ALESSANDRO
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Theater an der Wien
25.9.13
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: George Petrou

Orchester: Armonia Atenea

Alessandro il Grande - Max Emanuel Cencic
Rossane - Julia Lezhneva
Lisaura - Laura Aikin
Tassile - Xavier Sabata
Clito - Pavel Kudinov
Cleone - Vasily Khoroshev
Leonato - Juan Sancho


„Liebeshändel eines Feldherrn“
(Dominik Troger)

Die konzertante Opernsaison begann im Theater an der Wien mit einer Aufführung von Georg Friedrich Händels „Alessandro“. Das Haus war zwar nicht ausverkauft, aber recht gut besucht.

Nach „Semiramide“ in der Kammeroper gab zwei Tage später Alexander der Große im Theater an der Wien ein Stelldichein. Auch der antike Feldherr war in der Barockzeit eine beliebte Opernfigur. Händel zeigt in „Alessandro“ (Libretto: Paolo Antonio Rolli) zuerst den wagemutigen und leichtfertigen Krieger bei der Erstürmung einer Stadtmauer (der Mauernfall wird mit einer „griffigen“ Sinfonia untermalt), aber rasch wird klar, dass Alessandro auf dem Feld der Liebe eine weit bedeutendere Schlacht zu schlagen hat: Soll er sich für Rossane entscheiden oder für Lisaura? Aufgelockert werden diesen Amouren von einer Palastrevolution, deren Funktion vor allem darin zu liegen scheint, im Finale Alessandro noch als mildtätigen Herrscher zu zeigen, der Gnade vor Recht ergehen lässt. Dann entscheidet er sich für Rossane. Dramaturgisch funktioniert die Handlung nicht ganz „nahtlos“, Alessandros Verhalten wirkt ein wenig „plot driven“.

Die Oper wurde 2012 in zwei (!) CD-Neuerscheinung präsentiert, zuvor war es viele Jahre um Händels „Alessandro“ sehr ruhig gewesen. Die konzertante Aufführung war der Neuerscheinung geschuldet, in der Max Emanuel Cencic die Titelfigur gestaltet. Cencic ist mit „Alessandro“ jetzt „auf Tournee“, auch wenn die Besetzung mit der CD nicht ganz identisch war. Cencic stand im Mittelpunkt dieser konzertanten Aufführung, führte fast wie ein „Conférencier“ durch Abend, präsentierte die Rolle dem Publikum mit leicht ironischem Einschlag und servierte seine Arien genussvoll und elegant, sowohl dem Feldherrn als auch dem Liebhaber zur Ehre gereichend.

Es wurde halbszenisch agiert, meist ohne Noten gesungen. Rossane wechselte in der Pause ihr Kleid auf Dunkelrot mit Pink-Einschlag. Man hielt die Auf- und Abtritte ein. Alessandro erschien im zweiten Aufzug mit halbleerer Alkoholika-Flasche und spielte einen leicht angesäuselten Herrscher, der von Rossane und Lisaura in die Zange genommen wird. Cencic hat für diese Szene sogar sein Sakko ausgezogen, und das Publikum zeigte sich über das „schwankende“ Ringen des „hemdsärmeligen“ Feldherrn mit Lisaura und Rossane amüsiert.

Um gleich bei den Countertenören zu bleiben: Xavier Sabata (Tassile) sorgte an diesem Abend für sehnsuchstvolle, lyrische Momente, schließlich liebt Tassile Lisaura, die aber als königliches Beutestück außerhalb seiner Reichweite liegt. Er übernahm auch die Arie des Alessandro, die den ersten Akt beschließt. Vasily Khoroshev war der Dritte im Bunde – vom Timbre eine Spur rauer – gestaltete er als Kleone eine grimmige „Wutarie“ im dritten Akt. Pavel Kudinov war als Clito mit seinem Bass ein effektvoller Palastrebell, der verweigert, Alessadro als Gott zu huldigen. Juan Sancho steuerte als Leonato zu den Aufrührern einen eher hellen lyrischen Tenor mit Höhenpotenzial bei.

Händel hat die Partien der Lisaura und Rossane für zwei Primadonnen geschrieben – Faustina Bordoni und Francesca Cuzzoni – und bei der Uraufführung 1726 spekulierte das Publikum wahrscheinlich damit, dass sich beide Damen auf der Bühne aus Rivalität „in die Haare“ geraten. An diesem Abend sorgte die junge russische Sopranistin Julia Lezhneva als Rossane für Begeisterung beim Publikum: die Lockerheit, mit der sie die Verzierungen virtuos zur Geltung brachte, war einmal mehr verblüffend. Ein sehr gutes Beispiel war Rossanes Arie im zweiten Akt „Alla sua gabbia d’oro“, ein Singvogel, der zu seinem goldenem Käfig zurückkehrt und vor sich „hinflötet“, virtuos und mit zarten Trillern dekoriert, ein „vogelleichtes“, lyrisches Singen auf das Zuhörer süchtig werden könnten, gleichsam wie hypnotisiert. Zwar wirkte im ersten Akt Lezhnevas Sopran auf mich noch etwas kühl und „mechanisch", er erwärmte sich aber bald. Laura Aikin steuerte als Lisaura sicher durch den Abend, verglichen mit Lezhneva schon „gesetzter“ in Ausdruck und Gesang und dadurch ein zur Handlung passender Gegenpol zu Rossane.

Die Armonia Atenea unter George Petrou sorgte für einen spannende Begleitung. Auffallend waren die Kleider der Musikerinnen, viel farbenfroher als bei Orchestern sonst üblich. Das Publikum dankte mit viel Applaus. Es gab Blumen für Cencic. Sogar ein kleines Stofftier wurde für Alessandro vom dritten Rang geworfen – und landete unsanft im Orchestergraben. Aber es wurde gerettet!!