FAUST
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Wiener Staatsoper
2. Mai 2014

Dirigent: Bertrand de Billy

Faust - Piotr Beczala
Méphistophélès - Erwin Schrott
Valentin - Adrian Eröd
Wagner - Jongmin Park
Marguerite - Sonya Yoncheva
Siébel - Stephanie Houtzeel
Marthe -
Aura Twarowska


„Moderner Teufel

(Dominik Troger)

Was wäre die Welt ohne den Teufel? Jedenfalls hätte ein Herr Dr. Johann Fausten, weitbeschreyter Zauberer und Schwarzkünstler, ohne Teufel schwer diesen zweifelhaften Ruhm erlangt, dass auf sein Leben sogar Opern komponiert werden. Eine davon, jene von Charles Gounod, steht aktuell wieder einmal auf dem Staatsopernspielplan.

Ursprünglich hätte bekanntlich Anna Netrebko die Marguerite singen sollen, aber die Sängerin hat schon vor Monaten beschlossen, die Partie nicht zu singen – und deshalb mussten sich unter anderem London und Wien nach einem neuen „Gretchen“ umsehen. Hier kam wieder Sonya Yoncheva zum Zug und zu ihrem Hausdebüt als Margarethe. Die Sängerin war bereits letzte Saison in Wien als Julia eingesprungen – damals für Nino Machaidze.

Sonya Yonchevas Sopran hat vielleicht nicht das „urtypische“ Timbre für diese liebesunglücklichen Gounod’schen Frauenfiguren, es ist schon etwas dunkel, etwas breit, aber die Sängerin lebte auch die Marguerite mit spürbarer Innigkeit und sang kontrolliert, in den Verzierungen flüssig, lediglich die Spitzentöne sprengten ein wenig die Grenzen ihres lyrisches Soprans und klangen dann etwas scharf und forciert. Auf dieser Basis gelang ihr eine Marguerite mit Liebreiz und Leidenschaft, die auch das Publikum erreichte, wie der starke Applaus bei ihrem Solovorhang bewies.

Ihr Faust, Piotr Beczala, begann stark, aber nach der Verwandlung vom Greis zum jungen Liebhaber ging dem Sänger die Lockerheit seines Tenors ein wenig verloren. Ausgerechnet das „Salut, demeure chaste et pure“ klang etwas verkrampft und das „hohe C“ schien sich nicht wirklich sicher zu fühlen. Beczalas Tenor ist bei Gounod sehr gut aufgehoben, er besitzt eine klare Eleganz, die dem französischen Stil konveniert. Sein Spiel prägt eine vornehme Zurückhaltung, die auch bei leidenschaftlichen Ausbrüchen nicht die Ausgewogenheit seiner musikalischen Darbietung aufs Spiel setzt.

Von Erwin Schrotts Méphistophélès war ich schon bei seinem Wiener Rollendebüt vor drei Jahren sehr angetan: ein Teufel mit „Sex-Appeal“ in schwarzer Lederkluft, die Jacke tief geöffnet, um öbszön seine blanke Brust zu zeigen, so spazierte hier der Satan durch den Abend, wie ein exzentrischer Popstar, allürenhaft, aber konsequent seinen teuflischen Zynismus unter die Menschen tragend. Schrotts Méphistophélès ist stimmig angelegt, sogar die angriffige Handbewegung nach Marthens Busen entspricht der durchgestylten Choreographie. Das Spiel mit Fächer und Sonnenbrille, diese Selbstironie des Bösen, das mischte die Handlung auf, korrespondierte mit dem Publikum, verbreitete bösen Witz und in der Szene im Dom abgrundtiefe Gefährlichkeit. Schade, dass Schrott Faust nicht zur Walpurgisnacht führen durfte. Stimmlich war Schrotts Teufel nicht dämonisch orgelnd, aber dunkel und sinnlich genug und von einem etwas rauen Timbre „brutalisiert“.

Adrian Eröds Bariton klang zuerst etwas trocken, ihm gelang aber eine mitreißende Todesszene. Stephanie Houtzeel war ein gesanglich guter Siebel, Aura Twarowska eine den Teufel lockende Marthe, Jongmin Park ließ als Wagner aufhorchen, effektvoll der Chor. Am Pult stand Bertrand de Billy, erstmals nach seiner „Lohegrin“-Absage. Empfangen wurde er mit viel Applaus und einigen Bravorufen. Das Orchester spielte an diesem Abend animiert, mit leicht angedunkeltem Klang von de Billy zur Spannung angehalten und zu akzentuiertem Spiel, dass sowohl in der Begleitung der Arien mit Gefühl überzeugte als auch den Gonoud’schen „Gassenhauer“ wie den Walzer oder den Soldatenchor mit zupackendem Verve „exekutierte“. Viel Applaus am Schluss vom vollen Haus – wobei wie am Vortag beim „Nabucco“ der touristische Anteil auf dem Stehplatz sehr hoch war.