ROMEO ET JULIETTE
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Wiener Staatsoper
4.3.2005

Dirigent: Claude Schnitzler

Juliette - Juanita Lascarro
Stéphano - Stella Grigorian
Gertrude - Janina Baechle
Roméo - Rolando Villazón
Tybalt - Marian Talaba
Benvolio - Meng-Chieh Ho
Mercutio - Morten Frank Larsen
Paris - Markus Nieminen
Grégorio - Marcus Pelz
Capulet - Alfred Sramek
Frére Laurent - Walter Fink
Le Duc - Ain Anger

Erste Liebe
(Dominik Troger)

Die Geschichte von „Romeo und Julia“ erzählt sich mit naiver Jugendfrische wohl am besten. Da gibt es keine falsche Sentimentalität. Die Lerche und die Liebe flattern in steter Zweisamkeit, die eine mit den Flügeln, die andere mit pulsierenden Herzklappen. Und solange der Sternenhimmel und die Stimmbänder nicht zu flattern beginnen, gehen wir alle gerührt nach Hause.

Der Zufall hat wirklich ein sehr „ansehnliches“ und dem Liebesglück sehr zusprechendes junges Paar auf der Staatsopernbühne zusammengeführt. Juanita Lascarro (eingesprungen für Stefania Bonfadelli) und Rolando Villazón passen optisch sehr gut zueinander. Ihr Zusammenspiel ist harmonisch, an Liebkosungen reich. Man hätte sie nicht besser aussuchen können für ein gemeinsames Hochzeitsfoto. Oper ist ja auch etwas fürs Auge.

Das Hauptaugenmerk richtete sich natürlich auf den Romeo von Rolando Villazón. Er spielte die Partie mit viel Unbekümmertheit, träumte sich romantisch weg mit seiner „großen Liebe“. Dieser Romeo sieht die Welt mit den Augen eines fünfzehn oder sechzehnjährigen. Eine hintergründige Psychologisierung ist ihm fremd. Juanita Lascarro folgte ihm gerne, mitten hinein ins unhinterfragte Opernglück. Das allgemeine Entzücken war perfekt.

Vergleicht man Villazón mit seinen Vorgängern in dieser Wiener Inszenierung, dann schneidet er für mich am besten ab. Sein Timbre allein ist voller Emotion, weich, aber nicht zu weich, es ist gefühlvoll, fast ein wenig wehmütig. Es vermag sich aber auch zu einer überraschenden Breite zu öffnen, sei es im Ungestüm der Liebe oder Schmerzes. Die Höhe dürfte problematischer sein, kann sich von der Gravitation der emotionsgesättigten Mittellage nicht wirklich freispielen. An der Staatsoper ist der Romeo wohl schon eine Grenzpartie für ihn. In einem Pausengespräch fiel die Bemerkung, dass Marcelo Alvarez (der als „Romeo“ letzte Saison zu hören war) zwar die „simplere“, aber dafür die robustere Stimme habe. Da drin mag ein Körnchen Wahrheit stecken. Die schönsten Augenblicke an diesem Abend hatte Villazón für meinen Geschmack am Ende des zweiten Aktes – „Va! Repose en paix! Sommeille!“ – getragen vom sanften Auf- und Abwellen der Musik; Momente zarter, anschmiegsam geatmeter Liebeslyrik.

Juanita Lascarro konnte mich weniger überzeugen. Ihre Stimme trägt zwar im Lyrischen ganz gut und „Julia-gerecht“, aber die Grenze zur Überforderung liegt niedrig. Da klangen nicht nur Spitzentöne schon sehr „gestresst“. Stella Grigorian hätte bei ihrem Auftritt als fahrradfahrender Stephano fast ein Bühnenrequisit gerammt, dass gerade weggeschoben wurde. Entweder war sie zu früh dran oder die Bühnenarbeiter zu spät. Ihrer gelungenen Darbietung tat das keinen Abbruch. Das restliche Ensemble bot gemischte Leistungen. Der Tybalt von Marian Talaba war mehr grobschlächtig, Morten Frank Larsen passte sich als Mercutio gut der unbekümmerten Art von Rolando Villazón an. Walter Fink war ein etwas dröhnender Priester.

Das Orchester unter Claude Schnitzler war vor allem plakativ unterwegs, was dem Werk eher genützt hat. Langatmigkeiten hat Schnitzler weitgehend vermieden, was in diesem Fall gar nicht so leicht ist. Feinfühligerer Umgang mit der Dynamik hätte weder „Julia“ noch „Romeo“ geschadet.

Der Romeo wurde gefeiert, die Julia wurde auch sehr beklatscht. (Es war die 2. Aufführung dieser „Romeo et Juliette“-Serie.)