ALCINA
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Staatsoper
20.11.2010

Dirigent: Marc Minkowski

Inszenierung: Adrian Noble
Ausstattung: Anthony Ward
Licht: Jean Kalman
Choreographie: Sue Lefton

Les Musiciens du Louvre – Grenoble

Alcina - Anja Harteros
Ruggiero - Vesselina Kasarova
Morgana - Veronica Cangemi
Bradamante - Kristina Hammarström
Oronte - Benjamin Bruns
Oberto - Alois Mühlbacher (Sängerknabe St. Florian)
Melisso - Adam Plachetka


Händel erobert die Staatsoper
(Dominik Troger)

Händel „erobert“ die Staatsoper: Auch die dritte Aufführung der „Alcina“ erfreute sich regen Zuspruchs.

An diesem Abend sang Alois Mühlbacher den Oberto – und das „Match“ der Wiener Sängerknaben gegen die aus St. Florian steht 1:1. Mühlbacher war schon in der „Tannhäuser“-Premiere letzten Juni als sicherer Hirte aufgefallen. Auch er singt sich leicht und stilsicher durch Händels Koloraturen und überrascht mit frischem, natürlichem Spiel.

Bei der Premierenbesprechung wurde vergessen anzumerken, dass das Orchester – vor allem in den Streichern – stark erweitert wurde. Im Vergleich zum King's Consort beispielsweise, das am Mittwoch mit Händels „Ottone“ im Theater an der Wien gastierte, handelt es sich in der Staatsoper schon fast um ein „Symphonieorchester“. Vielleicht macht gerade das den Reiz dieser Produktion aus, dieser „staatsopernfreundliche“ Kompromiss, der in Händels Musik nicht nur einen verführerischen Klangteppich entdeckt, sondern sich neben großen Gesten auch den Sinn für schlanke Details bewahrt.

Anja Harteros Alcina verzaubert das Publikum. Mit dem „Ah! Mio cor!“, das in dieser Produktion vor der Pause gebracht wird, die man in den zweiten Akt „verlegt“ hat, gelingt einer jener raren Opernmomente, auf die man süchtig werden könnte. Ihre Alcina beherrscht die Bühne, boshaft und verliebt, eifersüchtig und verzweifelt oder von verführerischer Koketterie im Zusammenspiel mit Vesselina Kasarova, bei den mit leichtem Pathos ausgetauschten Zärtlichkeiten. Harteros gesangliche Umsetzung ist – wie die gesamte Produktion – ein gelungener Kompromiss zwischen Spezialistentum und gängiger Opernpraxis.

Vesselina Kasarova zeichnet den Ruggiero heroisch und androgyn. Dass Kasarova in diese Händel-Oper „verliebt“ ist, wie sie erst jüngst in einem Interview gesagt hat, spürt man in jeder Note. Möglicherweise ist ihre Stimme in den letzten Jahren etwas schwerer geworden, sich langsam lossagend von der schwebenden belcantesten Natürlichkeit (etwa das „Mi lusinga il dolce affetto“ als Beispiel genommen). Auch Kasarova besitzt die Fähigkeit, auf der Bühne mit ihrem Vortrag atemlose Spannung zu erzeugen, dieses „Sich-in-die-Musik-fallen-lassen“ zu vermitteln, das für eine gelungene Opernaufführung wichtiger ist als jeder noch so originelle Regieeinfall.

Kristina Hammarström gab wieder eine gesanglich und darstellerisch barockgesang-kompetente Bradamante. Nur beim Stimmvolumen kann sie mit Harteros und Kasarova nicht mithalten. Die beiden Herren sangen schön und passend, werden von Händel aber nicht wirklich in den Mittelpunkt gerückt. Das einzige, was an diesem Abend wieder nicht so überzeugte, war die erste Arie der Morgana „O s‘apre al riso“. Irgendwie scheint Veronica Cangemi hier mit Händel ein wenig im Widerstreit zu liegen.

Die Inszenierung ist in Anbetracht der gebotenen musikalischen Genüsse von angenehmer Unauffälligkeit. Harteros und Kasarova geben „ihre Alcina“ wohl auch ohne Regie überzeugend und der Rest ist gut getimtes Arrangement und hübsch anzuschauen. Das Publikum war auch von dieser dritten Vorstellung angetan, applaudierte am Schluss rund zwölf Minuten lang. Minkowski und Harteros erhielten den stärksten Beifall.