BERENICE, REGINA D'EGITTO
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Theater an der Wien
27.1.2011
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: Alan Curtis


Orchester: Il Complesso Barocco

Berenice - Klara Ek
Alessandro - Ingela Bohlin
Demetrio - Franco Fagioli
Selene - Milena Storti
Arsace - Mary Ellen Nesi
Fabio - Anicio Zorzi Giustiniani
Aristobolo - Johannes Weisser



„Liebe und Politik
(Dominik Troger)

Mit einer konzertanten Aufführung von Händels „Berenice“ setzte das Theater an der Wien seine Pflege des barocken Opernrepertoires fort. Händels ägyptische Königin bot einen guten Kontrast zu den kurz vorangegangenen Aufführungen von Werken der französischen Komponisten Lully und Rameau.

„Berenice, Regina dÈgitto“ zählt zu den späten Händelopern. Es behandelt die Leidenschaften der ägyptischen Ptolemäerkönigin Berenice, der schon die Römer „im Genick“ sitzen, quasi als Wettkampf zwischen „Liebe“ und „Politik“. Die Uraufführung des im Winter 1736/37 komponierten Werkes fand im Mai 1737 unter schlechten Voraussetzungen statt. Das italienische Opernwesen in London stand damals unter ruinösem wirtschaftlichem Druck und Händels Gesundheit war schwer angegriffen – nach seiner Heilung sollte er sich noch stärker dem Oratorium widmen. „Berenice“ wurde nur vier Mal aufgeführt.

Das Theater an der Wien hat das Werk auf seiner Homepage unter anderem mit der Formulierung angekündigt, dass es sich dabei um „quasi eine schillernde Quintessenz all seiner (=Händels) Erfahrungen auf dem Gebiet der Opera seria“ handle. Allerdings scheint hier das formale Korsett schon sehr stark auf die musikalische und dramatische Entwicklung zu drücken. Außer einigen Arien und dem zarten Duett zwischen Demetrio und Berenice zum Finale des ersten Aktes machte die Oper auf mich einen etwas uninspirierten Eindruck.

Il complesso barocko unter Alan Curtis pflegten an diesem Abend einen (für mich) zu akademischen Umgang mit dem barocken Ausdrucksrepertoire, bei dem die Noten des öfteren doch ein wenig zu trocken herunterschnurrten. So richtig zündend wurde es selten. Vor Beginn wurde die krankheitsbedingte Absage von Romina Basso bekannt gegeben. Die Lücke füllte Milena Storti, die erst in der Nacht vor der Aufführung informiert und an das Notenmaterial gekommen war. Ihr kurzfristiges Einspringen und die nahtlose Integration in die Aufführung waren eine bewunderungswürdige Aktion. Storti erfüllte Selene, die Schwester Berenices, mit einem eher dunklen, breiteren Mezzo.

Zu dem überraschenden Höhepunkt des Abends zählte die Erstbegegnung mit dem jungen argentinischen Countenor Franco Fagioli. Mit der feurig vorgetragenen Arie „Sù, Megera, Tesifone, Aletto!“, ließ er als Demetrio das Publikum hören, was sein mit großem Stimmumfang gesegneter und bis in Sopranhöhen reichender Countertenor zu leisten vermag. Faglios Timbre besitzt keinen glanzvoll betörenden Mezzotouch, sondern zeichnet sich durch eine leicht gepresst klingende, hysterische Nuance aus, die sich in der kräftigen (!) Sopranhöhe zu einer mitreißend viril-androgynen Exaltiertheit verfestigt. Das Publikum war nach der genannten Arie auch gleich ganz hingerissen von dieser überraschenden barocken Offenbarung, die die glutvolle Leidenschaft, die sich hinter diesen technischen Gustostückeln verbirgt, schonungslos entfachte. Das war wie eine Explosion.

Klara Ek gab die Berenice. Ihr Sopran vereinte herrschaftliche Kühle und monarchische Leidenschaften mit den gewünschten technischen Anforderungen. Bezaubernd gelang das „Chi t’indende“ im dritten Akt zu dem Händel eine süß-schwermütige Oboenbegleitung komponiert hat (neben der obgenannten Arie des Demetrio das Prunkstück des Abends). Etwas zarter und eine Spur wärmer zeigte sich der Sopran von Ingela Bohlin als Prinz Alessandro – der letztlich Berenice zum „Altar“ führen darf. Die restliche Besetzung machte ihre Sache gut, war aber nur punktuell im Einsatz.

Wie schon am Dienstag war die Bühne offen gelassen worden und zeigte das Stiegenhaus, in dem die szenische Produktion von Rameaus „Castor et Pollux“ spielt. Der Schlussapplaus des Publikums war stark, aber nicht ganz so lang und intensiv wie zwei Tage zuvor bei Lullys „Bellérophon“. Es gab auch keine Zugabe.