ACI, GALATEA E POLIFEMO
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Theater an der Wien im Museumsquartier Halle E
25. Jänner 2024
Konzertante Aufführung

Musikalische Leitung: René Jacobs

Kammerorchester Basel

Aci - Kateryna Kasper
Galatea - Sophie Harmsen
Polifemo - Christian Senn



Zyklopenliebe

(Dominik Troger)

Im Museumsquartier, der Ausweichspielstätte des Theaters an der Wien, wurde der konzertante Opernzyklus mit Georg Friedrich Händels Serenata „Aci, Galatea e Polifemo“ fortgesetzt.

Händel hat das Werk 1708 für eine Hochzeit in Neapel komponiert. Der Komponist befand sich damals auf einer Studienreise in Italien. Der Stoff vom liebeshungrigen Zypklopen Polifemo, der den Geliebten der Nymphe Galatea aus Eifersucht tötet, war damals populär. Nicola Porporas Opernfassung des Stoffes ist erst letzte Saison in eben dieser Halle E konzertant gegeben worden. Händels Serenata gibt sich gattunsgspezifisch bedingt weniger „üppig“ als Porporas Oper, konzentriert sich auf das Beziehungsdreieck von Aci, Galathea und Polifemo, gesteht dem Zyklopen auch mehr Persönlichkeit zu. Librettist Nicola Guiva entwickelte Polifemo zu einem ernsthaften Widersacher von Aci, hat ihn in seiner Liebe und in seinem Leiden durchaus ernst genommen.

Dass sich Polifemo einst von Odysseus hat übertölpeln lassen, hat an seinem Image gekratzt. Porporas Oper erzählt auch diese Episode aus des Zyklopen Leben, bei Händel weiß Polifemo davon nichts. Händel karikiert Polifemo nicht. Er lässt ihn repräsentativ mit Trompetenbegleitung auftreten und gönnt ihm später eine seiner schönsten und anspruchsvollsten Bassarien: „Fra l’ombre e gl’orrori“. In dieser Arie steht Polifemos Seelenschmerz im Mittelpunkt. Sie umfasst von profunden Basstiefen bis zu Baritonhöhen über zwei Oktaven und wird von gedämpften Violinen begleitet, den depressiven Gefühlen des Zyklopen beredten Ausdruck verleihend. Christian Senn war dieser Arie ein mehr Richtung Bariton tendierender Anwalt, aber ohne die sonoren Abgründe zu vernachlässigen.

Der von Polifemo per Felswurf gemeuchelte Aci wurde von Kateryna Kaspar verkörpert, ein mozartisch gerundeter lyrischer Sopran, in der Höhe im Tonansatz manchmal ein wenig forsch; die von Aci geliebte Nymphe hat Sophie Harmsen mit ihrem Mezzo gefühlseloquent ausgeziert. Ihr dunkles Kleid mit dem raffinierten Dekolleté war eine erotische Zugabe, die Polifemos blinde Liebesgier noch recht befeuert hat. Acis Blut verwandelt sich übrigens in einen Fluss, der ins Meer fließt, und im Meer wird Galatea für immer mit ihrem Liebsten vereint sein. Polifemo bleibt allein zurück.

Die Sänger waren auf offener Bühne postiert, hinter dem ebenfalls auf der Bühne platzieren Kammerorchester Basel unter René Jacobs, das mit abgespecktem, etwas fahlem Streicherklang mir schon zu „historisch informiert“ tönte. Weil die Serenata gleich in die Handlung springt, hat Jacobs die Ouvertüre von Händels „Agrippina“ vorangestellt. Der Abend begann etwas langatmig, gewann aber mit dem Auftritt des Polifemo zunehmend an Schwung. Damit war dem Liebespaar ein starker Akzent gegenübergestellt, der den teils lieblichen, teils traurigen Gesängen Acis und Galateas ein guter Kontrast war.

Die pausenlose Aufführung in der sehr gut besuchten Halle E des Museumsquartiers dauerte rund eindreiviertel Stunden. Das Publikum dankte mit starkem Applaus. Zuletzt ist das Werk in Wien im Jahr 2013 im Konzerthaus unter Emmanuelle Haim gegeben worden.