GIULIO CESARE IN EGITTO
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Konzerthaus Musikalische Leitung: Marc Minkowski Orchester: Les Musiciens du Louvre - Grenoble |
Giulio Cesare - Marijana Mijanovic |
"Vier
Stunden im Händel-Paradies" Für den ersten wirklichen Opernhöhepunkt der Saison sorgte das Konzerthaus mit einer konzertanten Aufführung von Händels „Giulio Cesare in Egito“. Vier Stunden Musik pur – von 19.00 bis knapp 23.30 (eine Pause eingeschlossen) – währte die Reise durch den Kosmos Händel’scher Opernkunst, wobei Marc Minkowski mit weitausladenden Gesten einen enthusiastischen Reiseführer abgab. Mit intuitiver Sicherheit wählte er einen Panoramasteig mit fesselnden Ausblicken auf diesen barocken Opern-Achttausender, den Händel in den Jahren 1723/24 verpartituriert hat. Eine Seilschaft erlesener SängerInnen nahm das Publikum unter ihre Fittiche und zog sie hinauf zu den brillanten Gipfelhöhen, umflort von abendrötlichem Liebesflehen oder von zornig affektierten Gletscherzungen, die feurig auf die begeisterte Zuhörerschar herableckten. Kern des Ganzen war das auf historischen Instrumenten musizierende Ensemble der Les Musivciens du Louvre – Grenoble, das keine Note ungenützt ließ, um seinen unbedingten Glauben an die Wirkungskraft dieses bald 300 Jahre alten Werkes in jeden einzelnen Ton zu legen. Das Ergebnis war eine Art von aufgebohrtem „Originalklang“, der am Schluss schon beinahe eine Mozart’sche Apotheose erahnen ließ. Minkowski selbst feuerte das Geschehen in jeder Sekunde an, sorgte dafür, dass dieser Giulio Cesare sich wie aus Innen neu gebar, wie eine angestochener Gebirgsquell, der plötzlich über kühlendfeuchte Steine gischtend zu Tal springt und dazwischen in Talsenken sich gleichsam ausruhend, mit melancholischer Attitüde das zartstrahlende Blau eines Vorfrühlingstages genießt. Wunderbar zu hören, wie sich die SolistInnen darein schmiegten, allen voran Magdalena Kozena als Cleopatra und Anne Sofie von Otter als Sesto (Sextus). Gewissermaßen als funkelnde Kiesel in dem von Händels Gebirge herabfließendem Gletscherbach drehten und wendeten sie ihre Gesangeskunst, in einem, mal sonnefunkelnd glühend aufleuchtenden, mal von nächtlichem Mond bestrahlten, in Liebe oder Hoffnungslosigkeit zerfaserten, ausgeatmeten Klanglicht. Marjana Mijanovic, die man noch als androgyne Penelope in Monteverdis Rückkehr des Odysseus (Theater a.d. Wien, Wiener Festwochen 2002) in ausgezeichneter Erinnerung hatte, sang die dem Werk namengebende Rolle. Ihre nicht minder ausgeprägte Kunstfertigkeit im Vortrag dieser alten Werke litt ein wenig unter der Akustik des Konzerthauses, die nicht so, wie im Theater an der Wien, von Haus aus die Stimmen stützt und auf fast geheimnisvolle Weise verstärkt. Das nahm ihrem Cesare einiges an unmittelbarer Wirkung, vor allem dort, wo es darum ging, den römischen Feldherrn hervorzukehren. Sehr interessant der
Tolomeo (Ptolemais) von Bejun Mehta (Bühnendebut
1998), der einen in der Höhe kräftigen und bezwingenden Countertenor
hören ließ, mit einer leicht hysterischen Beimischung in der
Klangfarbe, die seiner Stimme eine charakteristische Note verleiht, (die
mir für diese ursprünglich von Kastraten interpretierte Rolle
sehr passend schien). Charlotte Hellekant, der vierte
Mezzosopran auf dem Podium, glänzte als Cornelia vor allem im Duett
mit Sesto am Schluss des ersten Aktes, und rundete zusammen mit dem Baß
von Alan Ewing (Achilla) das überzeugende Gesamtbild
ab. Die beiden Wiener
Konzerte (Dienstag und Donnerstag) wurden für eine Live-CD mitgeschnitten
– eine Aufnahme, auf die man zu recht gespannt sein darf. |