ROMEO ET JULIETTE
Aktuelle Spielpläne
Forum
Opernführer
Chronik
Home
Gounod-Portal

Wiener Staatsoper
19.6.2004

Dirigent: Marcello Viotti

Juliette - Andrea Rost
Stéphano - Elina Garanca
Gertrude - Mihaela Ungureanu
Roméo - Marcelo Álvarez
Tybalt - Michael Roider
Benvolio - Martin Müller
Mercutio -
Markus Nieminen
Paris - Peter Köves
Grégorio - Eijiro Kai
Capulet - Wolfgang Bankl
Frére Laurent - Dan Paul Dumitrescu
Le Duc - Janusz Monarcha

Neuer Romeo
(Dominik Troger)

Interessant ist diese „Romeo und Julia“-Serie vor allem wegen des Rollendebüts von Marcelo Álvarez. Álvarez überzeugte als Romeo gesanglich, darstellerisch setzte er kaum Akzente.

Álvarez besitzt eine jugendliche, gut geführte Stimme, eine angenehme, sich etwas verbreiternde Mittellage, die auch für gefühlvolle Lyrismen elastisch genug ist, eine Höhe, die ohne störenden Nachdruck anspringt. Das Timbre ist hell, leicht melancholisch eingefärbt, für Partien dieser Art durchaus passend. Am Schluss des zweiten Aktes hatte er kurz Probleme das verhaltene, ausklingende Piano sauber durchzuziehen, aber das war insgesamt nur ein kleiner Ausrutscher: Nach Shicoff, Sabbatini und Giordani hat er sich als der bis jetzt stimmlich überzeugendste Romeo dem Wiener Publikum präsentiert – und trotzdem hat er mich nicht mitgerissen. Álvarez schien sich die Partie „zu gut“ eingeteilt zu haben, sparte da und dort, um sich auf die Gusto-Stückerln zu konzentrieren. So ein ökonomisch angelegter Romeo versagt sich aber selbst die letzte Überzeugungskraft. Dazu kommt, dass er schauspielerisch die Herzen nicht gerade im Sturm erobert. Von der Julia schien er stellenweise mehr davonzulaufen, als ihre Nähe zu suchen. Seltsam, denn man meint, die beiden müssten sich anziehen wie zwei große Magnetstücke.

Andrea Rost entlockte ihrem Romeo zum Glück ein paar Liebesbezeugungen und setzte sich gesanglich wie darstellerisch gut in Szene. Bonfadelli ist als Julia im Ausdruck anschmiegsamer, kindlich-naiver; Rost ist schon mehr die „Opernsängerin“ mit einem etwas härteren Timbre. Elina Garanca ist mir für den Stefano zu „ausgewachsen", Dan Paul Dumtrescu sang einen stimmigen Frére Laurent. Marcello Viotti erwies sich nicht gerade als antreibendes Feuer hinter dieser Liebesgeschichte. Er vermied – bei grundsätzlich schön spielendem Orchester – den Kitsch und die vollblütige Süffigkeit dieser Partitur. Das war mir zu schlank gespielt, zu wenig Sentiment.

Was auffiel, dass Rost am Beginn in Kleid, und nicht in Jeans „hereinschneit“ und auch dieses Mikrophon weggelassen hat, das Julia als „Discogirl“ präsentiert – und so sieht alles gleich viel überzeugender aus. Insgesamt hat die auf das „Halbstarken-Milieu“ einer (italienischen?) Kleinstadt anspielende Inszenierung ihren besten Momente, wo das sehr überzeugende Lichtdesign von Patrick Woodroffe ins Spiel kommt und wo die zum Teil wirklich störenden Regieideen von Jürgen Flimm in den Hintergrund treten.

Viele Bravos und ein Blumenstrauss für Álvarez waren das Resümee einer musikalisch ganz guten, phasenweise aber etwas langatmigen Aufführung.