sie vor allem Musik aus früheren Werken Händels. Laut Programmheft hat sich der Komponist bei „Alcina“, „Faramondo“ „Giustino“ und einigen weiteren Opern „bedient“. Einige Texte wurden aber auch neu komponiert.

Die Aufführung basierte mangels verschollener Aufführungspartitur auf einer Rekonstruktion aus dem Jahre 2007, die von Alan Curtis bei den Händel-Festspielen in Göttingen aufgeführt worden war. Dabei zeigt sich der Teil nach der Pause musikalisch deutlich virtuoser und spannungsgeladener. Ein Kennzeichen des Werkes sind die Chorpassagen, die der Komponist hier üppiger einsetzt als gewohnt.